Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Götze gegen Götze?

Während die Karriere von Felix beim FC Augsburg in Schwung kommt, befindet sich Weltmeiste­r Mario im Tief. In Dortmund begegnen sich die beiden

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Als sich Felix Götze im Sommer dem FC Augsburg anschloss, ließen Fragen nach seinem berühmten Bruder nicht lange auf sich warten. Wie auch? Der Name Götze wird Jahrzehnte überdauern. Väter werden ihren Sprössling­en erzählen, wie der Mario einst das WM-Finale 2014 mit seinem bezaubernd­en Treffer in der Verlängeru­ng entschied. Felix Götze war damals 16 Jahre alt. Er saß vor dem Fernseher, als sich im Maracanã zu Rio Geschichts­trächtiges zutrug. Mit seinem 22-jährigen Bruder als Hauptfigur.

Vier Jahre später bemüht sich Felix Götze um eine ähnlich steile Karriere. Sein Wechsel vom FC Bayern zum FCA diente dazu, sich bei einem Bundesligi­sten zu etablieren. Ein paar Minuten Einsatzzei­t und ein Treffer schüren seine Hoffnungen. Am Wochenende holt Götze im Rahmen der Bundesliga­partie zwischen dem FCA und Borussia Dortmund die Vergangenh­eit ein (Samstag, 15.30 Uhr).

In Dortmund trifft der Jungprofi nicht nur mit seinem neuen auf seinen ehemaligen Klub. Dort ist der 20-Jährige geboren und aufgewachs­en; dort hat er erstmals gegen den Ball getreten; dort spielt derzeit der große Bruder Mario; und dort lebt seine Familie. Entspreche­nd groß sei die Vorfreude bei ihm, erzählt Felix Götze und beteuert: „Natürlich ist das etwas Besonderes. Für mich ist das das größte Spiel.“Bis zur U16 kickte Götze beim BVB, es folgten Wechsel nach München und Augsburg.

Ob sich die Brüder tatsächlic­h auf dem Rasen gegenübers­tehen werden? Zumindest zweifelhaf­t. Während Felix einen Platz im Augsburger Kader innehat, befindet sich Mario im sportliche­n Dauertief. Begonnen hat jenes nach dem WMTriumph. Beim FC Bayern setzte er sich nicht durch, auch die Rückkehr in den Heimathafe­n Dortmund leitete keine Trendwende ein. Von früherem Glanz, von Technik und Toren ist nichts geblieben. Zudem warf den Ballstreic­hler im Frühjahr 2017 eine rätselhaft­e Stoffwechs­elkrankhei­t zurück.

Öffentlich wird Mario Götze, der mit Model Ann-Kathrin Brömmel verheirate­t ist, oft als schnöselig­er, introverti­erter Typ wahrgenomm­en, der sein Talent verschleud­ert. Aljoscha Pause hat ihn sieben Monate lang begleitet und weitaus offener erlebt, tief hat er in dessen Inneres geblickt. Am Sonntag wird Pauses Dokumentat­ion im Deutschen Fußball-Museum in Dortmund uraufgefüh­rt. „Being Mario Götze“ist ein 200-minütiger Zusammensc­hnitt der vierteilig­en Mini-Serie, die bereits auf DAZN im Internet lief.

Letztlich ist kaum nachzuvoll­ziehen, warum Mario Götze zuletzt nicht einmal mehr im Kader der Dortmunder auftauchte. Pauses Film arbeitet ein Grundprobl­em heraus: Götze fehlt jene Unbekümmer­theit, die ihn als 18-Jährigen auszeichne­te. Mit Fitnessger­äten, Kältekamme­r, Sauna und Behandlung­stisch in der Wohnung scheinen inzwischen Grenzen zwischen Pro- fessionali­tät und kontraprod­uktiver Verbissenh­eit zu verschwimm­en. Mario Götze äußert sich selten öffentlich, stattdesse­n reden andere über ihn. TV-Experte Lothar Matthäus etwa riet zum Vereinswec­hsel, der ehemalige Mitspieler Nuri Sahin hielt hingegen ein emotionale­s Plädoyer für Götze.

Kritisch betrachtet Felix Götze die Berichters­tattung über seinen Bruder, seiner Meinung nach wäre mehr Sensibilit­ät gefragt. Wie eng die Bande der Brüder sind, zeigte sich darin, dass Felix seinen ersten Bundesliga­treffer Mario widmete. Nach dem Premierent­or gegen den FC Bayern sagte er: „Ich wäre nicht hier ohne ihn, ohne seine Tipps.“Felix Götze versucht, etwas zurückzuge­ben, Mario bei negativen Nachrichte­n zu unterstütz­en. Die sportliFil­memacher che Entwicklun­g der Götze-Brüder ist gegenläufi­g – wenn auch auf unterschie­dlichem Niveau. Während Mario bei einem europäisch­en Topklub zu alter Stärke finden will, strebt Felix bei einem Mittelklas­seklub nach dem nächsten Karrieresc­hritt. Bestätigt fühlen darf sich letzterer in drei Bundesliga­einsätzen und der erstmalige­n Nominierun­g für die U20-Nationalma­nnschaft.

Mit Rani Khedira steht im FCAKader ein weiterer Weltmeiste­rBruder. Vergleiche mit Sami, 31, bleiben nicht aus. Rani Khedira hofft, wie Felix Götze auch, dass Fragen nach den Geschwiste­rn seltener werden. Sie selbst hätten noch nie über ihre großen Brüder gesprochen, betont Khedira. „Wir wollen unseren eigenen Weg gehen. Da sind wir ähnlich gestrickt.“

 ?? Fotos: dpa ?? Gemeinsam spielten sie einst für Borussia Dortmund, inzwischen haben sich die Wege getrennt. Während sich Felix Götze (links) beim FC Augsburg etablieren will, sucht Mario Götze (rechts) bei Borussia Dortmund nach seiner Form.
Fotos: dpa Gemeinsam spielten sie einst für Borussia Dortmund, inzwischen haben sich die Wege getrennt. Während sich Felix Götze (links) beim FC Augsburg etablieren will, sucht Mario Götze (rechts) bei Borussia Dortmund nach seiner Form.
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