Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Typisch für unser Leben
Im ersten Moment scheint das ein schlechter Scherz zu sein, der nur in einer Leistungsgesellschaft wie der unseren möglich ist: eine umfassende Vorschuluntersuchung im Alter von vier Jahren. Defizite in der Entwicklung könnten so früher und besser festgestellt werden. Dass die Eingangsuntersuchung dann in geeigneten Räumen stattfinden muss und nicht mehr in einem Nebenraum der Kita, ist nachvollziehbar – wenn auch unpraktisch für die Eltern.
Aus medizinischer und gesellschaftlicher Sicht ist das neue Vorgehen einerseits verständlich. Heute gilt, Kinder so früh und so individuell wie möglich zu fördern. Eltern wie auch Mediziner wollen nichts verpassen und alles richtig machen.
Was dabei auf der anderen Seite nicht übersehen werden darf: Jedes Kind entwickelt sich in seinem eigenen Tempo. Es gibt Kinder, die mit vier Jahren noch kein Interesse daran haben, ihren Namen zu schreiben, und später dennoch die Grundschule spielend schaffen. Gleichzeitig ist nicht jeder, der mit fünf richtig gut rechnen kann, auch in sozialer Hinsicht schon reif für die erste Klasse. Eltern haben so etwas oft, wenn auch nicht immer, im Gefühl. Die neue Untersuchung sollte sie dabei bestärken, statt unter Druck zu setzen.