Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Leben im Alter: Besuch in Neusässer Wohnanlage

Beim Tag der offenen Tür in der Neusässer Wohnanlage wird klar: Betreutes Wohnen ist anders als ein Pflegeheim

- VON TOBIAS KARRER

Senioren zeigen beim Tag der Offenen Tür in einer Neusässer Wohnanlage ihre Wohnungen. Betreutes Wohnen unterschei­det sich stark von einem Pflegeheim. Worin die Unterschie­de liegen wird bei einem Besuchstag in der Anlage deutlich. »

Neusäß Margot und Rudolf Strohmair denken schon seit Längerem darüber nach, ihre Lebenssitu­ation zu verändern. Das Ehepaar hat eingesehen, dass der Zeitpunkt kommen wird, ab dem sie Hilfe brauchen und nicht mehr so unabhängig leben können, wie bisher. Deshalb haben sie sich beim Tag der offenen Tür der Seniorenwo­hnanlagen in Neusäß eine der größeren Wohnungen für Ehepaare angesehen.

„Irgendwann braucht man halt doch Hilfe“, sagt Rudolf Strohmair und seine Frau ergänzt: „Hier haben wir jemanden, man braucht es nur zu sagen.“

Die Wohnungen in den Seniorenwo­hnanlagen in Neusäß werden von der Stadt vermietet und vom Bayerische­n Roten Kreuz (BRK) betreut. Petra Gröbner ist die Ansprechpa­rtnerin für die Bewohner des Hauses in der Franzensba­der Straße. Sie erklärt, welche Vorteile es hat, in der Seniorenwo­hnanlage zu leben. Ein Beispiel ist der Bewegungsm­elder, der Alarm gibt, wenn sich einen Tag lang nichts in der Wohnung rührt. Außerdem verfügt jede Wohnung über einen Hausnotruf, über den die Bewohner Tag und Nacht Hilfe holen können.

Petra Gröbner ist nicht nur An- sprechpart­nerin in Notfällen. Für die Bewohner der Wohnanlage kümmert sie sich auf Wunsch auch um Arzttermin­e und Krankenhau­saufenthal­te, organisier­t Fahrdienst­e oder Unterstütz­ung beim Einkaufen. Es gibt gemeinscha­ftliche Unternehmu­ngen und Zusammenkü­nfte „für jeden, der möchte“, sagt Gröbner. Außerdem können die Bewohner eine Putzhilfe in Anspruch nehmen und für alle, die nicht mehr mobil sind, kommen Ärzte ins Haus. „Wer das Haus nicht mehr verlassen kann, muss das auch nicht tun.“Nur bei geistigen Problemen, wie beispielsw­eise Demenz, stoße das betreute Wohnen an seine Grenzen.

Die Betreiber wollen die Anlage auch von einem Pflegeheim abgrenzen. Viele hätten eine falsche Vorstellun­g vom betreuten Wohnen. „Die Senioren sollen hier eigenständ­ig bleiben, aber die Möglichkei­t haben, Hilfe zu bekommen“, erklärt Gröbner. „Betreuung bedeutet nicht Pflege“, sagt auch ihre Kollegin Claudia Neubig, die ebenfalls Gruppen durch die Anlage führt. „Unsere Bewohner sind positiv eingestell­t und vermieten ihre Wohnungen schon fast selbst weiter“, betont Neubig.

Das stimmt: Viele Ehepaare und Singles öffnen am Tag der offenen Tür ihre Wohnungen zur Besichti- gung. Ein Ehepaar empfängt die Besucher besonders freudig. Auf dem Herd köchelt das Abendessen und die Sonne scheint auf den Balkon. Die beiden möchten ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, erklären aber gerne, warum sie ihre Wohnung für die Besucher öffnen: „Wir sind selbst vor acht Jahren hier eingezogen, weil wir in unserer alten Wohnung einfach nicht mehr angenehm leben konnten. Damals hatten auch wir die Möglichkei­t zur Besichtigu­ng, das muss einfach sein.“

Beim Tag der offenen Tür gibt’s auch die Möglichkei­t, sich anzumelden. Es sei wichtig, frühzeitig darüber nachzudenk­en, in eine betreute Anlage einzuziehe­n, sagen sowohl Gröbner als auch Neubig. Sie versuchen, das auch ihren Gästen klarzumach­en. In der Wohnanlage gibt es aktuell keine freien Wohnungen, die Besucher haben allerdings die Möglichkei­t, sich auf die Warteliste setzten zu lassen.

Unverbindl­ich auf der Warteliste stehen nach dem Tag der offenen Tür auch Joachim und Margitta Eitner aus Neusäß. Das Ehepaar hat sich für die Anmeldung entschiede­n. Joachim Eitner wünscht sich einen sonnigen Balkon. Auch die Nähe zum Park spricht für die Anlage. „Den kennen wir. Da waren wir früher mit unseren Kindern spazieren.“

 ?? Foto: Andreas Lode ?? Betreuungs­fachkraft Petra Gröbner (rechts) zeigt Olga Brod, Pia Chiout und Elli Dederer (von links) beim Tag der Offenen Tür eine Wohnung in der Seniorenwo­hnanlage Franzensba­der Straße.
Foto: Andreas Lode Betreuungs­fachkraft Petra Gröbner (rechts) zeigt Olga Brod, Pia Chiout und Elli Dederer (von links) beim Tag der Offenen Tür eine Wohnung in der Seniorenwo­hnanlage Franzensba­der Straße.

Newspapers in German

Newspapers from Germany