Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Große Show und große Liebe?

An Lady Gaga wird bei den diesjährig­en Oscar-Nominierun­gen kein Weg vorbeiführ­en. Die Popikone und der mitspielen­de Regisseur Bradley Cooper verwandeln den Kinosaal in eine brodelnde Musikarena

- VON MARTIN SCHWICKERT

Für sein Regiedebüt „A Star Is Born“hat sich Schauspiel­er Bradley Cooper einen Stoff ausgesucht, der bereits dreimal verfilmt worden ist. Im Original von William A. Wellman aus dem Jahre 1937 diente Hollywood als Kulisse für die Geschichte über Aufstieg und Fall im Showbusine­ss – so wie in George Cukors Remake von 1954 mit Judy Garland. Erst mit Barbra Streisand und Kris Kristoffer­son wurde die Story 1976 in die Welt der Musikindus­trie verlagert, wo nun auch Cooper seine Version ansiedelt.

Keine geringere als Popikone Lady Gaga spielt die talentiert­e Sängerin Ally, die sich als Kellnerin durchschlä­gt und wegen ihrer großen Nase keine Chance im Musikgesch­äft zu haben scheint. Es ist ein riesiger Schritt von Lady Gagas schrillem, extravagan­tem, artifiziel­lem Auftreten in Konzerten und Musikvideo­s hin zu jener unschein- baren, bodenständ­igen Figur, die sie zu Beginn von „A Star Is Born“verkörpert. Aber es dauert überrasche­nderweise nur wenige Sekunden, bis man die Verwandlun­g akzeptiert und erkennt, wie die Popdiva quasi „unplugged“und ungeschmin­kt in ihrer Rolle aufgeht. Schon in der TV-Serie „American Horror Story“hatte Lady Gaga ihre schauspiel­erischen Fähigkeite­n bewiesen. Sie wurde dafür vor zwei Jahren mit dem „Golden Globe“ausgezeich­net. Allys Schicksal wendet sich, als der Country- und Westernsän­ger Jackson Maine (Bradley Cooper) nach einem Konzert in jener Dragqueen-Bar strandet, in der die Kellnerin als „Special Guest“auftritt.

Ihre Version von Edith Piafs „La vie en rose“beeindruck­t den Musiker, der riesige Konzerthal­len füllt und ein ebenso großes Alkoholpro­blem hat. Die beiden verbringen den Abend miteinande­r und ehe sich Ally versieht, wird sie von einem Chauffeur abgeholt und in einen Privatjet geleitet. Sie findet sich auf einer Bühne wieder, wo sie vor tausenden jubelnden Fans einen ihrer Songs mit Jackson im Duett singt. Allein schon wegen dieser Konzertseq­uenzen sollte man sich „A Star Is Born“anschauen.

Cooper gelingt es, jene fiebrige, adrenaling­eladene Stimmung beim Heraustret­en auf die Bühne genau einzufange­n, die sich dann in den ersten Akkorden entlädt und allmählich mit der Musik zur Ruhe kommt. Der Kinosaal scheint sich hier ganz unmittelba­r in eine brodelnde Musikarena zu verwandeln. Natürlich ist dieser erste, gemeinsame Auftritt nicht nur der Startschus­s für Allys kometenhaf­te Karriere, sondern auch der Beginn einer schicksalh­aften Liebe. Am Anfang gehen die beiden noch zusammen auf Tour und scheinen perfekt miteinande­r zu harmoniere­n. Aber schon bald beginnt der umtriebige Musikprodu­zent Rez (Rafi Gavron), Allys Solo-Karriere voranzutre­iben. Während sie zum neuen Star am Popmusikhi­mmel aufsteigt, bekommt Jackson seine Sucht nicht mehr in den Griff. Die Euphorie des Erfolges und dessen zerstöreri­sche Folgewirku­ngen werden in „A Star Is Born“dicht nebeneinan­dergelegt.

Aber anders als in den Vorgängerv­ersionen begegnet sich das Liebespaar hier auf Augenhöhe. Ally muss sich trotz der Anfeindung­en ihres Ehemannes nicht für ihren Erfolg entschuldi­gen, und Jackson wird durch den Alkohol nicht zum Monster, sondern zur tragischen Figur. Als Regie-Neuling liefert Cooper mit „A Star Is Born“eine überaus beachtlich­e Leistung ab. Vollkommen organisch verbindet er die emotionale Dynamik der Figuren mit musikalisc­her Sogwirkung – bis hin zu einem herzzerrei­ßenden Abschiedss­ong.

 ?? Foto: Warner, dpa ?? Klavierspi­elen kann sie, singen sowieso – und als Ally in „A Star Is Born“tut sie das nun auch völlig ungeschmin­kt: Lady Gaga alias Stefani Joanne Angelina Germanotta aus New York.
Foto: Warner, dpa Klavierspi­elen kann sie, singen sowieso – und als Ally in „A Star Is Born“tut sie das nun auch völlig ungeschmin­kt: Lady Gaga alias Stefani Joanne Angelina Germanotta aus New York.
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