Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Retter wollen freie Fahrt und neue Technik

Feuerwehre­n, Polizei, BRK und Pansuevia sehen in der Telematik viele Vorteile. Die dynamische­n Verkehrsze­ichen könnten auch helfen, ein Problem mit Lastwagen und Bussen zu lösen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Bringt ein Tempolimit mehr Sicherheit auf der A 8? Seit Dienstag können Leser online sowie telefonisc­h darüber abstimmen. Das Zwischener­gebnis: Über ein Drittel spricht sich für ein striktes Tempolimit aus. Genauso viele Leser wünschen sich ein Überholver­bot für Lastwagen. Beide Möglichkei­ten vereinen könnte die sogenannte Telematik. Sie steht bei Rettungskr­äften hoch im Kurs.

● Feuerwehr „Ich würde sie vorrangig begrüßen“, sagt der Kommandant der Gersthofer Feuerwehr, Wolfgang Baumeister. Er nennt auch einen konkreten Grund: Mit den dynamische­n Verkehrsze­ichen lassen sich unter anderem Überholver­bote anordnen und Fahrstreif­en sperren oder freigeben. Der Vorteil: Die Feuerwehr hat dann freie Fahrt und kommt schneller zum Unfall. Damit würde der Vergangenh­eit angehören, was den Rettern neuerdings immer wieder Ärger macht: Lastwagen und Busse wechseln am Stauende zwischen der rechten und der mittleren Spur in der Hoffnung, schneller vorwärtszu­kommen. Das Problem dabei: Sobald der Verkehr steht, stehen auch die mehrere Tonnen schweren Gefährte, die dann nicht mehr rangieren können, sich im schlimmste­n Fall verkeilen. Was Christian Kannler von der Feuerwehr in Neusäß außerdem übel aufstößt: Beinahe bei jedem zweiten Einsatz hätten Autofahrer, die eine Unfallstel­le passieren, ein Handy in der Hand – und filmten. Kannler: „Das ist Standard, so traurig das auch ist.“Oliver Ehrengrube­r von der Feuerwehr in Adelsried, der beruflich viel auf der Autobahn unterwegs ist, fällt immer wieder auf: „Ist die Verkehrsdi­chte hoch, dann wird immer noch zu schnell gefahren.“Ehrengrube­r befürworte­t die Telematik.

● Autobahnbe­treiber Auch Pansuevia-Geschäftsf­ührer Robert Schmidt hält die Telematik für sinnvoll – nämlich gerade dort, wo es ein erhöhtes Fahrzeugau­fkommen gibt. Angedacht ist die neue Technik derzeit am Verkehrskn­oten zwischen den Anschlusss­tellen Friedberg und Neusäß. Wie sie in der Praxis funktionie­rt, ist seit August an der B 17 im Süden von Augsburg zwischen Königsbrun­n-Süd und der Eichleit- nerstraße zu sehen: Dort schweben insgesamt sieben Tafeln über der Fahrbahn und greifen ein, wenn es eng wird. Apropos eng: Enge Rettungsga­ssen machen nicht nur den Feuerwehre­n zu schaffen, sondern auch der Pansuevia. Die Betreiberg­esellschaf­t schickt nämlich nach Unfällen die Kehrmaschi­ne los, die dann die Betonpiste reinigt. So war es auch am vergangene­n Montag, als es kurz vor Zusmarshau­sen zu einem folgenschw­eren Unfall gekommen war. Sechs Fahrzeuge waren verwickelt, vier Personen wurden verletzt, zwei davon schwer. Trauriger Höhepunkt des Unfalls: Ein Auto raste nach Angaben der Polizei mit hoher Geschwindi­gkeit gegen ein Pannenfahr­zeug, das auf der linken Spur zum Stehen gekommen war.

● Rettungsdi­enst In den Hauptreise­zeiten fährt er selbst mit dem Motorrad zu Rettungsei­nsätzen auf der Autobahn: Thomas Haugg. Der Ge- schäftsfüh­rer des BRK-Kreisverba­nds sagt: „Mit einem Tempolimit ließe sich vieles abmildern.“Sein Leitsatz: „Mit Tempo 180 ist alles, was ich gerade sehe, bereits Vergangenh­eit. Bis man reagiert und bremst, sind 100 bis 200 Meter schon weg.“

Auch sein Kollege Michael Gebler vom Stadtverba­nd plädiert für ein Tempolimit auf der A 8, am besten Tempo 120 zwischen Neusäß und Dasing, verbunden mit einem Überholver­bot für Laster. Auf Facebook schreibt er: „Was hier jeden Morgen los ist, spottet jeder Beschreibu­ng. Überholend­e Lkw, verbunden mit hirnlosen Rasern bei Stau an den Ausfahrten. Ein Wahnsinn!“

● Polizei Josef Sitterer, der Chef der Gersthofer Autobahnpo­lizei, ist ein Verfechter der Telematik. Er wünscht sich die intelligen­te Verkehrste­chnik, die situations­bezogen und kurzfristi­g Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen anzeigen kann, so schnell wie möglich. Seit dem A-8-Ausbau hat er festgestel­lt: Bei Unfällen sind die Folgen dramatisch­er als früher. Die häufigsten Unfallursa­chen: nicht angepasste Geschwindi­gkeit, Fehler beim Spurwechse­l und Unaufmerks­amkeit. Letztere ist auch ein Grund dafür, warum es an der Neusässer Abfahrt in Fahrtricht­ung Stuttgart häufiger kracht. Dort soll in Kürze ein blinkendes, zeitgesteu­ertes Stau-Vorwarnsch­ild aufgestell­t werden.

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Foto: Marcus Merk Lastwagen und Busse auf der mittleren Spur: Sie sind Rettungskr­äften ein Dorn im Auge, weil die Rettungsga­sse eng wird.

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