Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Vor Kindern macht sie keine Faxen
Theater 30 Jahre spielt Karla Andrä schon auf der Bühne. Ihr eigenes Fakstheater gründete sie zusammen mit Josef Holzhauser vor 25 Jahren. Jetzt feiern sie ein Jubiläumswochenende
Einige ihrer Stücke sind Augsburger Klassiker geworden: „Gute Nacht mein Bär“, „Kleine Raupe“, „Jollys Schnee“. Eltern und Großeltern erinnern sich mit Freude an die Aufführungen von Karla Andrä und ihrem Fakstheater, wenn sie mit ihren Kindern und Enkeln wieder hingehen. Es waren oft ihre ersten Theatererfahrungen – die Verwandlung der Schauspielerin in eine Spielfigur, ihr Kostüm, ihre Erzählung, ihre kleinen Requisiten wie aus der Spielkiste, ihre Lieder. Karla Andrä achtete immer darauf, alle Sinne anzusprechen. Bei „Jollys Schnee“riecht es sogar nach Vanillinzucker.
Vor gut 30 Jahren hatte sie der damalige Intendant Helge Thoma am Stadttheater Augsburg engagiert. Das war 1987. Sie hatte in Dresden Schauspiel studiert, an der Landesbühne debütiert und zuletzt in Innsbruck gespielt. In Augsburg bekam sie bald eine große Rolle – die Maria Stuart in Schillers Drama und zum Ausgleich einen Part im Kultmusical „Linie 1“mit vielen Verwandlungen. Hier sollte auch ihr Privatleben eine neue Wendung nehmen: „Marias Lied“begleitete Josef Holzhauser – und Karla Andrä verliebte sich. Aus der Erfahrung der beliebten Weihnachtsmärchen am Stadttheater drängte es sie zum Kindertheater. Professionelles Schauspiel und anspruchsvolle Livemusik sollten zusammenklingen.
Karla kündigte bei den Bühnen und begann ihr eigenes Ding – oft unter einfachen Bedingungen mit wenigen Scheinwerfern, nackter Bürgerhaus- oder Kindergartenbühne und kaum Werbung. Aber es klappte, das Kulturhaus Abraxas wurde zum Stützpunkt und die Stadt gewährte jedes Jahr 10 000 Mark Zuschuss. „Eine gute Geschichte erzählen, Spannung aufbauen, körperlich spielen, aber nicht mit Reizen überladen – das funktioniert immer noch“, benennt sie ihre Philosophie. Die Fakser spielen mit Witz, Humor und Hintersinn, aber sie machen keine Faxen. Ohne Mitmachaktionen beziehen sie die Kinder harmonisch in das Spiel ein. „Wenn wir Kindertheater machen, bekommen die Kinder auch Lust auf großes Theater.“
Inzwischen hat sich Karla Andrä auf Lyrik verlegt. Das sei der Ursprung ihrer Schauspielerei. Sie, die Ostdeutsche, wagte sich in Augsburg an Brecht („ein Statement in seiner Vaterstadt“). Fünf Programme hat sie mittlerweile aufgelegt von „Brecht für Kinder“und „Fisch Fasch“bis zu „O Lust des Beginnens“. Oft spielt sie im Brechthaus, aber auch in Kirchen. „Du musst eine gewisse Reife bekommen, um Lyrik zu sprechen. Das lernst du nicht auf der Schauspielschule“, weiß sie. „Erst wenn ich jedes Wort verstanden habe, trage ich das Gedicht wie meine eigenen Worte vor.“
Mit ihren Musikern hat sie noch etwas für sich entdeckt: das traditionelle Kinderlied. „Das Liedgut droht in unserer Zeit verloren zu gehen. Aber es sind so schöne Verse und Melodien. Wir sind noch damit aufgewachsen.“Ihre „kleine Dickmadam“schickt sie auf die Reise mit der Eisenbahn, sie macht singend einen Spaziergang durch Frühling, Sommer, Herbst und Winter und am beliebtesten (stets ausverkauft“) wurde ihr Weihnachtsliederprogramm „Kinder kommt und ratet, was im Ofen bratet“.
Sogar Mozart hat Karla Andrä fürs Kindertheater erschlossen. Die „Wunderkindreise“macht mit dem Karriereweg des hochtalentierten Wolferls und seines ehrgeizigen Vaters Leopold bekannt – samt aller Kuriositäten der damaligen Epoche. „Im Mozartjahr 2019 bewerben wir uns damit für die Europäischen Mozartwege“, verrät sie. Erst einmal ist sie allerdings von den Freunden der Neuen Stadtbücherei engagiert für Auftritte in allen Leseinseln. Im November hat ihr Buchstabentheater („ganz allein, ohne Sepp“) Premiere. „Wir sind voll fleißig“, sagt sie nicht ohne Stolz.
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Info Das Fakstheater feiert mit dem Theaterstück „Kleine Raupe“am Samstag, 13. Oktober, um 15 Uhr und dem Jubiläumskonzert „Eine kleine Dickmadam“am Sonntag, 14. Oktober, um 15 Uhr jeweils im Abraxas.