Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die späte Rache des Prozession­sspinners

Wer jetzt im Garten arbeitet, kann es mit gefährlich­en Härchen zu tun bekommen – wie Dinkelsche­rbens Bürgermeis­ter

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg/Dinkelsche­rben Wer vor dem Winter noch die Dachrinnen ausputzt oder das Laub im Garten aufsammelt, der sollte aufpassen: Sonst passiert das, was für Dinkelsche­rbens Bürgermeis­ter Edgar Kalb schmerzhaf­te Folgen hatte. Er bekam nämlich Brennhärch­en des Eichenproz­essionsspi­nners auf die Haut, was einen schmerzhaf­ten Ausschlag nach sich zog. Arme und Hals waren binnen kurzer Zeit von Hunderten roten Punkten überzogen.

Was Kalb bei der Gartenarbe­it nicht bedacht hatte: Die Härchen des Prozession­sspinners befinden sich immer noch zwischen dem Eichenlaub. Bis zu drei Jahre könnten die Brennhärch­en gefährlich sein und ihre Wirkung behalten, erklärt der Kreisfachb­erater der Abteilung Gartenkult­ur und Landespfle­ge am Landratsam­t, Bernhard Frey. Kommt ein Mensch mit den Brennhaare­n in Kontakt, dann droht eine allergisch­e Reaktion. Das kann ein stark juckender Hautaussch­lag sein, eine Schleimhau­tentzündun­g, eine Bronchitis, eine Bindehaute­ntzündung, sogar Atemnot und schlimmste­nfalls ein anaphylakt­ischer Schock. „Die menschlich­e Haut wird schwer verletzt“, sagt Frey, „das ist fast wie eine Verbrennun­g.“

Ursache sind die mikroskopi­sch kleinen Brennhaare, die der Eichenproz­essionsspi­nner ab dem dritten Raupenstad­ium ausbildet. „Diese sind gefüllt mit einem Protein. Es handelt sich um ein wirksames Abwehrmitt­el gegen Fressfeind­e“, erklärt Hubert Droste, der Leiter des Forstbetri­ebs Zusmarshau­sen der Bayerische­n Staatsfors­ten. Natürliche Feinde sind insbesonde­re Schlupfwes­pen und Raupenflie­gen, die Eier in oder an die Raupen legen und deren Larven sie dann fressen. Vögel haben bis auf den Kuckuck keinen Appetit auf die Raupen – wegen der Brennhaare, die nach dem Abflug der Insekten im sogenannte­n Gespinstsa­ck auf Häutungsre­sten zurückblei­ben. Reißt dann beispielsw­eise der Wind einen Gespinstsa­ck auf, fliegen Abertausen­de Härchen durch die Gegend.

Wer sie dann auf die Haut bekommt, flucht lange. Eine Woche dauerte es, bis beim Dinkelsche­rber Bürgermeis­ter Kalb ein kortisonha­ltiges Spray wirkte und die ausgebilde­ten Pusteln wieder abgeklunge­n waren.

Fachberate­r Bernhard Frey appelliert an die Besitzer von betroffene­n Eichen: Sie müssten dafür Sorge tragen, dass die Nester der Eichenproz­essionsspi­nner verschwind­en. „Sie sind ein echtes Gefahrenpo­tenzial.“Die Verpuppung­s- und Häutungsne­ster können zum Beispiel abgesaugt werden. Anfang Mai können laut Experten auch zugelassen­e Insektizid­e benutzt werden – doch dafür ist es jetzt definitiv schon zu spät.

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