Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Leben im Alter: Besuch in Neusässer Wohnanlage
Beim Tag der offenen Tür in der Neusässer Wohnanlage wird klar: Betreutes Wohnen ist anders als ein Pflegeheim
Senioren zeigen beim Tag der Offenen Tür in einer Neusässer Wohnanlage ihre Wohnungen. Betreutes Wohnen unterscheidet sich stark von einem Pflegeheim. Worin die Unterschiede liegen wird bei einem Besuchstag in der Anlage deutlich. »
Neusäß Margot und Rudolf Strohmair denken schon seit Längerem darüber nach, ihre Lebenssituation zu verändern. Das Ehepaar hat eingesehen, dass der Zeitpunkt kommen wird, ab dem sie Hilfe brauchen und nicht mehr so unabhängig leben können, wie bisher. Deshalb haben sie sich beim Tag der offenen Tür der Seniorenwohnanlagen in Neusäß eine der größeren Wohnungen für Ehepaare angesehen.
„Irgendwann braucht man halt doch Hilfe“, sagt Rudolf Strohmair und seine Frau ergänzt: „Hier haben wir jemanden, man braucht es nur zu sagen.“
Die Wohnungen in den Seniorenwohnanlagen in Neusäß werden von der Stadt vermietet und vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) betreut. Petra Gröbner ist die Ansprechpartnerin für die Bewohner des Hauses in der Franzensbader Straße. Sie erklärt, welche Vorteile es hat, in der Seniorenwohnanlage zu leben. Ein Beispiel ist der Bewegungsmelder, der Alarm gibt, wenn sich einen Tag lang nichts in der Wohnung rührt. Außerdem verfügt jede Wohnung über einen Hausnotruf, über den die Bewohner Tag und Nacht Hilfe holen können.
Petra Gröbner ist nicht nur An- sprechpartnerin in Notfällen. Für die Bewohner der Wohnanlage kümmert sie sich auf Wunsch auch um Arzttermine und Krankenhausaufenthalte, organisiert Fahrdienste oder Unterstützung beim Einkaufen. Es gibt gemeinschaftliche Unternehmungen und Zusammenkünfte „für jeden, der möchte“, sagt Gröbner. Außerdem können die Bewohner eine Putzhilfe in Anspruch nehmen und für alle, die nicht mehr mobil sind, kommen Ärzte ins Haus. „Wer das Haus nicht mehr verlassen kann, muss das auch nicht tun.“Nur bei geistigen Problemen, wie beispielsweise Demenz, stoße das betreute Wohnen an seine Grenzen.
Die Betreiber wollen die Anlage auch von einem Pflegeheim abgrenzen. Viele hätten eine falsche Vorstellung vom betreuten Wohnen. „Die Senioren sollen hier eigenständig bleiben, aber die Möglichkeit haben, Hilfe zu bekommen“, erklärt Gröbner. „Betreuung bedeutet nicht Pflege“, sagt auch ihre Kollegin Claudia Neubig, die ebenfalls Gruppen durch die Anlage führt. „Unsere Bewohner sind positiv eingestellt und vermieten ihre Wohnungen schon fast selbst weiter“, betont Neubig.
Das stimmt: Viele Ehepaare und Singles öffnen am Tag der offenen Tür ihre Wohnungen zur Besichti- gung. Ein Ehepaar empfängt die Besucher besonders freudig. Auf dem Herd köchelt das Abendessen und die Sonne scheint auf den Balkon. Die beiden möchten ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, erklären aber gerne, warum sie ihre Wohnung für die Besucher öffnen: „Wir sind selbst vor acht Jahren hier eingezogen, weil wir in unserer alten Wohnung einfach nicht mehr angenehm leben konnten. Damals hatten auch wir die Möglichkeit zur Besichtigung, das muss einfach sein.“
Beim Tag der offenen Tür gibt’s auch die Möglichkeit, sich anzumelden. Es sei wichtig, frühzeitig darüber nachzudenken, in eine betreute Anlage einzuziehen, sagen sowohl Gröbner als auch Neubig. Sie versuchen, das auch ihren Gästen klarzumachen. In der Wohnanlage gibt es aktuell keine freien Wohnungen, die Besucher haben allerdings die Möglichkeit, sich auf die Warteliste setzten zu lassen.
Unverbindlich auf der Warteliste stehen nach dem Tag der offenen Tür auch Joachim und Margitta Eitner aus Neusäß. Das Ehepaar hat sich für die Anmeldung entschieden. Joachim Eitner wünscht sich einen sonnigen Balkon. Auch die Nähe zum Park spricht für die Anlage. „Den kennen wir. Da waren wir früher mit unseren Kindern spazieren.“