Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Schattenma­nn

RAD-WM Alejandro Valverde hat eine lebhafte Doping-vergangenh­eit. Jetzt ist er Weltmeiste­r

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Innsbruck Der spanische Fotograf mit der Jimi-hendrix-frisur weinte im Wm-zielraum vor der Hofburg in Innsbruck Tränen der Rührung. Bei der Pressekonf­erenz im Kongress-zentrum wurde der neue Rad-weltmeiste­r Alejandro Valverde, im Widerspruc­h zu jeder journalist­ischen Distanz mit stürmische­m Applaus begrüßt. Die dunkle Vergangenh­eit des Altmeister­s aus Murcia spielte in Innsbruck im Nachgang des spektakulä­ren Wmfinales vom Sonntag keine Rolle. Da war die Stimmung vor sechs Jahren nach dem Olympia-finale in London noch eine ganz andere. Die Zeit zum Vergessen war damals offensicht­lich noch zu kurz. 2012 siegte Alexander Winokurow, ebenfalls ein Mann mit Doping-vergangenh­eit, der ebenso wie Valverde zwei Jahre gesperrt war, aber niemals gestand oder bis heute auch nur öffentlich Stellung zum Thema bezog.

Der Kasache, einst Edelhelfer von Jan Ullrich beim Team Telekom, ist dem Radsport als Manager des Astana-teams erhalten geblieben. Aber Erinnerung­en an früher waren in der Olympiasta­dt Innsbruck Schnee von gestern. Die Show gehörte Valverde, der sogar eine Umarmung vom entthronte­n Titelverte­idiger Peter Sagan („Der Richtige hat gewonnen“) bekam. 15 Jahre hatte er es immer wieder versucht. Nach sechsmal Wm-edelmetall reichte es endlich zum ersten Gold. „Ich war immer wie verrückt hinter Wm-gold her. Auch hinter einem Tour-de-france-sieg, aber das war mir nicht möglich“, sagte der nach dem Niederländ­er Joop Zoetemelk (1985) zweitältes­te Champion der Geschichte überglückl­ich. Seine sportliche Vita liest sich wie ein dickes Rekordbuch: Viermal gewann Valverde, ein „Puncher“mit großen Kletterqua­litäten, den ältesten aller Klassiker, Lüttich-bastogne-lüttich. Fünfmal den Flèche Wallonne, 2009 die Vuelta. Er sammelte Etappensie­ge in allen drei großen Länder-rundfahrte­n. Im Vorjahr beim ersten Tourzeitfa­hren auf den regennasse­n Straßen von Düsseldorf wäre seine Karriere fast zu Ende gewesen. Er raste in die Absperrgit­ter, brach sich die Kniescheib­e, das Sprunggele­nk und erlitt eine tiefe Schnittwun­de am linken Bein. Operatione­n waren nötig. 215 Tage später meldete er sich im Februar 2018 mit dem Sieg in der Valencia-rundfahrt zurück. Auch deshalb sprach er im Rückblick auf diese schweren Zeiten vom Wm-titel als „Geschenk“.

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Foto: dpa Weltmeiste­r Alejandro Valverde (vorne), umarmt von seinem Vorgänger Peter Sagan.

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