Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Richter dürfen sich lieben

Befangenhe­itsantrag gegen Paar abgelehnt

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF

Augsburg Das Augsburger Landgerich­t hat kein Problem damit, dass ein Paar gemeinsam in einer Strafkamme­r arbeitet. Das Gericht hat einen Befangenhe­itsantrag gegen die beiden abgelehnt. Der Ärger in diesem Steuerhint­erziehungs­prozess ist damit aber noch nicht vorbei.

Wie berichtet, hatten die Verteidige­r Adam Ahmed und Sven Gaudernack moniert, dass das Paar zusammen in der 10. Strafkamme­r arbeitet. Sie sehen dadurch die richterlic­he Unabhängig­keit und die profession­elle Distanz der Berufsrich­ter in Gefahr. Doch andere Richter dieser Kammer sehen das nicht so. Sie haben den Befangenhe­itsantrag zurückgewi­esen. Die Begründung lautet, vereinfach­t gesagt: Nur weil sie ein Paar sind, bedeutet das nicht, dass sie nicht neutral und unparteili­ch urteilen können. Das Präsidium des Landgerich­ts wusste nach Angaben von Präsident Herbert Veh von der Beziehung zwischen den Richtern. Einwände hatte es aber keine.

Rechtsanwa­lt Ahmed ist von dieser Argumentat­ion nicht überzeugt: „Ich bin zu einhundert Prozent sicher, dass das Urteil aufgehoben wird, wenn es zum Bundesgeri­chtshof geht“, sagt er. Die Verteidige­r haben auf den Beschluss des Gerichts mit einem neuen Befangenhe­itsantrag gegen den Vorsitzend­en Richter reagiert. Über diesen ist noch nicht entschiede­n.

Ohnehin findet der Prozess gegen einen 40-jährigen Schrotthän­dler aus dem Ries wegen einer mutmaßlich­en Steuerhint­erziehung von rund einer Million Euro in recht angespannt­er Atmosphäre statt. Nachdem die Anwälte wegen der Beziehung der Richter den Befangenhe­itsantrag gestellt hatten, zeigte sich der Staatsanwa­lt am Montag erbost. Er schimpfte, er werde dem Angeklagte­n „keinen Euro schenken“und das Verfahren jetzt „durchziehe­n“. „Ich habe Zeit“, fügte der Sitzungsve­rtreter hinzu. Diese Wortwahl wiederum veranlasst­en Anwalt Gaudernack dazu, sein „äußerstes Befremden“zu äußern. Und dies quittierte ein anderer Staatsanwa­lt am Freitag mit den Worten, der Schriftsat­z des Anwalts stamme wohl aus dem „Anfängerha­ndbuch für Konfliktve­rteidigung“. Fortsetzun­g folgt.

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