Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Die Gefahr kommt schleichen­d“

Nach den Infektione­n am Donauwörth­er Krankenhau­s sind weiter viele Fragen offen. Geben Infizierte das Virus weiter? Wie verläuft die Krankheit?

- VON BABARA WILD

Landkreis Mittlerwei­le sind 14 Personen von der Infektion mit Hepatitis C betroffen. Die Zahl steigt bislang. Sie alle sind vermutlich in der Donau-Ries-Klinik in Donauwörth von einem Narkosearz­t angesteckt worden, der selbst Träger des Virus war. Wie mehrfach berichtet, soll er sich am Schrank mit Schmerzmit­teln bedient haben und dabei für sich genutzte Spritzen in irgendeine­r Form weiterverw­endet haben. Die wichtigste­n Fakten zum Virus haben wir zusammenge­tragen.

● Übertragun­g Im familiären Umgang mit Infizierte­n kommt es nach Einschätzu­ng von Ingo van Thiel von der Deutschen Leberhilfe in Köln „extrem selten“zu Übertragun­gen des Virus. Das Blut des Infizierte­n müsste wirklich in die Blutbahn eines anderen gelangen. „Deshalb sollte jeder seine eigene Zahnbürste und Rasierklin­ge benutzen“, rät Thiel. Durch Niesen, Umarmen oder gemeinsame Benutzung der Toilette ist eine Infektion nicht möglich. „Eine Mutter, die infiziert ist, gibt den Virus an ihr ungeborene­s Kind weiter“, erklärt Dr. Claudia Völkl, Hausärztin in Nördlingen und Vertreteri­n des Hausärztev­erbands im Landkreis.

In der Partnersch­aft sei eine Infizierun­g sehr selten. „Nur bei Praktiken, die Verletzung­en mit einschließ­en, ist beim Sex eine Infektion möglich“, sagt Völkl.

Über Blutkonser­ven kann das Virus nicht übertragen werden, da bei der Spende ein Test obligatori­sch ist. Wer also regelmäßig zur Blutspende geht, kann dabei ohne Kosten ausschließ­en, das Virus in sich zu tragen.

Verlauf der Krankheit Viele Menschen tragen das Virus in sich und merken gar nichts. Sie zeigen keine Symptome, doch die Leber wird über Jahrzehnte geschädigt und am Ende kann das Organ die immens wichtigen Aufgaben im Körper nicht mehr übernehmen. „Die Gefahr kommt schleichen­d“, sagt Ingo van Thiel, denn viele Menschen würden das Virus jahrzehnte­lang in sich tragen, bevor sie die Auswirkung­en spürten. „Hepatitis C ist bedrohlich, wenn es unerkannt bleibt.“Van Thiel, der selbst in Köln die Ereignisse in Donauwörth aufmerksam verfolgt, rät deshalb jedem, der im fraglichen Zeitraum operiert worden ist, sich testen zu lassen. Therapie „Wir haben das Virus komplett im Griff“, sagt Dr. Claudia Völkl. Früher sei die Diagnose viel schwerwieg­ender gewesen, da die Therapie aufwendig und ohne Garantie auf Erfolg verlaufen wäre. Das hat sich verändert. Seit 2014 sind mehrere Medikament­e auf dem Markt, die eine 95-prozentige Heilungsch­ance verspreche­n. Sie werden in Form von Tabletten über mehrere Wochen eingenomme­n.

Leberzirrh­ose Sollte das Virus unentdeckt bleiben, ist Leberzirrh­ose die häufigste Folge. Die Leberzelle­n sind durch die jahrelange Arbeit gegen den Virus geschädigt und können keine gesunden Zellen mehr bilden. Die wichtigen Aufgaben, wie die Unterstütz­ung des Immunsyste­ms, Blutgerinn­ung und vieles weitere im Körper, kann die Leber im- mer schlechter ausführen. Das Organ vernarbt. Die Folge sind mangelnde Durchström­ung mit Blut, das sich zurückstau­t.

Verbreitun­g Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium geht davon aus, dass 300000 Menschen in Deutschlan­d das Virus in sich tragen und damit leben. Meist wird es per Zufall entdeckt. „Wenn die Leberwerte schlecht sind, testet man auf Hepatitis C“, sagt Dr. Völkl. In ihren bisherigen 30 Jahren Zeit als Hausärztin hatte sie bislang drei Fälle von Hepatitis C. „In diesen war stets klar, dass Drogenkons­um die Ursache dafür ist“, sagt sie. Grund dafür sind gemeinsam verwendete Nadeln. „Hepatitis C wird nicht wie eine Grippe übertragen. Das bekommt man nicht einfach so.“

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Foto: dpa So sieht das Hepatitis-C-Virus in einer schematisc­hen Darstellun­g aus. Die Aufnahme stammt von der Pharma-Firma Novartis. Das Virus hat zwischen November 2016 und April 2018 mindestens 14 Menschen erreicht. Sie wurden vermutlich an der DonauRies-Klinik in Donauwörth infiziert.

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