Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Motivationshilfe für die CSU
Christsoziale hoffen in Meitingen auf Motivationshilfe von dem Mann, der der mächtigste Politiker in der EU werden will
Manfred Weber hat gute Aussichten, im kommenden Jahr zum mächtigsten Politiker in der EU zu werden: Jetzt war er in Meitingen zu Gast.
Meitingen Mit einem Auftritt des niederbayerischen CSU-Politikers Manfred Weber hat die CSU im nördlichen Landkreis den Endspurt für den Landtagswahlkampf eingeläutet. Weber, 46, ist Chef der größten Fraktion im Europaparlament (EVP) und hat gute Aussichten, im kommenden Jahr zum mächtigsten Politiker in der EU zu werden. Doch zunächst muss seine Partei die Landtagswahlen überstehen.
Für Georg Winter ist es inzwischen der siebte Landtagswahlkampf, und es ist der schwerste, wie er zugibt, während er am Sonntagabend am Eingang zum Meitinger Bürgersaal auf Weber wartet. Die Umfragewerte sind auf einem historischen Tiefstand, an der Parteispitze zerfleischen sich Ministerpräsident Markus Söder und der Vorsitzende Horst Seehofer, draußen an den Wahlkampfständen aber seien die meisten Leute freundlich und aufgeschlossen. Winter: „Da spürt man nicht den Unterschied zu früheren Wahlkämpfen.“Allerdings, 2008, als die CSU schon einmal die absolute Mehrheit verlor, sei das ähnlich gewesen, sagt der 67-Jährige, der vor fünf Jahren direkt gewählt worden war.
Winter gibt dem Gerangel in der Berliner Koalition die Schuld, den Streit zwischen Seehofer und Söder lässt er aus. Der allerdings beschäftige die Partei und ihre Mitglieder schon sehr, sagt CSU-Veteran Heinz Liebert am Rande der Veranstaltung. Seit einem halben Jahrhundert ist er Augsburger Vizelandrat in der CSU, hat ihr in den verschiedensten Funktionen gedient. „Aber so eine Zuspitzung wie jetzt habe ich noch nie erlebt.“
Dabei sollen die CSUler – an die 100 sind am Sonntagabend nach Meitingen gekommen – in den nächsten Tagen noch einmal Dampf machen im Wahlkampf. Ehrenamtliche Helfer für die vielen Wahlkämpfe zu gewinnen, sei ohnehin schon schwierig genug, sagt die Meitinger CSU-Chefin Claudia Riemensperger. Zu diesen ehrenamtlichen Helfern gehören im weiteren Sinne auch die Zweitstimmenkandidaten, weil sie dieses Mal ohne Aussicht auf den eigenen Erfolg in den Wahlkampf ziehen: Oliver Schneider (Westendorf) und Jasmin Berchthold (Welden). Die Veranstaltung mit Parteipromi Weber ist deshalb in erster Line eine Botschaft an die eigenen Leute, wie Winter sagt: „Die wollen uns kämpfen sehen.“
Später, am Rednerpult, als er Weber begrüßt, klingt Winter weniger martialisch. Er lobt den Gast, der auch stellvertretender CSUChef ist und sich einen Ruf als Moderator erworben hat, für seine lei- sen Töne. Winter prophezeit: „Wir werden dich als Parteivize brauchen.“Die Namen von Seehofer und Söder erwähnt Winter nicht.
Auch Manfred Weber umschifft die innerparteilichen Klippen weiträumig. Der Niederbayer aus dem 1400-Einwohner-Dorf Wildenberg im Landkreis Kelheim nimmt seine Zuhörer mit in die weite Welt der europäischen Politik. Diese müsse den Eliten und Bürokraten entrissen und zu seiner Sache der Bürger gemacht werden, sagt Weber. Gemessen an den Zuständen in weiten Teilen der Welt sei Europa eine Insel des Friedens und Wohlstands, die gefährdet sei. „Das Projekt Europa steht unter Druck wie nie.“Webers rhetorische Reise beinhaltet ein A wie Agrarförderung, macht notgedrungen Halt bei B wie Brexit und führt zu Z wie Zusammenhalt. Den werde Europa nämlich brauchen in den kommenden Jahren, betont der Mann, der Nachfolger von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker werden und die Wirtschaftsmacht EU auch zum politischen Schwergesicht machen will. „Ich will, dass wir Europäer in der Welt endlich was zu sagen haben.“
Vorerst aber geht es darum, wie viel die CSU künftig in Bayern zu sagen hat und wer ihr alles dreinreden kann. Auch für ihn sei es wichtig, wie die Landtagswahl ausgehe, sagt Weber. „Ich werde in Brüssel auch daran gemessen, ob wir noch die Stimme Bayerns sind.“