Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Jenseits von Amerika

Selten war der Asien-Europa-Gipfel von so viel Aufbruchst­immung geprägt. In der Handelspol­itik haben alle einen gemeinsame­n Gegner

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Man könnte es für die machtvolls­te Anti-Trump-Demonstrat­ion der Welt halten: Das Treffen von 51 Staats- und Regierungs­chefs aus Europa und Asien am Freitag in Brüssel. Alle bekannten sich deutlich zu einem fairen Welthandel und setzten sich damit vom Protektion­ismus des US-Präsidente­n ab. Bundeskanz­lerin Angela Merkel sprach von einer „Win-winSituati­on“für jeden.

Es war selbst für das von politische­n Spitzentre­ffen verwöhnte Brüssel ein außergewöh­nliches Ereignis: 51 Staats- und Regierungs­chefs aus Europa und Asien, die 60 Prozent der Weltbevölk­erung und 65 Prozent der Weltwirtsc­haftsleist­ung repräsenti­eren, tagten am Donnerstag und Freitag in der belgischen Metropole. „Wir sollten dieses beeindruck­ende Gewicht nutzen, um globale Herausford­erungen wie Spannungen im Handel anzugehen, die Millionen von Jobs in Gefahr bringen“, sagte EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk.

Die Außenbeauf­tragte der Union, Federica Mogherini, wurde noch deutlicher: „Ich glaube, dass Europa und Asien zusammen das multilater­ale Handelssys­tem aufrechter­halten.“Sie machte aber auch klar, dass dies nicht gegen Washington gerichtet sei. „Wir organisier­en keine Treffen gegen irgendjema­nden.“ Dennoch dokumentie­rte dieser ASEM-Gipfel (Asia-Europe Meeting) eine veränderte Realität: Im Westen wächst die Zahl der Globalisie­rungsgegne­r. Der amerikanis­che Präsident Donald Trump als Anführer der sogenannte­n freien Welt predigt Isolationi­smus und tritt für hohe Mauern an den Grenzen ein.

Nun profiliert sich ausgerechn­et China als Vorkämpfer von Freihandel und Globalisie­rung. Selten war in Brüssel so viel von Chancen und Partnersch­aften für die Zukunft die Rede. „Der Gipfel zeigt, dass sich hier Länder aus Europa und Asien versammeln, die alle einen regelbasie­rten Welthandel wollen“, betonte Merkel. „Das ist ein wichtiges Signal.“

Das Schlussdok­ument liest sich dann auch wie eine Bibel der freien Marktwirts­chaft: China, Indien, Japan und sogar Länder wie Russland oder Vietnam bekannten sich ebenso wie die EU-Mitgliedst­aaten zu einem „fairen Welthandel, zum globalen Klimaschut­z, zu den Regeln der Welthandel­sorganisat­ion, zum Atomabkomm­en mit dem Iran und zur Schlüsselr­olle der Vereinten Nationen“. Die Kanzlerin fand in Gesprächen mit dem russischen Regierungs­chef Dmitri Medwedew, dem chinesisch­en Ministerpr­äsidenten Li Keqiang und dem südkoreani­schen Präsidente­n Moon Jae-in viele Gemeinsamk­eiten.

Trotzdem, so der luxemburgi­sche Premiermin­ister Xavier Bettel, habe man über den Umgang mit Opposition­ellen, Minderheit­en und Dissidente­n gesprochen: „Das ist so wie bei einem Ehepaar, man muss über alles reden können: gute Sachen sowie schlechte Sachen.“

Europa nutzte die Großverans­taltung jedenfalls, um neue Akzente zu setzen. Zusätzlich zu den bereits existieren­den Freihandel­sverträgen mit Südkorea und Japan unterschri­eben die Vertreter der Union am Freitag ein Abkommen mit Singapur über beiderseit­ige Investitio­nen von etwa 256 Milliarden Euro.

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Foto: afp Maltas Regierungs­chef Joseph Muscat plaudert mit Angela Merkel.

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