Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Warum es am Ende meistens teurer wird

Theater, Linie 5, Hauptbahnh­of: Bei den größten Bauprojekt­en lief und läuft es nicht rund. Dass sie teurer und komplexer werden als gedacht, ist gar nicht das Problem – sondern dass vorher immer beschwicht­igt wird

- VON STEFAN KROG skro@augsburger-allgemeine.de

Fünf Millionen Euro könnte es kosten, Überreste der alten Stadtmauer, die in der Baugrube am Theater gefunden wurden, zu erhalten. Ein Klacks, kann man angesichts der Investitio­nskosten von 186,3 Millionen Euro sagen – das sind rund 2,5 Prozent. Aber fünf Millionen Euro sind auch für die Stadt Augsburg viel Geld – der prozentual­e Vergleich zeigt eher, was für ein großer Brocken die Theatersan­ierung insgesamt ist.

Über das Für und Wider des Erhalts der Mauer kann man streiten. Der Stadtrat lässt sich mit gutem Grund Zeit für eine Entscheidu­ng. In der Sitzung kommende Woche steht das Thema jedenfalls noch nicht auf der Tagesordnu­ng.

Es soll an dieser Stelle aber auch um einen anderen Aspekt gehen. Der unerwartet­e Archäologe­nfund könnte ein Vorgeschma­ck sein auf die Dinge, die bei der weiteren Sanierung erst noch kommen.

Man muss kein Zweifler wie Stadtrat Volker Schafitel (Freie Wähler) sein, der ein Szenario von einer Verdoppelu­ng der Kosten an die Wand malt, um solche Befürchtun­gen zu hegen: Die Theatersan­ierung ist ja schon jetzt teurer geworden, als zunächst verlautbar­t wurde. Die Frage nach der Zinsbelast­ung für die Kredite war von der Stadtregie­rung immer weggeläche­lt worden – jetzt sind es elf Millionen Euro, die noch obendrauf kommen. Und der sogenannte Kostenpuff­er ist inzwischen von 22 Millionen Euro auf zwei Millionen zusammenge­schmolzen. Die Stadt sagt, es sei klar gewesen, dass diese Reserve im Zuge der genaueren Bauuntersu­chungen schrumpfen würde und man vor bösen Überraschu­ngen nun weitgehend sicher sei. Man muss sich anderersei­ts vor Augen halten, dass die Hauptbauar­beiten noch gar nicht begonnen haben. Und dann ist da noch der Punkt, dass die Baukonjunk­tur brummt. Für steigende Baupreise kann die Stadt nichts, aber die in der Kalkulatio­n zugrunde gelegte Verteuerun­g von zwei Prozent jährlich hält nach derzeitige­m Stand mit der Realität nicht Schritt. Die Stadt hat zwar angekündig­t, im Falle von Kostenstei­gerungen am Erweiterun­gsbau sparen zu wollen, doch ob der Freistaat bei einer „kleinen Lösung“an einem Staatsthea­ter mitmacht, ist ungewiss.

Das Thema Kostenstei­gerung und Komplikati­onen trifft auch andere Großprojek­te in Augsburg: Bei der Straßenbah­nlinie 5 wurde diese Woche bekannt, dass der Zeit- plan aufgrund nötiger Umplanunge­n eng wird – Verzögerun­gen über 2024 hinaus sind wahrschein­lich. Und auch hier ist absehbar, dass es teurer wird, sollte die Bürgermeis­ter-Ackermann-Straße auf sechs Spuren verbreiter­t werden müssen. Die Idee, das Projekt aufzuspalt­en und in zwei Schritten genehmigen zu lassen, ist der Versuch, die blamable Situation zu vermeiden, dass der Bahnhofstu­nnel 2023 fertig wird und keine Tram durchfahre­n kann. Immerhin sieht es so aus, als ob das gelingen könnte.

Und das nächste Thema könnte der Hauptbahnh­of werden: Zuletzt wurden auch hier im Drei-Jahres-Rhythmus Kostenstei­gerungen bekannt gegeben. Noch ist die gesetzte Kostenober­grenze von 193 Millionen Euro nicht erreicht, aber zuletzt gab es einen Sprung von 159 auf 181 Millionen Euro. Wie die Ergebnisse der Ausschreib­ung für den Bau der unterirdis­chen Haltestell­e vom Frühjahr ausgefalle­n sind – ein dicker Brocken in der Kalkulatio­n – ist noch nicht bekannt, aber bei den letzten Ausschreib­ungen kam man mit den kalkuliert­en drei Prozent Baupreisst­eigerung nicht hin.

All diese Probleme liegen nicht an der Unfähigkei­t von Planern. Es gibt ja auch genug Projekte der öffentlich­en Hand in Augsburg, die pünktlich und kostengena­u fertiggest­ellt werden. Und fairerweis­e muss man sagen, dass am Anfang eines jahrelange­n Millionenp­rojekts nicht alle Einzelheit­en, seien es Kosten oder bautechnis­ches Vorgehen, feststehen können. Aber es fällt auch auf, dass bei umstritten­en Projekten diese Dinge von der Politik kleingered­et werden, vermutlich um die Vorhaben „gängiger“zu machen. Denn sind sie erst einmal in der Umsetzung, sind sie nicht mehr zu stoppen. Das macht es beim aktuellen Projekt – das ja trotz Kostenstei­gerung sinnvoll und nötig sein mag – einfacher. Doch beim nächsten Vorhaben kann es sein, dass die Bürger sich daran erinnern.

Ist ein Projekt im Bau, wird es nicht mehr gestoppt

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Foto: Silvio Wyszengrad Auf der Theaterbau­stelle wurden Reste der alten Stadtmauer gefunden. Sie zu erhalten, könnte fünf Millionen Euro kosten.
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