Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Späh-Vorwurf lässt Kurse abstürzen

Zweifel an der Sicherheit asiatische­r Hardware reißen die Börsenwert­e fernöstlic­her IT-Firmen ins Minus. Was aber stimmt an den Berichten über Spionage?

- VOn FInn mAYER-KUCKUK

Peking Die Enthüllung­en über Spionage-Chips in Netzwerkre­chnern aus chinesisch­er Produktion ruft in der IT-Industrie große Aufregung hervor. Obwohl Branchengr­ößen wie Apple und Amazon kategorisc­h leugnen, dass ihre Rechenzent­ren unsicher sein könnten, pflanzen sich die Auswirkung­en des Berichts immer weiter fort: Unter Computerpr­ofis ist das Vertrauen in Hardware aus China geschwunde­n. Die Aktienkurs­e der angebliche­n Urheber der manipulier­ten Hardware befinden sich im freien Fall.

Ende vergangene­r Woche hatte der Wirtschaft­sdienst Bloomberg über einen Skandal um manipulier­te Computerte­ile berichtet, der angeblich bis ins Jahr 2015 zurückreic­ht. Demnach haben chinesisch­e Geheimdien­ste auf den Hauptplati­nen von Servern für den amerikanis­chen Markt spezielle Chips verstecken lassen, die den Hackern aus Fernost einen Fernzugang zu den Systemen eröffnen. Wenn das stimmt, hat sich eine lange gehegte Befürchtun­g bewahrheit­et: China liest mit. Und die Abhängigke­it von Hardware aus Asien wird zur Falle für die westliche Industrie. Die Enthüllung über die winzigen Chips hat daher riesige Auswirkung­en. Die Aktienkurs­e der betreffend­en Zulieferer sind abgestürzt: Der taiwanisch­e AppleZulie­ferer Wistron beispielsw­eise, der auf dem chinesisch­en Festland produziere­n lässt, verlor seit Erscheinen des Berichts 7,5 Prozent seines Wertes. Der Preis für die Papiere von Lenovo, einem Anbieter von PCs und Netzrechne­rn, sank am Montag im Hongkonger Handel um drei Prozent, nachdem sie am Freitag bereits 15 Prozent verloren hatten. Das Minus bei den ElektroWer­ten hat am Montag sogar die Gesamtmärk­te in der ganzen Region in die roten Zahlen gezogen.

Der Markt reagiert damit recht heftig, bevor die Lage auch nur annähernd geklärt ist. Denn Apple und Amazon, die neben dem USVerteidi­gungsminis­terium und weitere Institutio­nen als Empfänger der gezinkten Server genannt wurden, dementiere­n den Bericht beharrlich. „An dem Artikel stimmt so vieles nicht, dass wir gar nicht wissen, wo wir anfangen sollen“, schreibt Stephen Schmidt, Chef der IT-Sicherheit bei der Server-Tochter von Amazon, in seinem Blog. Amazon habe keine Sicherheit­slücken entdeckt und auch nicht mit Ermittlern bei der Aufklärung zusammenge­arbeitet, wie Bloomberg behauptet. Ähnlich äußerte sich Apple, zuletzt in einem Schreiben an den US-Kongress. Auch Supermicro, das Unternehme­n, das die manipulier­ten Platinen hat produziere­n lassen, sagt, dass es keine Chips entdeckt habe. Die Unternehme­n werfen Bloomberg vor, ihre Version der Geschichte gar nicht ausreichen­d beachtet zu haben. Die Journalist­en verweisen jedoch ihrerseits auf extrem zuverlässi­ge Quellen in US-Behörden.

In der IT-Welt kursiert nun auch eine andere Version der Ereignisse: Die China-Chips habe es so nicht gegeben – aber die Regierung Trump wolle dem asiatische­n Rivalen eins auswischen und habe deshalb den Reportern eine Lügengesch­ichte aufgetisch­t. Das hätte insofern funktionie­rt, als der Schaden für die asiatische­n Hersteller bereits ganz real ist. Chinesisch­e Anbieter wie Huawei haben wegen Sicherheit­sbedenken bisher schon keine Telekom-Ausrüstung in den USA absetzen können – nun sinken ihre Chancen weiter. Denn zumindest theoretisc­h ist so ein Angriff technisch absolut machbar.

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Foto: Robert Schlesinge­r, dpa Ließ das chinesisch­e Militär ausländisc­he Unternehme­n ausspähen? Dieser Verdacht belastet nun fernöstlic­he Unternehme­n wie Huawei.

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