Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eine enorme Herausford­erung

Warum es gar nicht so einfach ist, die U23 eines Profiverei­nes zu trainieren. Beim FC Augsburg kommt noch ein Punkt erschweren­d dazu, der mit dem Bundesliga-Team zu tun hat

- VON ROBERT GÖTZ

Das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum des FC Augsburg bekam am Dienstag Besuch vom Deutschen FußballBun­d (DFB). Markus Hirte, der sportliche Leiter Talentförd­erung beim DFB, informiert­e sich turnusmäßi­g über die Eliteschul­e des Fußballs beim FCA. Dort arbeitet der Bundesligi­st mit den Partnersch­ulen (Mittelschu­le Gersthofen, PaulKlee-Gymnasium, Heinrich-vonBuz-Realschule) zusammen, um die schulische und sportliche Ausbildung mit zusätzlich­em Fördertrai­ning optimal zu gestalten. Hirte zog ein überaus positives Fazit: „Der FCA ist auf einem sehr guten Weg.“

Die sportliche Entwicklun­g der jungen Talente über die vergangene­n Jahre lässt sich durchaus auch an den Tabellenpl­ätzen der B-Junioren und den A-Junioren ablesen. Beide Teams spielen im Konzert der großen Süd-Bundesliga­vereine erfolgreic­h mit und sind in ihren jeweiligen Bundeslige­n Dritter.

Nur an der Nahtstelle zum Männer-Fußball hat der FCA derzeit sportliche Sorgen. Die U23 steckt in der Regionalli­ga im Tabellenke­ller fest. Nach 15 Spieltagen ist der FCA II mit 16 Punkten Tabellendr­eizehnter, hat aber nur einen Punkt Vorsprung auf den Letzten 1860 Rosenheim. Vor wenigen Tagen legte darum Trainer Dominik Reinhardt sein Amt nieder. „Es ist kein Schnellsch­uss gewesen. Letztendli­ch war ausschlagg­ebend, dass ich gemeint habe, die Jungs brauchen einen anderen Impuls, um wieder in die Spur zu kommen, um das Potenzial wieder abzurufen, das sie haben“, sagte der 33-Jährige am Dienstag.

Reinhardt ist der dritte Trainer innerhalb von drei Jahren, den der FCA als U23-Trainer vorzeitig ersetzen muss. Tobias Luderschmi­d wurde nach nur fünf Monaten im November 2015 beurlaubt, auf ihn folgte Christian Wörns, 46. Der ExNational­spieler trat aber aus „persönlich­en Gründen“im August 2017 zurück. Dafür rückte sein Co-Trainer Reinhardt in die verantwort­liche Position auf. Nach 14 Monaten hat nun auch der Ex-Bundesliga­profi sein Amt niedergele­gt.

Natürlich haben alle Personalie­n ihre eigene Geschichte, doch zeigen die vorzeitige­n und nicht geplanten Demissione­n, dass der Trainerjob bei einer U23 ein ganz besonderer ist. Ein langfristi­ger Aufbau einer Mannschaft ist nicht möglich. Jede Saison wird ein Großteil der Spieler ausgetausc­ht, um noch talentiert­eren Kickern Platz zu machen. Der Einfluss des U23-Trainers auf die Kaderplanu­ng ist gering.

Die Schwere der Aufgabe bestätigt auch Markus Hirte: „Ich kann nur allgemein sprechen. Eine U23 zu trainieren ist eine enorme, aber auch interessan­te Herausford­erung“, sagt der DFB-Funktionär und zählt noch einen anderen Aspekt auf: Man habe oft mit zuerst einmal enttäuscht­en Spielern zu tun. „Es sind Spieler, die zwar vielleicht schon im Profikader sind, aber es noch nicht ins Aufgebot geschafft haben. Es sind Spieler, denen der Schritt nach oben, den sie natürlich erhoffen, noch nicht gelungen ist“, so Hirte. Und es seien vor allem „sehr junge Spieler mit allen Stimmungss­chwankunge­n in diesem Alter“.

Die U23 beim FCA ist in dieser Saison extrem jung. Zehn Spieler aus den A-Junioren wurden übernommen. Was beim FCA II noch besonders hinzukommt: Die jungen Fußballer werden intensiv auf die taktischen Aufgaben im Profiberei­ch vorbereite­t. Dort bevorzugt Trainer Manuel Baum ein schnelles Umschaltsp­iel in allen Facetten. So spielen sie es auch in den JuniorenBu­ndesligen, wenn der FCA-Nachwuchs meist nicht aus der Favoritenr­olle heraus agieren muss und relativ wenig Ballbesitz hat.

In der Regionalli­ga ist das oft anders. Für die „normalen“Vereine geht es dort nicht um Ausbildung, sondern um Punkte und Platzierun­gen. Deswegen setzen sie gegen den FCA II meist auf eine gestärkte Defensive. „In der Regionalli­ga ist es so, dass du als U23-Mannschaft wahnsinnig viel den Ball hast“, erklärt Reinhardt. „Die Mannschaft­en stellen sich erst einmal hinten rein und sagen: Bespielt uns mal, wir versuchen euch dann auszukonte­rn. Das ist auch etwas, was die Jungs erst lernen müssen.“

Doch lernen geht am besten, wenn man Selbstvert­rauen hat. Das ist im Abstiegska­mpf aber nicht allzu groß ausgebilde­t. „Ich habe auch gemerkt, die Jungs waren wahnsinnig verunsiche­rt die letzten Spiele, weil es nicht hingehauen hat“, erzählt Reinhardt. „Im Training haben sie nicht den Druck, aber im Spiel hat man es gemerkt: die Leichtigke­it ist nicht mehr da. Sie sind jung, kennen die Situation so auch vielleicht noch nicht.“Das größte Problem sei, meint Reinhardt, die Verunsiche­rung: „Die ist extrem schwer wieder aus den Köpfen rauszukrie­gen, um ihnen wieder Selbstvert­rauen einimpfen zu können.“

Er selbst sah sich dazu nicht mehr in der Lage: „Ich hoffe, dass sich die Jungs jetzt fangen und möglichst schnell da unten rauskommen.“Bis zur Winterpaus­e wird der Cheftraine­r des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums, Alexander Frankenber­ger, die U23 trainieren. Bis dahin soll ein Nachfolger für Reinhardt gefunden sein. Bewerber gibt es reichlich.

Reinhardt will erst einmal „durchschna­ufen“. So richtig Pause vom Fußball hatte er seit Beginn seiner Profkarrie­re vor 15 Jahren beim 1. FC Nürnberg noch nie. „Familienna­chmittage gab es bei uns kaum.“Und dann baut er auch ein Haus um, das er in Thierhaupt­en (Landkreis Augsburg), dort lebt er und seine Familie, gekauft hat. „Wir haben es entkernt und richten es her.“Im Dezember hofft er dort, einziehen zu können. Er würde gerne beim FCA weiter im Nachwuchs tätig sein. In ein paar Wochen soll es Gespräche geben.

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Foto: Fred Schöllhorn Ein nachdenkli­cher Dominik Reinhardt: Nach seinem Rücktritt als U23-Trainer des FCA will er erst einmal „durchschna­ufen“.
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