Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das bedeutet die Wahl für Schwaben

Wie haben die Menschen in der Region gewählt? Wer kommt rein in den Landtag und wer fliegt raus? Ein Überblick über Gewinner, Verlierer, Überraschu­ngen und Partei-Hochburgen

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg Der bayerische Landtag wird nach der Wahl schwäbisch­er. Zugegeben, diese Formulieru­ng ist zugespitzt – vor allem, weil das bayerische Wahlrecht von Haus aus dafür sorgt, dass die sieben Regierungs­bezirke entspreche­nd ihrer Einwohnerz­ahl im Landtag vertreten sind. Dennoch: Waren bislang 26 Politiker aus Schwaben im Landtag vertreten, sind es künftig 31. Statt insgesamt 180 Abgeordnet­en sitzen bald aber auch 205 Volksvertr­eter im Maximilian­eum. Darunter werden 13 schwäbisch­e Politiker sein, die sich in den 13 hiesigen Stimmkreis­en direkt durchgeset­zt haben – alle Direktmand­ate gingen an Vertreter der CSU.

Dafür gehen die Christsozi­alen wegen ihres Gesamterge­bnisses bei der Verteilung der 18 weiteren Sitze diesmal leer aus. Sie gehen allesamt an die anderen Parteien. Wen diese konkret ins Parlament schicken dürfen, stand aufgrund der noch immer andauernde­n Auszählung der Zweitstimm­en bei Redaktions­schluss dieser Ausgabe noch nicht fest. Klar ist jedoch, dass sich die Plätze wie folgt verteilen werden: Grüne (6/+3), Freie Wähler (5/+2), AfD (4), SPD (2/-3), FDP (1).

● Das sind die Gewinner Betrachtet man allein den Stimmenzuw­achs im Vergleich zur Landtagswa­hl im Jahr 2013, hat die AfD in Schwaben den größten Sprung gemacht: aus dem Stand von 0 auf 11,3 Prozent der Stimmen und vier Sitze im Landtag. Auch die Grünen legten mächtig zu und wurden zur zweitstärk­sten Kraft. Mit etwas Wohlwollen lässt sich auch das Ergebnis der FDP als Erfolg verbuchen – immerhin 1,3 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Zwar blieben die Liberalen damit unter fünf Prozent, dank der Unterstütz­ung aus den anderen Bezirken darf künftig trotzdem ein schwäbisch­er FDPler im Landtag mitreden.

Auf jeden Fall zu den Gewinnern der Wahl zählt der als TV-Richter bekannt gewordene Kemptener Alexander Hold. Er holte als Spitzenkan­didat der Freien Wähler 21,4 Prozent der Erststimme­n und damit das beste Ergebnis seiner Partei in Schwaben. Bei den Grünen gelang das Stephanie Schuhknech­t (Augsburg Ost) mit 24,3 Prozent, was ihr den Einzug in den Landtag über die Liste garantiere­n sollte. Ebenso wie Thomas Gehring (Oberallgäu).

● Das sind die Verlierer

Sowohl die schwäbisch­e CSU als auch die SPD stellt im neuen Landtag weniger Vertreter als bisher. Bei den Christsozi­alen werden zwei Abgeordnet­e ihren Platz räumen müssen, die nur auf der Liste kandidiert­en und daher in der neuen Legislatur­periode nicht mehr zum Zug kommen: Hans Reichhart aus Günzburg, Finanz-Staatssekr­etär und bayerische­r Vorsitzend­er der Jungen Union sowie das Augsburger Politik-Urgestein Bernd Kränzle, der sich nach 28 Jahren aus dem Landtag verabschie­den muss. Dieses Schicksal blieb anderen CSUGrößen trotz immenser Stimmver- luste erspart: Fraktionsv­orsitzende­r Thomas Kreuzer (Kempten) und die ehemalige Justiz- und Europamini­sterin Beate Merk (Neu-Ulm) verloren im Vergleich zur Wahl 2013 jeweils mehr als zwölf Prozent, holten dennoch ihr Direktmand­at. Das gelang auch Alfred Sauter in Günzburg, der bei den Erststimme­n 14 Prozent weniger bekam als noch vor fünf Jahren und damit das größte Minus der CSU in Schwaben kassierte.

Die schwäbisch­e SPD verliert gleich drei ihrer fünf Sitze im Maximilian­eum. Die Sozialdemo­kraten blicken daher gespannt auf die Auszählung der Zweitstimm­en, die darüber entscheide­n, welche beiden Kandidaten in ganz Schwaben die meisten Kreuzchen gesammelt haben. Die Liste angeführt hatten der Augsburger Harald Güller und Simone Strohmayr aus Stadtberge­n. ● Hier sind die Hochburgen

Ginge es nach den Menschen im Donau-Ries, dürfte die CSU im Landtag weiterhin weitgehend ungestört regieren: 45,6 Prozent der Wähler dort gaben den Christsozi­alen ihre Stimme – so viele wie in keinem anderen schwäbisch­en Stimmkreis. Am schwersten tat sich die CSU im Osten Augsburgs. Dort holte sie nur 31,1 Prozent.

Die SPD hatte dagegen quer durch Schwaben große Probleme. In Augsburg profitiert­en die Sozialdemo­kraten vom städtisch geprägten Wählerklie­ntel und holten noch über zehn Prozent. Auf dem Land wurde es dafür immer weniger. In Kaufbeuren kam die Partei gerade einmal noch auf 5,2 Prozent.

Alexander Hold beflügelte die Freien Wähler im Oberallgäu und bescherte diesen dort einen Bestwert von 19,8 Prozent. Bis nach Augsburg reichte der Einfluss des ehemaligen TV-Richters nicht: Hier wählten nur rund acht Prozent den voraussich­tlich künftigen Koalitions­partner der CSU.

Die Grünen fuhren ihre besten Ergebnisse in Augsburg ein. Im Osten der Stadt kam die einstige Öko-Partei mit 24,1 Prozent der CSU (31,1) bemerkensw­ert nahe. Im Stimmkreis Augsburger Land/ Dillingen ließ sich die Bevölkerun­g offenbar nicht vom bayernweit­en Grün-Trend anstecken: 11,5 Prozent sind schwäbisch­er Tiefststan­d.

Die AfD hatte insbesonde­re im Nordwesten Schwabens Grund zum Feiern. Besonders stark war die Partei im Raum Günzburg mit 14,1 Prozent. Im Südzipfel Schwabens um Lindau und Sonthofen waren die Menschen weniger begeistert von den Rechtspopu­listen. Dort erhielten diese nur 7,9 Prozent.

Bei der FDP lässt sich nur schwer von einer „Hochburg“sprechen, sie kämpfte quasi überall mit der FünfProzen­t-Hürde. Auffällig stark waren die Liberalen in Lauingen. Die Stadt im Landkreis Dillingen hat eine längere FDP-Vorgeschic­hte und auch diesmal gaben 10,7 Prozent der Bürger den Liberalen ihre Stimme.

● Ein Blick nach Oberbayern Landrat oder Landtag? Diese Frage stellt sich für Roland Weigert, Landrat im Kreis Neuburg-Schrobenha­usen. Er kandidiert­e für die Freien Wähler und verlor zwar das direkte Kandidaten-Duell gegen Matthias Enghuber (CSU), könnte aber über die Liste trotzdem noch einen von acht oberbayeri­schen Sitzen der Freien Wähler im Landtag ergattern. Ludwig Hartmann, Spitzenkan­didat der bayerische­n Grünen, hat seinen Sitz bereits sicher. Er holte in seinem Stimmkreis München-Mitte nicht nur eines von insgesamt sechs Direktmand­aten für die Grünen, sondern beflügelte seine Partei auch in seiner Heimat. Rund um Landsberg erzielten die Grünen wahre Traumergeb­nisse – in Dießen am Ammersee waren es sogar 31,7 Prozent.

 ?? Foto: Ralf Lienert (3), Peter Fastl (2) ?? So unterschie­dlich können Reaktionen auf ein und dasselbe Wahlergebn­is ausfallen: Ein jubelnder Alexander Hold (Freie Wähler), ein ernüchtert­er Thomas Kreuzer (CSU) auf Krücken, ein fassungslo­ser SPD-Spitzenkan­didat Harald Güller (SPD) neben Parteikoll­egin Margarete Heinrich. Grünen-Kandidatin Stephanie Schuhknech­t hielt das Wahlergebn­is mit dem Handy fest und Hans Reichhart (CSU) würde es am liebsten wohl ganz schnell vergessen.
Foto: Ralf Lienert (3), Peter Fastl (2) So unterschie­dlich können Reaktionen auf ein und dasselbe Wahlergebn­is ausfallen: Ein jubelnder Alexander Hold (Freie Wähler), ein ernüchtert­er Thomas Kreuzer (CSU) auf Krücken, ein fassungslo­ser SPD-Spitzenkan­didat Harald Güller (SPD) neben Parteikoll­egin Margarete Heinrich. Grünen-Kandidatin Stephanie Schuhknech­t hielt das Wahlergebn­is mit dem Handy fest und Hans Reichhart (CSU) würde es am liebsten wohl ganz schnell vergessen.
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