Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Dialekt macht sympathisch“
Sprache Mundart kommt wieder an. Weshalb junge Sprachkünstler stolz auf ihren Dialekt sind
Edelstetten Dialekt steht für Vertrautheit mit Menschen, die genauso sprechen wie man selbst. „Und Dialekt steht für Verbundenheit zu einer Landschaft und Kultur“, sagt Andreas Rebholz. Der Ulmer hat am Wochenende den Mundart-poetry-slam in Edelstetten (Kreis Günzburg) gewonnen. Die Veranstaltung, mitpräsentiert von unserer Redaktion, zeigt: Der Dialekt, lange Zeit verpönt, erfährt wieder wachsende Wertschätzung.
Mundart zu fördern, das zählt zu den Zielen des Vereins Schwäbisches Literaturschloss Edelstetten. Zum zweiten Mal vergab der Verein an junge Mundart-literaten den Robert-naegele-preis, benannt nach dem schwäbischen Schauspieler und Poeten, der einen Teil seines Nachlasses für diesen Zweck bestimmt hatte. Neun Teilnehmer, darunter ein Bayer, eine Pfälzerin und eine Vorarlbergerin, wetteiferten beim Mundart-poetry-slam um den Preis für 2018.
Ein Poetry-slam, ausgetragen im Dialekt, das sei zwar selten, aber keineswegs eine Neuheit, erklärte Slam-moderator Johannes Elster. Bei den Teilnehmern in Edelstetten handle es sich vor allem um erfahrene Slammer, die normalerweise hochdeutsch texteten und nun ihren Spaß daran hätten, sich auch einmal in der Mundart zu versuchen. Die Quasi-mehrsprachigkeit, Dialekt und Hochdeutsch gleichermaßen zu beherrschen, das entwickle sich in unserer Gesellschaft zur Norm, meinte Elster. Wer nur Dialekt könne, gelte weiterhin als etwas „beschränkt“. Wer beides beherrsche und bei Bedarf souverän umswitche, der werde anerkannt.
Ähnlich sah das Slammer Rebholz, der beim Edelstetter Finale am Ende die meisten Zuhörer für sich gewinnen konnte. Im Beruf Hochsprache zu verwenden, das sei gleichsam eine Sache des Anstands. Im Privatleben hingegen sorge der Dialekt für eben jene, eingangs zitierte Vertrautheit unter den Menschen. Er sei nicht unbedingt stolz auf seinen Dialekt, aber er empfände es als Verlust, wenn es ihn nicht mehr gäbe.
Was ein solcher Verlust bedeuten würde, davon haben auch die beiden Slammer Lucienne Springer und Markus Siefer eine klare Vorstellung. Dialekt stelle für sie Identität her, sie fühle sich echt und authentisch, wenn sie schwäbisch spreche, sagte die Teilnehmerin aus dem Landkreis Rottweil. Als Studentin in Augsburg komme ihr württembergisches Schwäbisch gut an. „Es macht mich sympathisch.“
Markus Siefer aus Augsburg verwies auf die sprachliche Schönheit und Vielfalt des Dialekts. Der Dialekt habe geradezu poetische Qualitäten. Er klinge gut, lasse sich leichter rhythmisieren und verfüge auch über deutlich mehr Möglichkeiten, Vokale zu färben. Außerdem ließen sich manche Sachverhalte präziser und zupackender formulieren. Für ein Wort wie „Glump“beispielsweise gebe es in der Hochsprache nichts Gleichwertiges.
Man müsse mehr tun für den Dialekt, fand Siefer. Der Sprachatlas für Bayerisch-schwaben sei ein wegweisender Schritt gewesen zur Aufwertung des Dialektes. Flankierend dazu brauche es ein Umdenken in den Schulen und solche lebendigen Veranstaltungen wie den Mundartpoetry-slam.