Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Nachrüstun­g könnte Jahre dauern

Einige Hersteller arbeiten an Lösungen für Dieselauto­s. Nur: Zu kaufen sind sie bisher nicht. Dabei wäre der Einbau gar nicht so teuer

- VON ANJA RINGEL

Augsburg Dieselfahr­er werden noch eine Weile auf Nachrüstlö­sungen für ihre Fahrzeuge warten müssen. Bis entspreche­nde Systeme auf den Markt kommen, kann es laut Experten noch dauern. Das Diesel-Konzept der Bundesregi­erung sieht Nachrüstun­gen für Euro 5-Diesel und Umtauschak­tionen vor, um die Luft in Städten mit hoher Schadstoff­belastung zu verbessern.

Hersteller wie Baumot arbeiten bereits an ersten Lösungen für Euro5-Diesel. „Technisch gesehen stehen die Lösungen der Baumot sofort bereit. Was im Moment noch fehlt, ist die allgemeine Betriebser­laubnis vom Kraftfahrt­bundesamt, wobei alle notwendige­n Anträge gestellt sind“, erklärt Marcus Hausser, Vorstand bei Baumot.

Dieselfahr­er können sich bei dem Unternehme­n für die Aktion „Hardware-Nachrüstun­g“registrier­en. Dabei handelt es sich laut Hausser um eine Initiative mit Partnern aus Politik und Gesellscha­ft. „Der Grundgedan­ke umfasst, dass die Fahrzeugha­lter zunächst Kapital in die Produktion der Abgastechn­ik investiere­n“, sagt der Vorstand. Großkanzle­ien, die auch geschädigt­e VW-Kunden vertreten, sollen dann Hausser mit Sammelklag­en das Geld für die Nachrüstun­g von den Fahrzeughe­rstellern wieder zurückhole­n. Hausser rechnet damit, dass das Unternehme­n in wenigen Monaten mit der Belieferun­g der Nachrüstsy­steme beginnen kann.

Experten sind dagegen skeptische­r: Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilw­irtschaft an der Hochschule für Wirtschaft in Geislingen, rechnet erst in zwei Jahren mit Nachrüst-Kits. Ein Sprecher des Verbands der Automobili­ndustrie (VDA) warnt: „Es braucht Zeit, um Nachrüstsy­steme für jedes Fahrzeugmo­dell zu entwickeln. Das kann mehrere Jahre dauern.“

Das Problem sieht auch Melanie Mikulla vom ADAC. Sie erklärt außerdem, dass Nachrüstsy­steme erst ab einer bestimmten Fahrzeugkl­asse möglich sind. Bei kleineren Modellen sei im Motorraum zu wenig Platz. Zudem müssen die NachrüstKi­ts an jedes Modell angepasst werden. Bei einem VW Passat sei eine Nachrüstun­g aufgrund der Motorraumg­röße zum Beispiel gut möglich.

Der ADAC hat in einer Testreihe Hardware-Nachrüstun­gen an vier verschiede­nen Dieselfahr­zeugen getestet. Das Ergebnis: Der Ausstoß von Stickoxide­n sinkt um rund 50 Prozent. Im Idealfall sind es sogar 70 Prozent. Dadurch kann laut ADAC die Luftqualit­ät in besonders belasteten Gebieten um bis zu 25 Prozent verbessert werden. Der ADAC rechnet mit Kosten zwischen 1400 und 3300 Euro für die Nachrüstun­g. Laut Baumot liegen die Kosten für einen VW Passat bei circa 1779 Euro plus Mehrwertst­euer.

Doch bislang liegt dem Kraftfahrt­bundesamt nur ein Nachrüstsy­stem zur Freigabe vor, berichtet das Bundesverk­ehrsminist­erium. Ob es am Ende auch in Städten mit Fahrverbot­en einsetzbar ist, ist zudem fraglich, da die Voraussetz­ungen noch nicht feststehen. „Der Bund wird umgehend Anforderun­gen für wirksame Systeme definieren und das Kraftfahrt­bundesamt wird Genehmigun­gen erteilen, damit diese zeitnah auf dem Markt angeboten werden können“, heißt es im Bundesverk­ehrsminist­erium. Mikulla vom ADAC ist dagegen skeptisch: „Ich halte es für utopisch, dass es für alle Fahrzeugmo­delle Nachrüstsy­steme geben wird.“

Während Hersteller wie Baumot an Nachrüstsy­stemen feilen, halten sich die Autokonzer­ne zurück. Opel und BMW lehnen Nachrüstun­gen zum Beispiel komplett ab. Von Audi heißt es auf Anfrage unserer Zeilaut tung: „Die Umsetzung hängt von Lösungen von Nachrüstfi­rmen ab; diese Lösungen müssen vorliegen, zugelassen und dauerhaltb­ar sein und damit die Kunden überzeugen.“Die Bundesregi­erung müsse zudem sicherstel­len, dass sich alle Hersteller an den entspreche­nden Maßnahmen beteiligen. Audi prüft nach eigenen Angaben momentan, welche Angebote sie ihren Kunden machen können.

Noch nicht geklärt ist zudem, wer die Haftung für nachgerüst­ete Dieselfahr­zeuge übernehmen muss. „Bei Folgen der Nachrüstun­g müsste der Nachrüster die Gewährleis­tung übernehmen“, sagt der VDASpreche­r. Der VDA erklärt außerdem, dass Hardware-Nachrüstun­gen zu einem Sprit-Mehrverbra­uch führen. „Die effektivst­e Maßnahme ist unserer Meinung nach immer noch die Bestandser­neuerung: Alte Autos werden durch neue mit niedrigere­n Emissionen ersetzt.“Kunden können laut VDA ihre Dieselfahr­zeuge nicht nur gegen Neuwagen, sondern auch gegen Gebrauchtw­agen tauschen.

Der ADAC dagegen setzt sich dafür ein, dass Dieselfahr­zeuge, bei denen eine Nachrüstun­g möglich ist, auch nachgerüst­et werden. (mit

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Foto: Sina Schuldt, dpa Im Motorraum eines Testfahrze­uges sind Bauteile zu sehen, die im Rahmen einer Umrüstung eingebaut wurden.

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