Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das kosten Nahverkehrs-Tickets ab 2019
Die anstehende Preiserhöhung im AVV ist die höchste seit dem Jahr 2012. Manche Fahrkartenpreise bleiben gleich, andere werden um zehn Prozent erhöht. Lohnt sich die Fahrt mit Bus und Straßenbahn noch?
Nach dem Ärger um die Tarifreform vor einem Jahr rücken die Preise im Nahverkehr nun wieder in die Diskussion. Wie berichtet will der Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) die Preise zum Jahreswechsel um 3,9 Prozent anheben. Wir klären wichtigste Fragen. ● Was kosten Tickets konkret?
● Kurzstrecke: 1,50 Euro (aktuell noch 1,45 Euro) für Erwachsene; bei Kindern bleibt es bei 90 Cent
● Streifenkarte: 11,30 (10,80)
● E-Streifenkarte (per Smartphone): 10,80 (10,30)
● Tagesticket Innenraum: 6,80 (6,40); Tagesticket Gesamt: 13,80 (13 Euro); Zuschlag pro weiterem Erwachsenen: 2,20 (2,00)
● Mobil-Abo 1 Zone: 37 (35); Mobil-Abo Innenraum: 52,50 (50,00).
Die Papier-Streifenkarten sind seit der Tarifreform immer bis zum März des Nachfolgejahres gültig. Wer noch etwas sparen will, kann sich zum Jahresende mit Streifenkarten für 10,80 Euro eindecken und sie bis 31. März 2019 abfahren. Ein Umtausch über diesen Zeitpunkt hinaus ist nicht möglich.
● Was heißen die 3,9 Prozent? Bei den 3,9 Prozent Fahrpreissteigerungen handelt es sich nur um einen Durchschnitt. Je nach Ticket fallen die Erhöhungen sehr unterschiedlich aus – zwischen null und zehn Prozent. Einige Tickets sind von der Erhöhung ausgenommen, etwa das Einzelticket für Kinder oder die 9-Uhr-Mobil-Abos. Beim 9-UhrAbo ist das Ziel, seine Attraktivität hochzuhalten – und es wohl auch als Einstiegsangebot für Fahrgäste, denen es mit Einzelfahrschein zu teuer wird, weiter gut zu platzieren. Die Streifenkarte wird um 4,6 Prozent teurer. Auch bei den regulären Abos ohne Sperrzeit gibt es je nach Preisstufe Verteuerungen zwischen 4 und 5,6 Prozent – dabei sollte dieses Segment durch die Tarifreform attraktiver werden. Unterdurchschnittlich fällt die Preiserhöhung bei der Kurzstrecke um fünf Cent auf 1,50 Euro aus (3,4 Prozent). Spitzenreiter mit zehn Prozent ist der Zuschlag, der für einen Erwachsenen zu zahlen ist, den man zusätzlich mit dem Tagesticket mitnehmen will. Hier sind es 2,20 statt bisher 2 Euro. ● Wie hat der AVV in der Vergangenheit Preise erhöht? Die Preiserhöhung ist die massivste seit dem 2012. In den Jahren 2010 und 2012 gab es auch Erhöhungen mit mehr als 4 Prozent (siehe Grafik). Nicht abgebildet in der Grafik sind „versteckte“Änderungen im Zuge der Tarifreform, die teils auch mit Änderungen im Geltungsbereich von Tickets verbunden waren: Einzelfahrscheine in den oberen Preisstufen im Umland wurden teurer, dafür erweiterte sich teils der Geltungsbereich. In der Stadt gab es mit Einführung der Kurzstrecke teils massive Kürzungen im Preis-LeistungsVerhältnis. Deutlich billiger geworden ist das 9-Uhr-Abo. Rechnet man die Preiserhöhungen der Vergangenheit zusammen, summieren sich die Steigerungen zwischen 2010 und 2019 auf etwa 25 Prozent.
● Wie sieht es andernorts aus? Ein bundesweiter Vergleich ist nicht möglich: Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen erhebt erst seit zwei Jahren systematisch Preisentwicklungen bei den Mitgliedsunternehmen – für einen aussagekräftigen Vergleich ist das zu wenig, weil der AVV in der Vergangenheit immer wieder einmal mit Erhöhungen pausiert hat, diese Preissprünge aber nachholte. Wirft man einen Blick auf die Zahlen anderer Verbünde, fallen die Erhöhungen nicht so hoch aus. Von 2015 bis 2019 kommt man in Augsburg auf neun Prozent, in Stuttgart ebenfalls auf etwa neun Prozent, in München auf elf Prozent (dort gibt es aufgrund der anstehenden Tarifreform eine Nullrunde zum Jahreswechsel) und in Nürnberg auf 14 Prozent. Ein Vergleich, wie die Augsburger Preise beim Vergleich mit anderen Städten abschneiden, ist schwierig, zumal sich Angebote und Tickets unterscheiden. In einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Civity unter 50 Städten aus 2017 lag Augsburg im Mittelfeld (verglichen wurden Einzelfahrscheine fürs Stadtgebiet in Relation zum Angebot).
● Wäre es möglich gewesen, die Preiserhöhung auszusetzen? Der AVV-Geschäftsführer Olaf von Hoerschelmann sagt, nein. Seitens der Gesellschafter des AVV (Stadt Augsburg und Landkreise) sei das nicht gewollt. Man habe sich verständigt, Preise nach einem objekti-
So entwickeln sich die Preise anderswo
ven Indexverfahren (Tarifabschlüsse fürs Personal, Entwicklung der Energiekosten) jährlich zu ändern. Setze man die Preissteigerung aus, müsse man sie später nachholen.
● Lohnt sich die Fahrt mit dem Nahverkehr in die Innenstadt noch? Das kommt darauf an, wo man parkt, wie lange man bleibt und wo man herkommt. Parkhäuser in der KernInnenstadt kosten tagsüber pro Stunde etwa zwei Euro. Für eine Autofahrt mit etwa sieben Kilometern Länge (z.B. von Haunstetten zum Königsplatz) zahlt man hin und zurück rund 1,75 Euro Spritkosten (Benzin, acht Liter Verbrauch auf 100 km im Stadtverkehr). Macht für einen vierstündigen Aufenthalt knapp zehn Euro. Das Tagesticket Innenraum kostet künftig 6,80 Euro, für zwei Erwachsene neun Euro. Parkt man günstiger z.B. in der City-Galerie, kommt das Auto billiger weg. Allerdings ändert sich die Rechnung wieder zugunsten des Nahverkehrs, sobald man allein reist oder von der Grenze des Innenraums (z. B. aus Gersthofen) kommt. ● Gibt es politische Reaktionen? Bisher nur von den kleinen Parteien. Frederik Hintermayr, Vorsitzender der Linken, bezeichnet die Erhöhung als „schlechten Witz“. Der Nahverkehr werde nicht attraktiver, sondern zunehmend unbezahlbarer. ÖDP-Stadtrat Christian Pettinger sagt, dass die Preiserhöhung alle Pläne konterkariere, die Stickoxidbelastung in der Innenstadt zu senken.