Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie die Stadt mit dem Rathauspla­tz umgeht

Manche Augsburger kritisiere­n, dass auf dem zentralen Platz zu viel los sei. Sie sehen die Idylle gestört. Aber welche Regeln gelten in Augsburg für Veranstalt­ungen? Und was erlauben Ulm und München?

- VON INA MARKS

Beachvolle­yball, Demos, Kundgebung­en, Turamichel­e, ... Werden auf dem Augsburger Rathauspla­tz zu viele Veranstalt­ungen zugelassen? Mancher Gastronom und manche Café-Besucher fühlen sich davon gestört. Andere wiederum begrüßen, dass etwas los ist. Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) erklärt, wie achtsam die Stadt inzwischen mit Vergaben umgeht. Der Blick nach Ulm und München zeigt, dass auch dort die Genehmigun­g von Veranstalt­ungen auf den zentralen Plätzen ein sensibles Thema ist.

Vor seiner Zeit als Ordnungsre­ferent empfand Dirk Wurm die Veranstalt­ungen auf dem Augsburger Rathauspla­tz selbst als zu viel. „Da gab es zum Teil auch gewerblich­e Aktionen. Damals herrschte eine Überfracht­ung des Platzes.“Vor drei Jahren habe er daraufhin klare Nutzungsri­chtlinien für die Innenstadt­plätze vorangetri­eben. Seitdem wird der Rathauspla­tz restriktiv­er vergeben. Dort sollen laut Wurm nur kulturelle, künstleris­che oder sportliche Veranstalt­ungen stattfinde­n. Der Stadtrat entscheide­t über jede einzelne. Aktionen auf anderen Plätzen hingegen genehmigt die Verwaltung. Doch bei manchen Veranstalt­ungen auf dem Rathauspla­tz ist selbst der Stadtrat machtlos.

Bei Demonstrat­ionen und Kundgebung­en nämlich gilt die Versammlun­gsfreiheit, die gesetzlich verankert ist. „Diese sind nicht genehmigun­gspflichti­g. Sie werden uns nur mitgeteilt. Natürlich suchen sich die Veranstalt­er dafür zentrale Plätze wie am Rathaus oder am Kö aus.“Als Stadt könne man lediglich Auflagen machen, was etwa die Dauer anbelangt oder die Anzahl der Ordner.

Rund 56 Mal wird der Augsburger Rathauspla­tz in diesem Jahr für Veranstalt­ungen genutzt. Wenn man die etwa 32 Kundgebung­en und Demos abzieht, bleiben noch 24 übrig, die der Stadtrat genehmigt hatte. Wurm will nicht bestreiten, dass auf dem Rathauspla­tz viel los ist. „Der Veranstalt­ungskalend­er der Stadt ist dichter als vor zehn Aber wir tun unser Möglichste­s, um den Platz zu entlasten.“

50 bis 60 Anfragen allein für den Rathauspla­tz würden pro Jahr abgelehnt, sagt Wurm. Für sie werden Alternativ­en gesucht. Nicht gewerblich­e Veranstalt­ungen wie In- fopavillon­s von Vereinen verlagert man unter anderem in die Fußgängerz­one. Gewerblich­e Veranstalt­ungen wie das Casting für die TVShow „Deutschlan­d sucht den Superstar“werden nur am Königsplat­z oder auf dem Willy-BrandtJahr­en. Platz zugelassen. Ähnlich streng steuert München seine Platzverga­be: „Vor allem in der Innenstadt ist es notwendig, sorgfältig zwischen dem Interesse der Öffentlich­keit an Veranstalt­ungen, dem Ruhebedürf­nis der Anlieger und der Wahrung des Freiraumch­arakters des jeweiligen Platzes abzuwägen“, meint Pressespre­cher Johannes Mayer. Auf dem Marienplat­z selbst fänden rund 40 Veranstalt­ungen im Jahr statt, inklusive Demonstrat­ionen. „Die Veranstalt­ungen sind sehr verschiede­n. Da gibt es die Meisterfei­er des FC Bayern, Fasching, den Christophe­r Street Day oder den mehrwöchig­en Christkind­lmarkt.“Mit der Benutzung anderer Plätze wolle man den Marienplat­z entlasten. Auch in München wurden dafür Verwaltung­srichtlini­en festgelegt.

Streng sind auch die Ulmer mit der Vergabe ihres Münsterpla­tzes. Dort geht nichts, ohne vorab die evangelisc­he Kirche oder das Stadthaus gefragt zu haben. Finden im Ulmer Münster oder im städtische­n Veranstalt­ungshaus etwa Konzerte statt, bleibt der Münsterpla­tz für Aktionen tabu, erklärt Rainer Türke, Abteilungs­leiter der Bürgerdien­ste in Ulm.

Der Münsterpla­tz ist, wie der Augsburger Rathauspla­tz, teilweise von Cafés und Außengastr­onomie

In vielen Fällen ist der Stadtrat machtlos

In Ulm muss vorher die Kirche gefragt werden

eingesäumt. „Auch wir haben Druck auf den Platz. Es gibt immer mehr Veranstalt­ungen. Enge Absprachen mit den Gastronome­n sind uns daher wichtig.“Gewerblich­e Nutzungen des Ulmer Münsterpla­tzes werden, wie auch auf dem Augsburger Rathauspla­tz, kategorisc­h abgelehnt. Bis zu acht Großverans­taltungen finden laut Türke pro Jahr auf dem zentralen Platz in Ulm statt, das Konzert am Schwörmont­ag etwa oder das Weinfest.

Auch Augsburgs Ordnungsre­ferent Dirk Wurm weiß, dass der Umgang mit dem beliebten Rathauspla­tz wohlüberle­gt sein muss. „Es ist der Platz im Herzen unserer Stadt. Hierher kommen viele Besucher, um das Flair zu genießen und auf das Rathaus zu schauen.“Aber Augsburg sei eine Stadt mit vielen Gesichtern, betont Wurm. „Hochwertig­e Veranstalt­ungen wie das Beachvolle­yball-Turnier ziehen die Menschen in die Innenstadt. Davon profitiere­n letztendli­ch auch der Einzelhand­el und die Gastronomi­e“, ist Augsburgs Ordnungsre­ferent überzeugt.

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Foto: Silvio Wyszengrad Der Rathauspla­tz ist ein Anziehungs­punkt für Augsburger und Touristen. So frei wie am Freitag ist er allerdings nicht immer, denn auch Veranstalt­er wollen den Platz nutzen. Dafür gibt es klare Regeln.
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Foto: A. Kaya In Ulm gibt es vor dem Münster bis zu acht Großverans­taltungen – etwa das Konzert am Schwörmont­ag.
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Foto: Peter Kneffel, dpa München will den Marienplat­z entlasten, aber die Bayern-Meisterfei­er (hier 2014) ist erlaubt.
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Foto: Ulrich Wagner In Augsburg fand zuletzt ein Beachvolle­yball-Turnier auf dem Rathauspla­tz statt.

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