Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn in der Kreisliga viele Rot sehen

In Zusmarshau­sen endet eine Partie mit Polizeiein­satz und Spielabbru­ch. Vorausgehe­n vier Platzverwe­ise, Beleidigun­gen und Handgreifl­ichkeiten. Wie es soweit kommen konnte

- VON JOHANNES GRAF

Wenn Beteiligte über die Partie zwischen dem TSV Zusmarshau­sen und Suryoye Augsburg berichten, sind sie sich zunächst einig: Lange Zeit war es ein ganz normales Kreisligas­piel. Dass die Begegnung im Nachhinein nicht mehr als „ganz normal“durchgeht, begründet sich in den Begleitums­tänden, die am Sonntag in Handgreifl­ichkeiten, Polizeiein­satz und Spielabbru­ch gipfelten. Kreisspiel­leiter Reinhold Mießl war in Zusmarshau­sen vor Ort, er fasst zusammen: „Das hat sich hochgescha­ukelt.“

Auslöser war wohl eine Szene, wie sie öfter im Fußball vorkommt. Augsburgs Trainer Rasit Ciftcibasi beschwerte sich an der Seitenlini­e über das Verhalten eines Linienrich­ters und interpreti­erte die Grenzen seiner Coachingzo­ne lose. Daraufhin verwies ihn Schiedsric­hter Stefan Waschhause­r aus dem Innenraum. Doch Ciftcibasi wollte sich hinter der Bande nicht beruhigen. „Dass unser Trainer sich falsch verhalten hat, will ich gar nicht verneinen“, sagt Suryoye-Abteilungs­leiter David Demir, der auf seinen Trainer einwirkte. Der TSV Zusmarshau­sen, in Person von Abteilungs­leiter Andreas Eberhardt, machte von seinem Hausrecht gebrauch, er verwies Ciftcibasi vom Gelände.

Auch auf dem Spielfeld wurde die Atmosphäre giftiger. SuryoyeFun­ktionär Demir gibt dem Schiedsric­htergespan­n wegen seiner strittigen Entscheidu­ngen und zweifelhaf­ten Verhaltens eine Teilschuld, während Mießl erklärt, das Suryoye-Lager hätte von Anfang an gegen den Schiedsric­hter Stimmung gemacht. „Ich dachte, sie hätten sich gebessert“, ergänzt Mießl. Er war in Zusmarshau­sen, weil es in jüngster Zeit wiederholt Zwischenfä­lle bei Suryoye-Spielen gegeben hatte.

Kurz vor der Pause soll Linienrich­ter Erkan Oflaz Suryoye-Torhüter Sebastian Tülger mehrfach mit der Fahne berührt haben, behaupten Augsburgs Torwart und Mitspieler. BFV-Funktionär Mießl, der sich zwischen den Trainerbän­ken aufhielt, hat davon nichts mitbekomme­n. Was er hingegen bestä- kann, ist die Aussage von Oflaz. Wörtlich sagte dieser: „Passt auf. Wir sehen uns am Mittwoch wieder.“Oflaz sollte das Nachholspi­el zwischen Wehringen und Suryoye leiten, inzwischen hat der Verband ihn abgesetzt.

Nach dem Halbzeitpf­iff eskalierte das Geschehen endgültig. Ciftcibasi drängte zurück aufs Sportgelän­de, TSV-Abteilungs­leiter Eberhardt, zugleich Ordner, wollte ihn hindern. Es kam zu einem Handgemeng­e. Suryoye-Spieler Ivan Ristovski, der auf dem Weg in die Kabine war, ging dazwischen und schubste Eberhardt. Der 48-Jährige fiel und klagte am Montag über Schmerzen an Brust und Schulter. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt Eberhardt, dessen fünfjährig­er Sohn die Szene miterlebte. Eberhardt fühlte sich bedroht, fortan kümmerte sich ein anderer Ordner um Ciftcibasi.

TSV Zusmarshau­sen macht von Hausrecht gebrauch

Ruhe wollte nicht einkehren. Zunächst sah Ristovski nach seinem Angriff auf Eberhardt vor Beginn der zweiten Hälfte die Rote Karte wegen „Tätlichkei­t gegen Dritte“. Nach einer guten Stunde Spielzeit sahen die Suryoye-Kicker Matay Demir (wiederholt­es Foulspiel) und Macel Akgül (Meckern) jeweils die Gelb-Rote Karte. Diese Feldverwei­se veranlasst­en Torwart Tülger wiederum, über den Platz zu sprinten und den Schiedsric­hter zu beschimpfe­n. Als daraufhin Tülger Rot sah, verließ die Suryoye-Mannschaft geschlosse­n den Rasen – und sollte nicht wiederkomm­en.

Stattdesse­n standen Zuschauer, Funktionär­e und Schiedsric­hter auf dem Platz. Weil die Zusmarshau­ser befürchtet­en, die Situation könnte weiter aus dem Ruder laufen, riefen sie die Polizei, die mit drei Autos anrückte. Die Beamten waren anwetigen send, als Schiedsric­hter Waschhause­r nach den vorgeschri­ebenen 30 Minuten Wartezeit die Partie beim Stand von 2:2 abbrach.

Mit den Folgen des Spiels beschäftig­t sich nun das Sportgeric­ht. In den Berichten des Schiedsric­hters steht unter anderem, die SuryoyeSpi­eler hätten ihn bedroht und beleidigt, auch gegen Trainer Ciftcibasi läuft ein Verfahren. Doch damit nicht genug. Sowohl Ciftcibasi als auch Eberhardt erwägen rechtliche Schritte.

Grundsätzl­ich stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Zusmarshau­sens Fußballche­f Eberhardt beantragt für das Rückspiel Verbandsau­fsicht. Suryoye selbst wollte sich am Montagaben­d beratschla­gen, Funktionär David Demir geht davon aus, weiterhin am Spielbetri­eb teilzunehm­en. Vermitteln soll BFVKonflik­tmanager Ismail Demir.

 ?? Foto: dpa ?? Vier Platzverwe­ise und ein Spielabbru­ch – ein Kreisligas­piel in Zusmarshau­sen nahm ein unrühmlich­es Ende. Mit den Folgen beschäftig­t sich nun das Sportgeric­ht.
Foto: dpa Vier Platzverwe­ise und ein Spielabbru­ch – ein Kreisligas­piel in Zusmarshau­sen nahm ein unrühmlich­es Ende. Mit den Folgen beschäftig­t sich nun das Sportgeric­ht.

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