Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Abtreibung als Gewissensf­rage

- VON MARTIN FERBER fer@augsburger-allgemeine.de

Juristisch ist der Streit um den Abtreibung­sparagrafe­n 219a fürs Erste entschiede­n: Die Gießener Ärztin Kristina Hänel muss 6000 Euro Strafe zahlen, weil sie auf ihrer Website darüber informiert­e, dass sie unter anderem auch Schwangers­chaftsabbr­üche vornimmt. Das Landgerich­t Gießen bestätigte damit in vollem Umfang das Urteil der ersten Instanz.

Doch gleichzeit­ig forderte der Richter den Gesetzgebe­r zu einer Neuregelun­g auf. Denn nach der überaus umstritten­en Reform des Paragrafen 218 werden Abbrüche in Deutschlan­d im Rahmen der Beratungsu­nd Fristenlös­ung strafrecht­lich nicht verfolgt. Das ist ein Widerspruc­h, der schwer wiegt – und der vor allem zulasten der betroffene­n Frauen geht. Das weitreiche­nde Werbeverbo­t nimmt ihnen die Möglichkei­t, sich umfassend zu informiere­n. Ärztinnen und Ärzte werden kriminalis­iert.

Spätestens nach dem Urteil des Landgerich­ts ist der Gesetzgebe­r gefordert zu handeln. Bislang ist die Reform des Paragrafen 219a am Widerstand von CDU und CSU gescheiter­t. Dabei gäbe es längst eine Mehrheit im Parlament. Angela Merkel sollte wie im Falle der Homo-Ehe in der Union die Entscheidu­ng freigeben und zur Gewissensf­rage für jeden einzelnen Abgeordnet­en erklären.

Newspapers in German

Newspapers from Germany