Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Banker zieht ältere Kunden über den Tisch

Fast zehn Jahre lässt ein erfolgreic­her Vermögensb­erater immer wieder Geld in seine eigene Tasche fließen. Der Schaden ist beträchtli­ch. Jetzt will der 57-Jährige alles wieder zurückzahl­en

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Seine Kunden vertrauten ihm. Besonders die älteren. Doch genau das nutzte der frühere stellvertr­etende Leiter einer Geschäftss­telle der Kreisspark­asse Augsburg irgendwann aus: Der Vermögensk­undenberat­er zweigte Geld ab und steckte es in die eigene Tasche. Über 200000 Euro waren es, bis ihm nach fast zehn Jahren sein Arbeitgebe­r auf die Schliche kam und ihn daraufhin entließ. Gestern musste sich der Mann vor einem Augsburger Schöffenge­richt verantwort­en. Vorgeworfe­n wurden ihm Unterschla­gung, Untreue und Urkundenfä­lschung sowie Computerbe­trug. Angeklagt waren allerdings nur die Fälle, die aus dem Zeitraum von 2012 bis 2017 bekannt geworden waren – in der Summe etwa 92 000 Euro. Die über 150 Fälle aus dem Zeitraum zwischen 2007 und 2012 sind bereits verjährt und waren deshalb nicht Gegenstand des Verfahrens.

Nach Darstellun­g der Anklage hob der Finanzexpe­rte Geld von zwei Kundenkont­en ab, überwies Beträge auf andere Konten und kassierte dann ab. Außerdem fälschte der 57-Jährige Auszahlung­sbelege, Anträge sowie weitere Schriftstü­cke mit den Unterschri­ften verschiede­nster Kunden. Ein Kriminalbe­amter berichtete von einer geprellten Kundin, einer betagten Frau: Sie habe sich bei Geldgeschä­ften voll und ganz auf den Vermögensb­erater verlassen. Sie hatte ihm auch eine ausgestell­t, damit er Buchungen von ihrem Giro- auf ihr Sparkonto vornehmen kann. Bei der älteren Dame hatte sich der 57-Jährige später auch entschuldi­gt und sie gebeten, die Vorfälle nicht weiter zu Symbolfoto: Matthias Becker verfolgen. Daraufhin gab es eine Hausdurchs­uchung. Bei den Ermittlung­en kam unter anderem auch heraus, dass er mit einer gefälschte­n Unterschri­ft ein Konto angelegt hatte, um Geld transferie­ren zu könVollmac­ht nen. Das Geld habe er nach eigenen Angaben auch genutzt, um Beratungsf­ehler und Reklamatio­nen auszugleic­hen – ganz pragmatisc­h. Außerdem verwendete er für unerlaubte Buchungsvo­rgänge die Personalnu­mmern von Kollegen – ohne dass sie davon wussten.

Mit dem unterschla­genen Geld habe er sein Gehalt aufgebesse­rt. „Ich hatte gut gelebt“, sagte der 57-Jährige (Verteidige­r: Steffen Kraus), der gestern vor Gericht die Vorfälle ohne Umschweife einräumte. „Ich weiß nicht, was mich da geritten hat. Ich kann es mir nicht mehr erklären. Ich bereue es.“Er sei ein Bankkaufma­nn mit Leib und Seele gewesen. Er wolle alles restlos zurückzahl­en – das hat er mit seinem früheren Arbeitgebe­r bereits mit einer Schuldaner­kenntnis so schriftlic­h festgehalt­en.

Die 92 000 Euro, um die es am Donnerstag am Amtsgerich­t Augsburg ging, seien bereits zurückbeza­hlt. Für die weiteren Rückzahlun­gen muss der Mann jetzt auch sein Haus verkaufen. Die Vorsitzend­e Richterin Rita Greser sagte: „Sie haben ihre Familie in eine finanziell­e Schieflage gebracht.“Und: „Ihr zukünftige­s Berufslebe­n dürfte schwierig sein.“Nach der Kündigung hatte der Banker bei einem Bestatter gearbeitet. Doch nach zwei Monaten war Schluss – jetzt ist er arbeitslos und muss sich wieder bewerben. Greser: „Sie haben sich beruflich selbst ruiniert. Sie haben eine Strafe schon im Vorfeld des Verfahrens bekommen.“

Gestern kam eine weitere dazu: Der 57-Jährige wurde zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren verurteilt. Sie ist drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Richterin Greser sprach auch die Verantwort­ung der Bank an: Das Schöffenge­richt sei fassungslo­s, dass lange nichts von den Machenscha­ften bemerkt worden sei. Greser: „Man sollte meinen, dass ein gewisses Interesse daran besteht, was mit dem Vermögen der Kunden passiert – gerade bei den betagten Kunden.“Doch genau die habe der Vermögensb­erater schamlos ausgenutzt. Die Richterin sah beim 57-Jährigen eine erhebliche kriminelle Energie. Die Schadensre­gulierung hielt sie für beachtlich.

 ??  ?? Mit Vollmachte­n und Buchungstr­icks hat ein 57-jähriger Bankkaufma­nn über Jahre zwei Kunden geprellt – und über 200 000 Euro für sich auf die Seite geschafft. Gestern wurde er zu einer Freiheitss­trafe verurteilt.
Mit Vollmachte­n und Buchungstr­icks hat ein 57-jähriger Bankkaufma­nn über Jahre zwei Kunden geprellt – und über 200 000 Euro für sich auf die Seite geschafft. Gestern wurde er zu einer Freiheitss­trafe verurteilt.

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