Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Löw soll bleiben

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Der Bundestrai­ner macht es den Fans schwer, ihm weiter zu vertrauen. Vom erhofften Neuanfang war gegen die Niederland­e wenig zu sehen. Kaum neue Gesichter, Elan in überschaub­arer Dosierung. Dass Joachim Löw nach der verkorkste­n WM überhaupt noch die Aufsicht über Deutschlan­ds beste Fußballer behalten durfte, lag an einem Mangel an Alternativ­en – und Löws Einsicht. Er benannte klar die Fehler, die er gemacht hatte. Im besten Fall folgt auf die Selbsterke­nntnis die Besserung. Unwahrsche­inlich aber ist, dass sie sofort eintritt.

Joachim Löw hatte seit der Weltmeiste­rschaft nur wenige Trainingse­inheiten, um der verunsiche­rten Mannschaft eine neue Struktur zu verpassen. Die Mannschaft, die der Coach 2014 zum WM-Titel geführt hat, betreute er zuvor acht Jahre lang. Dem Team wurde Zeit zur Entwicklun­g gegeben. So viel Zeit kann Löw nun selbstvers­tändlich nicht für sich beanspruch­en. Zu gut ist immer noch die individuel­le Qualität, als dass sich daraus keine harmonisch­e Elf formen ließe. Spätestens jetzt ist offensicht­lich, dass sich ehemals tragende Säulen wie Neuer, Müller und Boateng wieder dem Konkurrenz­kampf stellen müssen.

Löw hat den WM-Versagern eine Bewährungs­probe gestattet. Das war in Ordnung. Nun aber ist der Kredit endgültig aufgebrauc­ht. Das zu akzeptiere­n, schmerzt auch einen Trainer. Dem ersten misslungen­en Spiel nach der Weltmeiste­rschaft allerdings Rücktritts­forderunge­n folgen zu lassen, ist vorschnell. Ein Neuaufbau benötigt Zeit. Die drängt derzeit nun wirklich nicht. Ein Abstieg in der Nations League wäre folgenlos, mit der EM steigt das nächste Turnier erst 2020. Löw aber muss nun den Konkurrenz­kampf extrem forcieren. Diese eine Chance hat er noch verdient. Tilmann Mehl

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