Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ihre Tauchgänge dienen dem Naturschutz
Der Verein „Untertaucher“sucht in Seen der Region nach Bierkästen, Fahrrädern und Einkaufswagen. Die Mitglieder nehmen im Wasser aber auch Proben der Pflanzen. Warum sie das tun
Der Verein heißt „Untertaucher“. Und seine Mitglieder suchen in den Seen der Region nach allem, was dort nicht hineingehört: Bierkästen, Fahrrädern und Einkaufswagen. Sie nehmen im Wasser auch Proben der Pflanzen. Warum, lesen Sie im
Region Neun Uhr, Samstag. Stille, Nebel und Enten überm Kaisersee. Direkt am Ufer, neben der heimlich von Badegästen angebrachten, morschen Holztreppe, stehen vier Autos mit offenen Heckklappen auf der Liegewiese. Drinnen lagern Sauerstoffflaschen, Unterwasserkameras und Anzüge. 14 Männer und Frauen sowie zwei Jugendliche vom Verein „Untertaucher“bereiten ihren ersten Naturschutz-Taucheinsatz im Kaisersee vor.
Gruppenführer Werner Greulich hat fünf Teams eingeteilt. Heute sind es sechs Männer und vier Frauen. Alle haben eine Zusatzausbildung zum Naturschutztaucher und sollen Proben der Unterwasser-Flora nehmen. Eine regelmäßige Beobachtung der Pflanzen liefert Hinweise auf die Entwicklung eines Gewässers. Insgesamt 15 Sportler der „Untertaucher“wurden in diesem Jahr beim Bund Naturschutz (BUND) nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie zertifiziert. Im Sommer haben sie schon den Friedberger See und der Lechfischersee in Kissing abgegrast. Sie bestimmen die Pflanzen und analysieren sie unterm vereinseigenen Elektronenmikroskop. Zur Dokumentation werden die Gewächse anschließend gepresst. Vereinsvorstand Michael Lierheimer hofft, dass die Ergebnisse ihres Seen-Monitorings auch auf das Interesse von Landratsamt und Wasserschutzbehörden treffen.
Der Kaisersee besteht seit 1039. Im Osten liegt der Flughafen, im Norden und Süden Felder, nahebei verlaufen die Autobahn und eine vierspurige Bundesstraße. „Spannend wird es wohl an den Stellen werden, wo die Badegäste einsteigen. Welche Pflanzen finden sich der am Nordufer illegal gebauten Betontreppe? Wie wirkt sich das kontinuierliche Aufwühlen der Nährstoffe am Boden aus? Auf solche Fragen wollen wir mit diesem einstündigen Tauchgang Antworten finden“, erklärt Gruppenführer Werner Greulich, der die Teilnehmer auf ihre Mission vorbereitet und selbst mit in die Tiefe geht. Allerdings vermutet er, dass auch kurz vor der Landung abgelassenes Kerosin aus den Fliegern und Nitrat aus der Gülle auf den Feldern die Unterwasserwelt verändert hat.
14 Grad hat der See aktuell. Wirklich sportlich ist das nicht. Auch, dass er nur vier Meter tief ist, bedeutet keine besondere Herausforderung für Siegfried Greulich. Erst ab 15 Meter Tiefe herrschten sechs Grad in Deutschlands Seen, erklärt der 60-Jährige, der seit 20 Jahren taucht und im Verein für die Reparatur der Anzüge zuständig ist. Er hat sich heute für den mit Glasfaser gefütterten Unterzieher und den wasserdichten Anzug entschieden. Aus der Sauerstoffflasche lässt sich Luft zwischen die beiden Anzüge blasen, die den Körper zusätzlich wärmt. Durch Ventile an Brust und Beinen kann er die Luft wieder rauspressen. Auf jedem Handgelenk sitzt eine Taucheruhr - Sicherheit hat oberste Priorität.
Eine Stunde lang dauern die Vorbereitungen und das Anlegen der 25 Kilo schweren Ausrüstung. Mit „Gut Luft!“geht’s ins Wasser, neuerliche Kontrolle von Technik, Reißverschlüssen und Unterwasserkameras.
Bekannt geworden ist der Verein mit seinen winterlichen Säuberungsaktionen. Jährlich suchen zehn Taucher in etwa sechs Seen der Region nach Bierkästen, Fahrrädern und Einkaufswagen. Inzwischen hanahe ben sie professionelle Hebesäcke zur Bergung.
Manchmal geht Keith Minehard im Vorfeld mit einer Drohne über den See. „Kühlschränke kann man dann schon erkennen und sich besser vorbereiten“, erklärt er. Er war es auch, der 2017 die Ausbildung zum Naturschutztaucher nach Augsburg holte.
„Heuer werden wir die Umweltbildung ausbauen und ein wenig die Stimmung zwischen Badegästen, Fischereivereinen und Tauchern ausloten“, erklärt er. Denn außer dem städtischen Friedberger See gehören die Gewässer Fischereivereinen und sind damit Privatgrund. Ausufernde Partys, illegale Treppen und andere Einbauten sorgten schon oft für Konflikte mit den Pächtern. Auch die Taucher selbst sind nicht immer gern gesehen. Deswegen würden sie gern alle Seiten zusammenbringen. „Für die gemeinsame entspannte Nutzung unserer Seen“, erläutert Minehard.
Zur Dokumentation werden die Gewächse gepresst
Sicherheit hat oberste Priorität