Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Chlor verteilt sich nur langsam

Am Montag könnte über ein Ende des Abkochgebo­ts gesprochen werden. Aber nur, wenn alles klappt

- VON JANA TALLEVI

Diedorf Wasser abkochen vor dem Trinken oder dem Waschen von Obst und Salat: So müssen die Diedorfer noch weitermach­en. Auch einen Monat nach dem Beginn der Chlorung des Leitungsne­tzes ist das Desinfekti­onsmittel nicht überall im Leitungsne­tz in der vorgeschri­ebenen Konzentrat­ion angekommen. Die liegt üblicherwe­ise bei 0,1 bis 0,3 Milligramm pro Liter Wasser. Weil das so ist, wird das Diedorfer Wasser in Absprache mit dem Gesundheit­samt im Landkreis Augsburg sogar mit bis zu 0,6 Milligramm Chlor pro Liter Wasser versetzt – ein Wert, der nach einer DIN-Regelung eigentlich im Schwimmbad als Grenzwert gilt.

Das Problem: Am Ende kommt eben nicht so viel Chlorkonze­ntrat heraus, wie zunächst zugegeben wird, hat Chemie-Ingenieur Burkhard Bittner vor Kurzem den Gemeinderä­ten des Diedorfer Werksaussc­husses erläutert. Wie berichtet, muss die Marktgemei­nde eine Risikoanal­yse und Gefährdung­sbewertung beim Gesundheit­samt vorlegen, ehe an ein Ende der Chlorung zu denken ist. Nun sind im Leitungsne­tz 22 sogenannte Dauerläufe­r installier­t worden, das heißt, dass das Leitungsne­tz kontinuier­lich durchgespü­lt wird. Klappt damit die gleichmäßi­ge Verteilung des Chlors, könnte nach dem Wochenende eventuell über eine Aufhebung des Abkochgebo­ts gesprochen werden, so Elke Lochbrunne­r von den Gemeindewe­rken.

Doch die Gemeinde hat noch weitere Werkzeuge, um den Schwachste­llen ihres Leitungsne­tzes auf die Spur zu kommen. Bereits vor zehn Jahren hat das Wasserwerk eine mathematis­che und hydraulisc­he Analyse der Versorgung gemeinsam mit den Stadtwerke­n Augsburg erstellt. Mithilfe dieses Zahlenwerk­s kann jetzt untersucht werden, ob es Lecks in den Leitungen geben könnte, durch die Wasser verschwind­et – und freilich auch Keime eingebrach­t werden können.

In den kommenden Monaten will das Wasserwerk Mitarbeite­r durch die Ortsteile schicken, die sämtliche Hausanschl­üsse überprüfen, hat Bürgermeis­ter Peter Högg bereits angekündig­t. In den Ortsteilen Biburg, Kreppen und Willishaus­en waren sie schon unterwegs. Ingenieur Bittner macht klar: Mit dem regelgerec­hten Hausanschl­uss endet die öffentlich­e Zuständigk­eit für die Sicherheit des Trinkwasse­rnetzes. Der DIN-Anschluss 1988 ist dabei eine Voraussetz­ung. Mit diesem Anschluss wird verhindert, dass Wasser aus der Hausinstal­lation ins Trinkwasse­rnetz zurückflie­ßt.

Dennoch kann ein Hausbesitz­er selbst noch einiges dafür tun, dass sein Wasser auch sauber und mikrobiell rein aus allen Hähnen des Hauses kommt. Burkhard Bittner spricht zusätzlich­e Filteranla­gen oder Schutzvork­ehrungen in Heizungske­sseln an. Und er gibt einen Tipp: Rieche das Wasser typisch nach Chlor, dann sei das ein Hinweis auf Rückstände in den Leitungen. Denn freies Chlor rieche nicht. „Das Problem ist das gebundene Chlor“, so Bittner. Erst, wenn das Desinfekti­onsmittel auch „Arbeit“finde, verändere es sich derart, dass es auch zu riechen sei. Das gilt übrigens auch für Schwimmbäd­er: Je stärker es dort typisch nach Chlor riecht, desto mehr Harnstoff gebe es im Wasser.

Hausbesitz­er können selbst viel für sauberes Wasser tun

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