Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sie verbindet die Freude am Handwerk
Werner Schafnitzel, die Schlüssel und die Schuhe und das Schicksal. Warum seine Tochter ihren Bürojob aufgab
Meitingen Werner Schafnitzel und seine Tochter Miriam Hindermayr haben ein „gemeinsames Schicksal“, wie sie lachend erzählen: Sie begannen beide ihren beruflichen Werdegang im Büro, wohl wissend, dass sie dort nicht ihre beruflichen Wünsche befriedigen konnten. Heute stehen sie Seite an Seite im Unternehmen in Meitingen. Vater Werner Schafnitzel, der Chef im gleichnamigen Schuh- und Schlüssel-Sofortdienst im Meitinger Einkaufszentrum Via Claudia ist, hat zwar 1975 seine erste Ausbildung zum Bürokaufmanngehilfen abgeschlossen, „zu meinem Beruf ist das jedoch nie geworden“, erklärt der 65-Jährige. Stattdessen hat er ab 1986 eine Ausbildung zum Schuhmacher in Augsburg absolviert und wusste bereits nach den ersten zwei Wochen der Ausbildung: „Das ist mein Beruf“. Fortan „musste“er nicht mehr zur Arbeit gehen, er war nicht mehr krank und konnte tagtäglich seinem „Hobby“nachgehen, berichtet er fast ein wenig schwärmerisch.
Ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung wagte Schafnitzel den Sprung in die Selbstständigkeit – und zwar im Kaufhaus 1A in Gersthofen. Bis ins Jahr 2000 betrieb er dort seinen Schuh- und Schlüsseldienst, erinnert er sich. Für den Verkauf des Ladens nennt der 65-Jährige einen einfachen Grund: „Öffnungszeiten von 8 Uhr bis 20 Uhr gehen am Leben vorbei.“Nach der Ladenaufgabe in Gersthofen war Schafnitzel für ein kurzes Intermezzo in der Schloßstraße in Meitingen aktiv, bevor er am 6. November 2003 seinen heutigen Laden in der Via Claudia eröffnet hat.
Noch heute liegt das Hauptaugenmerk des Ladens auf der Schuhreparatur. In den Laden kommen sowohl jene, die günstige, moderne Schuhe tragen, die zu angesagt sind, um sie wegzuwerfen, als auch solche Kunden, die ihre teuren Schuhe reparieren lassen. Schlüssel sind nach wie vor das zweitgrößte Geschäftsfeld des Unternehmens, das bei der Anfertigung von Schlüsseln beginnt, sich auf den Einbau von Schließanlagen erstreckt und bei allen gängi- gen Einbauzylindern, die in der Regel immer auf Lager sind, endet.
Einiges vom restlichen Angebot des Unternehmens hat Schafnitzel selbstständig erweitert, wie beispielsweise die Reinigungsleistungen und die Funktion als HermesPaketshop, andere wiederum haben sich vor allem deswegen etabliert, weil Kunden mit einem speziellen Anliegen zu ihm kamen. Statt zum Sattler zu gehen, brachte beispielsweise ein Kunde einen Pferdesattel ins Geschäft, an dem ein Gurt gebrochen war. Klar konnte Schafnitzel das Problem lösen. Eine Maschine gibt es zum Reparieren des Gurts zwar nicht, dafür legte Schafnitzel am Pferdesattel selbst Hand an. Die Konsequenz: Sättel, Gurte und Zaumzeuge werden heute regelmäßig in den Laden gebracht.
Sein Grundportfolio an Leistungen umfasst auch die Anfertigung von Stempeln und Gravuren sowie – seit dem Einzug der neuesten Maschine vor zwei Wochen – auch das Schleifen von Schlittschuhen. „Das Interessante an dem Job ist es, für jedes unmögliche Problem eine Lösung zu finden“, verrät der 65-Jährige. Seit knapp zwei Jahren geht auch Tochter Miriam Hindermayr viermal in der Woche auf die Suche nach der Lösung für scheinbar unlösbare Anforderungen. Zuvor hat die zweifache Mutter im Büro gearbeitet und – ebenso wie ihr Vater – darin nicht die rechte Erfüllung gefunden. Die größte Herausforderung für die 39-Jährige ist der Bereich der Schlüssel. 18 000 verschiedene Schlüsselprofile erschweren ihr den Durchblick, aber sie ermahnt sich häufig selbst zur Geduld.
Und auch wenn Schafnitzel nicht wirklich ans Aufhören denkt, so räumt er sich doch ab und an ein paar freie Stunden ein, die er auf seiner Streuobstwiese, im Gemüsegarten, bei seinen Hühnern oder mit Imkern verbringt. „Ich möchte nicht aufhören“, verrät der 65-Jährige. Dafür freut er sich noch zu sehr auf die täglich neuen Herausforderungen seitens seiner Kunden.