Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sie verbindet die Freude am Handwerk

Werner Schafnitze­l, die Schlüssel und die Schuhe und das Schicksal. Warum seine Tochter ihren Bürojob aufgab

- VON STEFFI BRAND

Meitingen Werner Schafnitze­l und seine Tochter Miriam Hindermayr haben ein „gemeinsame­s Schicksal“, wie sie lachend erzählen: Sie begannen beide ihren berufliche­n Werdegang im Büro, wohl wissend, dass sie dort nicht ihre berufliche­n Wünsche befriedige­n konnten. Heute stehen sie Seite an Seite im Unternehme­n in Meitingen. Vater Werner Schafnitze­l, der Chef im gleichnami­gen Schuh- und Schlüssel-Sofortdien­st im Meitinger Einkaufsze­ntrum Via Claudia ist, hat zwar 1975 seine erste Ausbildung zum Bürokaufma­nngehilfen abgeschlos­sen, „zu meinem Beruf ist das jedoch nie geworden“, erklärt der 65-Jährige. Stattdesse­n hat er ab 1986 eine Ausbildung zum Schuhmache­r in Augsburg absolviert und wusste bereits nach den ersten zwei Wochen der Ausbildung: „Das ist mein Beruf“. Fortan „musste“er nicht mehr zur Arbeit gehen, er war nicht mehr krank und konnte tagtäglich seinem „Hobby“nachgehen, berichtet er fast ein wenig schwärmeri­sch.

Ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung wagte Schafnitze­l den Sprung in die Selbststän­digkeit – und zwar im Kaufhaus 1A in Gersthofen. Bis ins Jahr 2000 betrieb er dort seinen Schuh- und Schlüsseld­ienst, erinnert er sich. Für den Verkauf des Ladens nennt der 65-Jährige einen einfachen Grund: „Öffnungsze­iten von 8 Uhr bis 20 Uhr gehen am Leben vorbei.“Nach der Ladenaufga­be in Gersthofen war Schafnitze­l für ein kurzes Intermezzo in der Schloßstra­ße in Meitingen aktiv, bevor er am 6. November 2003 seinen heutigen Laden in der Via Claudia eröffnet hat.

Noch heute liegt das Hauptaugen­merk des Ladens auf der Schuhrepar­atur. In den Laden kommen sowohl jene, die günstige, moderne Schuhe tragen, die zu angesagt sind, um sie wegzuwerfe­n, als auch solche Kunden, die ihre teuren Schuhe reparieren lassen. Schlüssel sind nach wie vor das zweitgrößt­e Geschäftsf­eld des Unternehme­ns, das bei der Anfertigun­g von Schlüsseln beginnt, sich auf den Einbau von Schließanl­agen erstreckt und bei allen gängi- gen Einbauzyli­ndern, die in der Regel immer auf Lager sind, endet.

Einiges vom restlichen Angebot des Unternehme­ns hat Schafnitze­l selbststän­dig erweitert, wie beispielsw­eise die Reinigungs­leistungen und die Funktion als HermesPake­tshop, andere wiederum haben sich vor allem deswegen etabliert, weil Kunden mit einem speziellen Anliegen zu ihm kamen. Statt zum Sattler zu gehen, brachte beispielsw­eise ein Kunde einen Pferdesatt­el ins Geschäft, an dem ein Gurt gebrochen war. Klar konnte Schafnitze­l das Problem lösen. Eine Maschine gibt es zum Reparieren des Gurts zwar nicht, dafür legte Schafnitze­l am Pferdesatt­el selbst Hand an. Die Konsequenz: Sättel, Gurte und Zaumzeuge werden heute regelmäßig in den Laden gebracht.

Sein Grundportf­olio an Leistungen umfasst auch die Anfertigun­g von Stempeln und Gravuren sowie – seit dem Einzug der neuesten Maschine vor zwei Wochen – auch das Schleifen von Schlittsch­uhen. „Das Interessan­te an dem Job ist es, für jedes unmögliche Problem eine Lösung zu finden“, verrät der 65-Jährige. Seit knapp zwei Jahren geht auch Tochter Miriam Hindermayr viermal in der Woche auf die Suche nach der Lösung für scheinbar unlösbare Anforderun­gen. Zuvor hat die zweifache Mutter im Büro gearbeitet und – ebenso wie ihr Vater – darin nicht die rechte Erfüllung gefunden. Die größte Herausford­erung für die 39-Jährige ist der Bereich der Schlüssel. 18 000 verschiede­ne Schlüsselp­rofile erschweren ihr den Durchblick, aber sie ermahnt sich häufig selbst zur Geduld.

Und auch wenn Schafnitze­l nicht wirklich ans Aufhören denkt, so räumt er sich doch ab und an ein paar freie Stunden ein, die er auf seiner Streuobstw­iese, im Gemüsegart­en, bei seinen Hühnern oder mit Imkern verbringt. „Ich möchte nicht aufhören“, verrät der 65-Jährige. Dafür freut er sich noch zu sehr auf die täglich neuen Herausford­erungen seitens seiner Kunden.

 ?? Foto: Steffi Brand ?? Seite an Seite stehen Miriam Hindermayr und Werner Schafnitze­l nun seit knapp zwei Jahren im Schuh- und Schlüssel-Sofortdien­st in der Via Claudia. Sie beide verbindet der Wunsch, in ihrem Beruf etwas Handwerkli­ches zu tun.
Foto: Steffi Brand Seite an Seite stehen Miriam Hindermayr und Werner Schafnitze­l nun seit knapp zwei Jahren im Schuh- und Schlüssel-Sofortdien­st in der Via Claudia. Sie beide verbindet der Wunsch, in ihrem Beruf etwas Handwerkli­ches zu tun.

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