Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Prozess um Massenschlägerei am Königsplatz
Vor zwei Jahren sind in der Innenstadt mehr als 30 junge Menschen aufeinander losgegangen. Sie hatten Schlagringe dabei und sogar ein Messer. Vier Beteiligte standen jetzt in einem nicht-öffentlichen Verfahren vor Gericht
Es waren wilde Szenen, die sich vor zwei Jahren am Königsplatz abgespielt haben. An einem Abend im Oktober 2016 kam es auf dem zentralen Platz in der Innenstadt zu einer Massenschlägerei. Die Polizei berichtete damals, dass über 30 Personen darin verwickelt gewesen seien. Die Beteiligten waren vorbereitet. Sie hatten mehrere Schlagringe dabei. Auch ein Messer, ein Metallstock und ein Gürtel sollen als Waffen genutzt worden sein. Ein Beteiligter erlitt einen Bruch des Unterarms, durch einen Schlag mit einem Schlagring. Auch unbeteiligte Passanten gerieten nach Polizeiangaben zwischen die Fronten. Sie wurden umgestoßen und geschlagen.
Zwei Jahre später hatte die Massenschlägerei nun ein Nachspiel vor dem Amtsgericht. Vier junge Männer, zur Tatzeit waren sie zwischen 16 und 18 Jahre alt, saßen am Donnerstag wegen der Schlägerei auf der Anklagebank. Besonders schwerer Landfriedensbruch, so lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Zum Schutz der jungen Angeklagten fand der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Nach Informationen unserer Redaktion waren Streitigkeiten zwischen einem jungen Spätaussiedler und einem Asylbewerber aus Afrika der Auslöser für die Massenschlägerei. Einige Tage vor dem Zusammentreffen auf dem Königsplatz soll es bereits einen Konflikt am Oberhauser Bahnhof gegeben haben. Dabei sollen Jugendliche mit Wurzeln in der Ex-Sowjetunion und ein junger afrikanischer Flüchtling aneinandergeraten sein. Von Beleidigungen und Drohungen ist die Rede. Den Ermittlungen der Polizei zufolge vereinbarten die Kontrahenten, die Sache bei einem Treffen am Königsplatz auszutragen.
Die Streithähne sollen jeweils eine Reihe von Freunden und Bekannten informiert und sich so Verstärkung besorgt haben. Das Verhalten der Beteiligten sei eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“gewesen, so die Einschätzung der Staatsanwaltschaft. Als Polizeibeamte damals am Königsplatz eintrafen, rannten die Beteiligten der Schlägerei in alle Richtungen davon. Ein Teil der Schläger konnte ermittelt werden, viele blieben unbekannt.
Die nun angeklagten Männer hatten nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft unterschiedliche Rollen – und auch einen ganz unterschiedlichen Hintergrund. Drei sind Deutsche, darunter einer mit usbekischen und einer mit nigerianischen Wurzeln. Der Vierte stammt aus dem Kongo. Einer der Angeklagten soll das Treffen zu der Schlägerei mit vereinbart haben. Ein anderer dagegen kam nur verspätet hinzu, bei ihm stellte das Gericht das Verfahren schließlich auch ein. Er muss aber dennoch einen sozialen Trainingskurs besuchen. Zwei Angeklagte bekamen eine Verwarnung und müssen ebenfalls zum sozialen Training.
Gegen den vierten Angeklagten, den heute 18-jährigen Kongolesen, verhängt das Gericht eine Haftstrafe von zehn Monaten – auf Bewährung. Zudem muss er einen Kurs zum vernünftigen Umgang mit Alkohol besuchen. Er hatte sich am meisten zuschulden kommen lassen. Er hatte nicht nur bei der Schlägerei mitgemischt. Dazu kamen ein Fahrraddiebstahl und der Diebstahl eines Autos. Das Auto hatte er auf dem Gelände eines Gebrauchtwagenhandels gestohlen. Allerdings kam er – wohl mangels Fahrpraxis und Führerschein – nicht weit. Er kollidierte mit einem anderen Auto und landete in einem Gartenzaun.
Zum sozialen Hintergrund der Beteiligten wurde nichts bekannt, da der Prozess hinter verschlossenen Türen stattfand. Deshalb bleibt auch offen, weshalb die Sanktionen gegen drei Angeklagte mild ausfielen. Nach Informationen unserer Redaktion haben mehrere der Angeklagten inzwischen aber eine feste Beschäftigung oder Ausbildungsstelle. Sie kündigten offenbar auch an, sich aus dem alten Freundeskreis, durch den sie in die Schlägerei geraten waren, lösen zu wollen.
Zu Auseinandersetzungen unter Gruppen von jungen Migranten war es im Herbst 2016 und im Frühjahr 2017 gehäuft gekommen. Einer der Schauplätze war der Königsplatz. Es gab damals aber auch einen Polizeieinsatz im Osterfeldpark in Kriegshaber. Dort sei eine Massenschlägerei mit bis zu 100 Beteiligten gerade noch verhindert worden, teilte die Polizei damals mit. Den Erkenntnissen zufolge handelte es sich vor allem um Jugendliche mit Wurzeln im Irak, in Afghanistan und in der Türkei. Als zahlreiche Streifen anrückten, skandierten einige der Jugendlichen Parolen wie „Drecks-Deutschland“und „Nazi-Bullen“.
Inzwischen hat sich die Situation allerdings wieder deutlich beruhigt. Vor allem am Königsplatz zeigte die Polizei verstärkt Präsenz, als sich dort Zwischenfälle häuften. Mehrfach gab es auch groß angelegte Kontrollaktionen. Das habe zu einer Beruhigung und zu einem Rückgang bei den auf dem Platz registrierten Straftaten geführt, heißt es bei der Polizei. Weil der Kö aber weiter als ein Schwerpunkt für Straftaten gilt, soll noch in diesem Jahr eine Videoüberwachung in Betrieb genommen werden.