Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sie leistet Hilfe für die Helfer
Astrid Zimmermann betreut als Integrationslotsin die Ehrenamtlichen im Augsburger Land, die sich für Flüchtlinge einsetzen. Viele Freiwillige sind zeitlich und emotional überlastet
Landkreis Augsburg Die einen brauchen Deutschnachhilfe oder Unterstützung bei der Suche nach einer Wohnung. Andere freuen sich dagegen einfach über Gesellschaft und die Gelegenheit, sich auszusprechen und sich jemandem anzuvertrauen. 1500 Flüchtlinge leben momentan im Landkreis Augsburg. Ohne die Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer wäre es unmöglich für sie, sich in ihrer neuen Heimat zurechtzufinden und sich einzuleben. Davon ist Astrid Zimmermann überzeugt.
Sie ist seit Januar 2018 die Integrationslotsin im Landkreis Augsburg. 75 solcher Lotsinnen gibt es in ganz Bayern, die Stellen werden zum Großteil vom Freistaat finanziert. Ihre Aufgabe ist es, alle Akteure im Bereich Migration, zum Beispiel Behörden, Fachstellen, Initiativen und Verbände, zu vernetzen. Außerdem kümmert sich Astrid Zimmermann um alle ehrenamtlichen Helfer, die sich freiwillig für Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund im Landkreis einsetzen. Doch sie stellt fest: „Die Helferkreise werden kleiner, immer weniger Menschen wollen sich freiwillig für Geflüchtete engagieren.“
Als im Jahr 2015 der Großteil der Flüchtlinge nach Deutschland kam, gründeten sich im Landkreis Augsburg mehr als 40 Helferkreise mit rund 1500 Ehrenamtlichen. Mittlerweile sind es 35 Gruppen mit ungefähr 300 Helfern. „Wir brauchen sie. Denn die Hauptamtlichen könnten gar nicht alle Aufgaben abfangen.“
Dass sich die Helfer aus dem Ehrenamt zurückziehen, hat laut Astrid Zimmermann verschiedene Gründe. Die Integrationslotsin vermutet zum einen, dass sich kaum noch Menschen freiwillig melden, weil das Thema in den Medien nicht mehr so präsent ist, immer wieder Unterkünfte schließen und weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen. „Andererseits geht dieses Engagement dauerhaft auch an die Substanz“, sagt Zimmermann. Die Freiwilligen betreuen viele Schicksale, die Flüchtlinge sind teilweise traumatisiert. „Das lässt die Helfer natürlich nicht unberührt. Nach ihrem jahrelangen Engagement sind sie emotional, aber auch zeitlich oft überlastet.“
Als Integrationslotsin unterstützt Astrid Zimmermann die Helfer mit verschiedenen Angeboten. Sie lädt zum Beispiel ein zu Gesprächsrunden, dort können sich die Helfer unter fachlicher Gesprächsleitung austauschen und sich ihre Enttäuschungen und Belastungen von der Seele reden.
„Schwierig wird die Situation besonders, wenn Flüchtlinge abgeschoben werden“, sagt Zimmermann. Denn zwischen den Helfern und den Geflüchteten entsteht oft eine Beziehung. Das unterscheidet sie von den professionellen Beratern, die emotional auf Distanz gehen. „Ich muss für die Helfer deshalb Beratungsangebote schaffen, die sie auf die Situation vorbereiten. Ihnen muss klar sein: Es ist eine Begleitung auf Zeit, der Abschied kann jederzeit kommen.“
Damit die Helfer sich nicht zu viel aufbürden und damit auch neue Helfer gewonnen werden können, versucht Zimmermann jetzt gemeinsam mit der Migrationsberatung, neue Konzepte zu erarbeiten. Eine Idee ist zum Beispiel, dass sich die Helfer als Jobpaten für geflüchtete Frauen oder Wohnungspaten einsetzen. „Die Helfer stehen dann nicht rund um die Uhr bereit, sondern es gibt einen klar umgrenzten zeitlichen und thematischen Rahmen. Sie nehmen sich dann etwa zwei Stunden pro Woche Zeit, um die Geflüchteten bei einem konkreten Problem zu begleiten.“
Solche Angebote werden von den Geflüchteten gern wahrgenommen, sagt Zimmermann. Sie sind sehr froh, dass es Menschen gibt, die beispielsweise mit ihnen zu Behörden gehen oder Formulare ausfüllen. „Es hat sich mittlerweile eingespielt, dass es ein Netzwerk an ehrenamtlichen Helfern gibt. Das wissen die Geflüchteten.“
Um dieses Netzwerk stabil zu halten, pflegt Integrationslotsin Astrid Zimmermann den Kontakt zu den Helfern genauso wie zu den Bürgermeistern der Gemeinden und den Behörden. Sie ist viel im gesamten Landkreis unterwegs, um die Ehrenamtlichen vor Ort zu unterstützen. „Denn ohne die freiwilligen Helfer wäre Integration nicht möglich.“