Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Plastiktel­ler steht vor dem Aus

Das EU-Parlament hat sich mit einer großen Mehrheit dafür ausgesproc­hen, Einweg-Plastik zu verbieten. Was das genau bedeutet und wie es jetzt weitergeht

- VON DETLEF DREWES

Die Rettung der Weltmeere beginnt mit dem Verbot von Strohhalme­n aus Plastik. Denn etliche Milliarden solcher Plastikhal­me landen im Wasser. Am Mittwoch billigte das Europäisch­e Parlament einen Aktionspla­n, der aus Verkaufsve­rboten von Einweg-Artikeln aus Kunststoff, höheren RecyclingQ­uoten und mehr Abfallverm­eidung besteht. Nun kommt es darauf an, dass der Verbrauche­r mitzieht.

Welche Plastikart­ikel sollen verboten werden?

Dieses Verkaufsve­rbot betrifft vor allem Einwegarti­kel wie Trinkhalme aus Plastik, Watte- und Rührstäbch­en für Kaffee, Plastikges­chirr und -bestecke sowie Ballonhalt­er. Es handelt sich um Produkte, die leicht aus anderen Werkstoffe­n hergestell­t werden können. Denn ein Plastiktel­ler, der ins Wasser gelangt, braucht mehr als 500 Jahre, ehe er abgebaut wird. Zusätzlich sprach sich das Europaparl­ament dafür aus, auch aufgeschäu­mte Kunststoff­e auf die Verbotslis­te zu setzen, wie sie immer noch zu oft zum Transport von Nahrungsmi­tteln oder Essen im Einsatz sind.

Was ist mit den Kaffeebech­ern zum Mitnehmen?

Solche Becher für Getränke, Eis, aber auch Boxen für Lebensmitt­el sollen aus wiederverw­ertbaren Materialen bestehen. Die Abgeordnet­en schlagen vor, dass die Behälter bis 2025 zu 90 Prozent recycelbar sein müssen.

Wieso tauchen in den Plänen der EU auch Zigaretten­stummel auf? Zigaretten­reste enthalten ebenfalls Kunststoff­e. Experten zufolge kann ein einziger Stummel bis zu 1000 Liter Wasser verunreini­gen. Deshalb soll der Müll aus diesen Zigaretten- resten bis 2030 um 80 Prozent reduziert werden.

Wie will man die Hersteller dazu bringen, weniger Plastik zu verwenden?

Bei einer ganzen Palette von Produkten werden die Hersteller künftig an den Kosten für die Beseitigun­g beteiligt. Außerdem sollen die Regierunge­n sie verpflicht­en, Hinweise auf den Verpackung­en anzubringe­n, damit der Verbrauche­r erkennt, wie umweltbela­stend oder -schonend die Ware ist.

Wann treten die Vorhaben in Kraft? Der ursprüngli­che Plan der Kommission, die verschärft­en Vorschrift­en gegen Plastikmül­l schon bis zur Europawahl 2019 in Kraft zu setzen, wird nicht aufgehen. Denn der Beschluss des Parlamente­s ist vorerst nur die Position der Abgeordnet­en für die nun folgenden Gespräche mit den Mitgliedst­aaten. Selbst wenn diese zügig verlaufen, bekommen die EU-Länder noch zwei Jahre Zeit für die Umsetzung. Allerdings verspreche­n sich Kommission und Parlament alleine durch die Vorlage dieser Vorschläge Druck auf Hersteller und Einzelhand­el, Plastik zu vermeiden.

Es gab auch mal die Idee einer Plastikste­uer …

Das ist richtig. Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger hatte den Vorschlag gemacht, Mitgliedst­aaten, die ihre Recyclingz­iele verfehlen, zu Geldbußen heranzuzie­hen. Er dachte an einen Beitrag von 80 Cent je Kilo Kunststoff, das hätte vermieden werden sollen. Tatsächlic­h ging es Oettinger aber eher um eine zusätzlich­e Einnahmequ­elle. Es sieht nicht danach aus, dass die Mitgliedst­aaten diese Idee übernehmen.

Gibt es auch Kritik an dem Aktionspla­n gegen Plastikmül­l? Niemand bestreitet ernsthaft, dass die Weltmeere von Plastikres­ten zugemüllt und Lebensräum­e für Fische und Pflanzen bedroht sind. Aber ein Verkaufsve­rbot bedeutet einen weitgehend­en Eingriff in die Freiheit der Verbrauche­r, hieß es etwa vom Centrum für europäisch­e Politik in Freiburg/Breisgau. Dessen Experten argumentie­rten, dass hinter jedem achtlos weggeworfe­nen Plastiktel­ler ein Mensch stehe, den man erreichen könne und müsse. Das sei wichtiger und einfacher. Außerdem wären Aufpreise für Kunststoff­produkte wie in Deutschlan­d für Plastiktas­chen effiziente­r.

Gab es im Parlament keinen Widerstand?

Von den bei der Abstimmung anwesenden 658 EU-Volksvertr­etern stimmten 571 einem Verkaufsve­rbot sowie den übrigen Bestimmung­en zu. Nur 53 Parlamenta­rier sprachen sich dagegen aus, 34 enthielten sich.

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Foto: stock.adobe.com Pommes im Plastiktel­ler und mit einer Einweggabe­l wird es wohl nicht mehr besonders lange geben. Geht es nach der EU, sollen solche Kunststoff-Artikel möglichst schnell verboten werden.

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