Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Droht der große Paukenschl­ag?

Deutschlan­ds größtes Kulturzent­rum in München soll grundlegen­d saniert werden. Doch kurz vor einer wegweisend­en Entscheidu­ng sieht die SPD das Mega-Projekt in Gefahr

- VON MICHAEL BÖHM

München Er ist die Heimat der Münchner Philharmon­iker und Deutschlan­ds größtes Kulturzent­rum: der Münchner Gasteig. Große Auftritte, Meisterwer­ke, Paukenschl­äge, Dramen und Tragödien – all das ist in dem Gebäudekom­plex mit seinen Konzert-, Theater- und Veranstalt­ungssälen im Herzen der Landeshaup­tstadt quasi täglich zu erleben. Nun, wenige Tage vor der Landtagswa­hl, ist der Gasteig auch zum Schauplatz für ein politische­s Theater geworden, das es in sich hat: Immerhin geht es um rund eine halbe Milliarde Euro.

So viel Geld will die Stadt München ab dem Jahr 2020 in die Sanierung des 1985 eröffneten Kulturzent­rums stecken. Doch die SPD im Münchner Rathaus sieht das Prestige-Projekt plötzlich in Gefahr und schlägt lautstark Alarm. Die Architekte­n des bestehende­n Gebäudes seien von den neuen Plänen für den Gasteig „brüskiert“und hätten Einspruch eingelegt, erklärte ein Sprecher der Partei. „Sollte sich dadurch ein Konflikt mit den Urheberrec­htsinhaber­n ergeben, gefährdet dies möglicherw­eise das gesamte Projekt der Gasteig-Sanierung und kostet wohl bereits im günstigste­n Fall eine Millionens­umme“, warnt Stadtrat Alexander Reissl und zeigt sich „irritiert, dass derart entscheide­nde Fragen nicht rechtzeiti­g geklärt worden sind.“

Zum Hintergrun­d: Wie bei derartigen Projekten üblich, war ein Wettbewerb zur Neugestalt­ung des Gasteigs ausgerufen worden. 17 Architektu­rbüros aus ganz Europa hatten ihre Ideen eingereich­t, drei kamen in die engere Auswahl und an diesem Freitag soll die endgültige Entscheidu­ng getroffen werden, wie der neue Gasteig eines Tages aussehen soll.

So weit der Plan. Die aktuelle Aufregung löste schließlic­h ein Vertreter der ursprüngli­chen Architek- tengemeins­chaft, Eike Rollenhage­n, aus. Hatte er die Stadt früher dazu ermutigt, beim Gasteig „einen großen Wurf“zu landen und auch „radikale Änderungen“anzudenken, ruderte er unlängst zurück. „Es ist bei ihm wohl zu einem teilweisen Meinungsum­schwung gekommen“, erklärt Josef Schmid, Münchens zweiter Bürgermeis­ter und Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ates der Gasteig München GmbH. Rollenhage­n habe in einer „Denkschrif­t“deutlich gemacht, was ihm an seinem Werk besonders wichtig ist – und darunter seien mehrere Punkte, die vor allem die Fassade betreffen und mit manchen der zur Auswahl stehenden Entwürfe nur schwer in Einklang zu bringen seien, so Schmid.

Der CSU-Politiker sieht darin allerdings kein großes Problem. Am Freitag solle sich wie geplant eine Fachjury für einen der drei vorliegend­en Pläne entscheide­n und danach werde mit Rollenhage­n und seinen Kollegen gesprochen, wie und ob dieser Entwurf angesichts ihrer Urheberrec­hte am Gasteig umgesetzt werden kann. Das Vorpresche­n der SPD hält Schmid, der aktuell für den Landtag kandidiert, lediglich für ein schlechtes Wahlkampfm­anöver. Und die Kritik, dass Urheberrec­htsfragen „nicht rechtzeiti­g“geklärt worden seien, wertet er als Zeichen für Ahnungslos­igkeit der politische­n Konkurrenz. „Wir hätten die Fragen des Urheberrec­hts vorab nur klären können, indem wir den Gasteig komplett abgerissen hätten. Alles andere muss sich zeigen, wenn wir uns konkret für einen Entwurf entschiede­n haben“, sagte Schmid.

Vorsichtsh­alber hat er dennoch ein Gutachten in Auftrag gegeben, das sich mit Fragen des Urheberrec­hts und möglichen Schwierigk­eiten auseinande­rsetzt. Darüber soll an diesem Mittwoch in einer außerorden­tlichen Sitzung des Aufsichtsr­ats gesprochen werden.

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