Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Warum es am Ende meistens teurer wird
Theater, Linie 5, Hauptbahnhof: Bei den größten Bauprojekten lief und läuft es nicht rund. Dass sie teurer und komplexer werden als gedacht, ist gar nicht das Problem – sondern dass vorher immer beschwichtigt wird
Fünf Millionen Euro könnte es kosten, Überreste der alten Stadtmauer, die in der Baugrube am Theater gefunden wurden, zu erhalten. Ein Klacks, kann man angesichts der Investitionskosten von 186,3 Millionen Euro sagen – das sind rund 2,5 Prozent. Aber fünf Millionen Euro sind auch für die Stadt Augsburg viel Geld – der prozentuale Vergleich zeigt eher, was für ein großer Brocken die Theatersanierung insgesamt ist.
Über das Für und Wider des Erhalts der Mauer kann man streiten. Der Stadtrat lässt sich mit gutem Grund Zeit für eine Entscheidung. In der Sitzung kommende Woche steht das Thema jedenfalls noch nicht auf der Tagesordnung.
Es soll an dieser Stelle aber auch um einen anderen Aspekt gehen. Der unerwartete Archäologenfund könnte ein Vorgeschmack sein auf die Dinge, die bei der weiteren Sanierung erst noch kommen.
Man muss kein Zweifler wie Stadtrat Volker Schafitel (Freie Wähler) sein, der ein Szenario von einer Verdoppelung der Kosten an die Wand malt, um solche Befürchtungen zu hegen: Die Theatersanierung ist ja schon jetzt teurer geworden, als zunächst verlautbart wurde. Die Frage nach der Zinsbelastung für die Kredite war von der Stadtregierung immer weggelächelt worden – jetzt sind es elf Millionen Euro, die noch obendrauf kommen. Und der sogenannte Kostenpuffer ist inzwischen von 22 Millionen Euro auf zwei Millionen zusammengeschmolzen. Die Stadt sagt, es sei klar gewesen, dass diese Reserve im Zuge der genaueren Bauuntersuchungen schrumpfen würde und man vor bösen Überraschungen nun weitgehend sicher sei. Man muss sich andererseits vor Augen halten, dass die Hauptbauarbeiten noch gar nicht begonnen haben. Und dann ist da noch der Punkt, dass die Baukonjunktur brummt. Für steigende Baupreise kann die Stadt nichts, aber die in der Kalkulation zugrunde gelegte Verteuerung von zwei Prozent jährlich hält nach derzeitigem Stand mit der Realität nicht Schritt. Die Stadt hat zwar angekündigt, im Falle von Kostensteigerungen am Erweiterungsbau sparen zu wollen, doch ob der Freistaat bei einer „kleinen Lösung“an einem Staatstheater mitmacht, ist ungewiss.
Das Thema Kostensteigerung und Komplikationen trifft auch andere Großprojekte in Augsburg: Bei der Straßenbahnlinie 5 wurde diese Woche bekannt, dass der Zeit- plan aufgrund nötiger Umplanungen eng wird – Verzögerungen über 2024 hinaus sind wahrscheinlich. Und auch hier ist absehbar, dass es teurer wird, sollte die Bürgermeister-Ackermann-Straße auf sechs Spuren verbreitert werden müssen. Die Idee, das Projekt aufzuspalten und in zwei Schritten genehmigen zu lassen, ist der Versuch, die blamable Situation zu vermeiden, dass der Bahnhofstunnel 2023 fertig wird und keine Tram durchfahren kann. Immerhin sieht es so aus, als ob das gelingen könnte.
Und das nächste Thema könnte der Hauptbahnhof werden: Zuletzt wurden auch hier im Drei-Jahres-Rhythmus Kostensteigerungen bekannt gegeben. Noch ist die gesetzte Kostenobergrenze von 193 Millionen Euro nicht erreicht, aber zuletzt gab es einen Sprung von 159 auf 181 Millionen Euro. Wie die Ergebnisse der Ausschreibung für den Bau der unterirdischen Haltestelle vom Frühjahr ausgefallen sind – ein dicker Brocken in der Kalkulation – ist noch nicht bekannt, aber bei den letzten Ausschreibungen kam man mit den kalkulierten drei Prozent Baupreissteigerung nicht hin.
All diese Probleme liegen nicht an der Unfähigkeit von Planern. Es gibt ja auch genug Projekte der öffentlichen Hand in Augsburg, die pünktlich und kostengenau fertiggestellt werden. Und fairerweise muss man sagen, dass am Anfang eines jahrelangen Millionenprojekts nicht alle Einzelheiten, seien es Kosten oder bautechnisches Vorgehen, feststehen können. Aber es fällt auch auf, dass bei umstrittenen Projekten diese Dinge von der Politik kleingeredet werden, vermutlich um die Vorhaben „gängiger“zu machen. Denn sind sie erst einmal in der Umsetzung, sind sie nicht mehr zu stoppen. Das macht es beim aktuellen Projekt – das ja trotz Kostensteigerung sinnvoll und nötig sein mag – einfacher. Doch beim nächsten Vorhaben kann es sein, dass die Bürger sich daran erinnern.
Ist ein Projekt im Bau, wird es nicht mehr gestoppt