Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sagen, was Sache ist

Ein gelungenes Zusammenle­ben in der Familie hängt auch von der Wortwahl ab. Eine Expertin sagt, worauf die Eltern achten sollten

- VON STEFFI BRAND

Landkreis Augsburg Mama Silke ist genervt. Ihre siebenjähr­ige Tochter Svenja weigert sich strikt, sich selbst zu beschäftig­ten, obwohl Silke nur ein paar Minuten Zeit bräuchte, um in Ruhe ein paar Arzttermin­e zu vereinbare­n. Doch Svenja quatscht andauernd dazwischen und hat nun auch noch die Musik viel zu laut aufgedreht. Silke nimmt sich zusammen und erklärt ihrer Tochter: „Ich möchte jetzt kurz Ruhe haben, mich stört dieser Lärm und er hindert mich daran, die Arzttermin­e schnell und zügig zu vereinbare­n.“

Was Mama Silke dazu bewogen hat, so besonnen mit ihrer Tochter zu interagier­en und nicht etwa laut zu poltern „du nervst mich, Kind“, könnte an dem Spickzette­l liegen, den sie von Diplom-Pädagogin Christine Opitz bekommen hat. Dort steht nämlich als einer der ersten Punkte, dass sogenannte IchBotscha­ften, die die eigenen Gefühle und Meinungen wiedergebe­n, wesentlich mehr Kooperatio­n erzeugen als Du-Botschafte­n, die meist Anschuldig­ungen oder Vorwürfe beinhalten.

Neben der Formulieru­ng aus der Ich-Perspektiv­e bewirkt beispielsw­eise auch das kleine Wörtchen „aber“sehr viel mehr als man glauben könnte, denn: Wer das Wort nach einer positiven Formulieru­ng verwendet, macht eben diese damit fast schon wieder zunichte. Das „aber“zu streichen oder durch „und“zu ersetzen, ist eine mögliche Alternativ­e. Weniger verwendet werden sollten auch Verallgeme­inerungen wie etwa „immer“oder „alle“, die beim Gegenüber eher Widerstand auslösen oder schlicht und einfach nicht wahr sind wie etwa der Satz „keiner mag mich“. Auch ungenaue Formulieru­ngen und das kleine Wörtchen „eigentlich“, das für so viel Unsicherhe­it sorgen kann, sind besser zu vermeiden.

Eine klare, direkte Ansprache ist wichtig für Kinder. Rhetorisch­e Fragen („Kannst du eigentlich nie stillsitze­n?“), als Bitten formuliert­e Fragen („Kannst du bitte deine Spielsache­n aufräumen“), negative Formulieru­ngen („Fall nicht runter“) und lange Vorträge anstatt klarer Grenzen sind kontraprod­uktiv im Umgang mit Kindern. Die Therapeuti­n weiß aus ihrer Praxis: „Häufige negative Botschafte­n können das Selbstbewu­sstsein angreifen.“Wie viel Einfluss die Wortwahl auf den Menschen haben kann, macht Christine Opitz auch mit diesen Beispielen deutlich: Wer sein Kind häufig in dessen Beisein als schüchtern bezeichnet, könnte diese Vorstellun­g buchstäbli­ch im Kind verankern. Hier rät die Referentin, die Wortwahl in eine neutrale oder positive Wortwahl zu ändern: So kann ein „schüchtern­es“Kind neutraler bzw. wertschätz­ender als „zurückhalt­end“bezeichnet werden. Schüchtern zu sein wird dem Kind so gar nicht erst mit Worten suggeriert.

„Kein Mensch verwendet absichtlic­h negative Worte“, weiß die Diplom-Pädagogin. Damit sich Menschen ihrer Worte wieder mehr bewusst werden, gibt es den Vortrag mit dem Titel „Worte, die starkmache­n“im AWO-Haus der Familie. Dabei ist der Ansatz der Referentin ein einfacher: „Ich möchte Samenkörne­r säen“, verrät Christine Opitz und bemüht damit eine Metapher, die sagen will: Menschen sollten sich ihrer Sprache und ihrer Wortwahl wieder mehr bewusst werden.

Wer den Spickzette­l aus Christine Opitz’ Vortrag zur Hand nimmt, hat im Alltag immer wieder die Möglichkei­t, neue Worte und Sprachmust­er auszuprobi­eren und sich von deren positiven Wirkung überrasche­n zu lassen. „Wir alle brauchen Liebe und Anerkennun­g, damit wir stark werden und zwar auch in Worten“, erklärt die Fachfrau.

 ?? Foto: Firma V - stock.adobe.com ?? Konsequenz ist in der Erziehung wichtig. Bei einem Vortrag in Stadtberge­n gibt es wertvolle Tipps.
Foto: Firma V - stock.adobe.com Konsequenz ist in der Erziehung wichtig. Bei einem Vortrag in Stadtberge­n gibt es wertvolle Tipps.

Newspapers in German

Newspapers from Germany