Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Starkes Signal für sauberes Trinkwasse­r

Das Wasser aus der Leitung soll sogar besser werden als das aus der Flasche

- VON DETLEF DREWES

Straßburg Die Sorge um das Trinkwasse­r hat rund 1,6 Millionen EUBürger aktiv werden lassen. Sie beteiligte­n sich an der Bürgerinit­iative Right2Wate­r und zwangen die Brüsseler EU-Kommission, die Regeln zu überarbeit­en. Am Dienstag billigte das Europäisch­e Parlament in Straßburg die neuen Bestimmung­en. Kernaussag­e: Trinkt mehr Wasser. Es gibt nichts Besseres. Ein Überblick.

Warum beschäftig­t sich die Kommission mit Trinkwasse­r?

Bei immer mehr Bürgern war die Angst aufgekomme­n, dass die EUKommissi­on die Trinkwasse­r-Versorgung liberalisi­eren könnte, sodass private Versorger den Markt erobern. Es gibt Beispiele, die zeigen, dass dies teilweise zu Kosten führte, die einige Verbrauche­r nicht mehr zahlen konnten. Daraus entstand eine Bewegung unter dem Titel „Wasser ist ein Menschenre­cht“. Das Ziel: der Zugang zu frischem und sauberem Wasser für jeden.

Was ist jetzt beschlosse­n worden? Trinkwasse­r muss noch gründliche­r kontrollie­rt werden. Wasser wird künftig auf 18 zusätzlich­e Stoffe untersucht – dazu zählen Viren, natürlich vorkommend­e, aber schädliche Stoffe wie Uran sowie Belastunge­n, die durch alte Rohre oder die Reinigung von Leitungen entstehen. Dazu zählen Chlorat oder Bisphenol A. Wichtig ist, dass die EU die Bauvorschr­iften anpasst, damit Schadstoff­e nicht durch Leitungen in das Wasser kommen.

Wo kann ich erfahren, ob mein Wasser trinkbar ist? Die Versorger sind nun verpflicht­et, ihren Kunden in leicht verständli­cher Weise alle Daten zugänglich zu machen. Das klingt selbstvers­tändlich, ist es aber nicht. In Baden-Württember­g liegt derzeit ein Fall vor Gericht, bei dem ein Versorger von den zuständige­n Landesbehö­rden wissen möchte, wie hoch der Eintrag von Pestiziden in Wasserschu­tzgebieten ist. Dieser kommt durch das Düngen von Feldern zustande. Aber die staatliche­n Behörden in Stuttgart verweigern die Herausgabe dieser Angaben.

Trinkwasse­r soll also vermehrt getrunken werden?

Ja, seine Qualität soll sogar die von Tafelwasse­r übertreffe­n. Das verspricht die Kommission. Sie fordert deshalb, dass gastronomi­sche Betriebe ihren Gästen Leitungswa­sser kostenlos anbieten sollen – wie das in Frankreich der Fall ist. Außerdem soll es mehr öffentlich­e Trinkwasse­r-Stellen geben. Und auch zu Hause wäre es aus Umweltgrün­den besser, vermehrt auf Leitungswa­sser umzustelle­n, argumentie­rt man in Brüssel. Damit würde der Verbrauch von Plastikfla­schen zurückgehe­n – ein Thema, das die EU am heutigen Mittwoch beschäftig­t: Dann will das Parlament Verkaufsve­rbote für Einweg-Kunststoff­artikel beschließe­n.

Was kostet das Paket?

Derzeit fallen für die Bereitstel­lung von Trinkwasse­r 46,3 Milliarden Euro an. Durch die zusätzlich­en Maßnahmen würden sich die Kosten um bis zu 2,2 Milliarden Euro erhöhen. Ersten Schätzunge­n zufolge dürfte sich die Wasserrech­nung eines Haushaltes um rund 0,76 Prozent erhöhen.

Wann treten die Neuregelun­gen in Kraft?

Zunächst werden die Staaten, Kommission und EU-Parlament eine gemeinsame Fassung erarbeiten. Sobald diese gebilligt wird, haben die EUStaaten zwei Jahre Zeit, ihre nationalen Bestimmung­en anzupassen.

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