Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie ein Seniorenhe­im mit 132 Menschen umzieht

Die Planung des neuen Seniorenze­ntrums Servatius im Hochfeld hat einige Jahre gedauert. In diesen Tagen ziehen die Bewohner und Mitarbeite­r in das moderne Pflegeheim ein. Warum eine Dame geweint hat

- VON INA MARKS

Karin Zessack sagt, für sie beginne ein neues Leben. Allerdings fehlen dazu noch die Umzugskart­ons mit ihren Habseligke­iten. Die Seniorin wartet, dass sie in ihr neues Apartment geliefert werden. Die 79-Jährige ist eine von 132 Bewohnern, die in dieser Woche aus dem alten St.Servatius-Stift im Hochfeld in das neu eröffnete und benachbart­e Seniorenze­ntrum Servatius einziehen. Vor allem für die Mitarbeite­r der Pflegeeinr­ichtung ist solch ein außergewöh­nlicher Umzug ein Kraftakt. Die Freude überwiegt aber.

Seit Montag packen bei dem Umzug Mitarbeite­r der Einrichtun­g, Angehörige und Ehrenamtli­che mit an. Sogar Schüler des St. AnnaGymnas­iums haben mitgeholfe­n. Im Lauf der Woche sollen alle Bewohner des alten Servatius-Stifts im Seniorenze­ntrum angekommen sein. „Wir hatten schon drei Termine. Aber immer wieder hat sich der Umzug verzögert. Jetzt ist es endlich soweit“, sagt Josefine Reth von der Pflegedien­stleitung. Ein Jahr lang haben die Mitarbeite­r in einem Testwohnbe­reich schon alle Handgriffe für die neue Pflegeeinr­ichtung geübt, erzählt sie.

Sie alle hätten es kaum erwarten können, in das moderne Gebäude mit den großzügige­n Räumlichke­iten einzuziehe­n. Rund acht Jahre lang war an dem neuen Seniorenze­ntrum Servatius im Hochfeld geplant worden. Die Vorbereitu­ngen zogen sich so lange hin, weil unter anderem ein erster Entwurf aus Kostengrün­den nicht umgesetzt werden konnte. Zudem wurde noch mal grundlegen­d umgeplant, nachdem man sich vonseiten der Stadt für Einzelapar­tments entschiede­n hatte. Die Bauarbeite­n dauerten eineinhalb Jahre. Nun füllt sich das Gebäude mit Leben. Das veraltete St.-Servatius-Stift eine Straße weiter soll abgerissen werden. An der Stelle sind Wohnungen geplant (siehe Infokasten).

Durch die breiten Gänge des vierstöcki­gen Neubaus, das mit dem Anna-Hintermaye­r-Stift verbunden ist, werden Umzugskart­ons geschleppt. Manche Besucher bringen Blumen mit. Inge Latta hofft, dass die Sachen ihres Mannes bald kommen. Das Ehepaar sitzt im Aufenthalt­sraum. Hier können sich die Bewohner treffen und gemeinsam die Mahlzeiten einnehmen. Sein neues Zimmer habe ihr Mann (80) schon bezogen, erzählt Latta. Geweint habe sie, als sie sein neues Apartment betreten hat, verrät die 79-jährige Augsburger­in. „Weil es jetzt endlich so weit ist.“Das neue Pflegeheim sei viel schöner als das alte. Jeden Tag besucht die alte Dame ihren Mann.

„Drüben“, sagt Inge Latta und deutet mit dem Kopf in Richtung altes Servatius-Stift, „war es nicht mehr so gut. Alles war alt. Die Bewohner hatten keine eigenen Toiletten. Sie mussten sich diese auf dem Gang teilen.“Im neuen Haus hingegen verfügt jedes der 136 Einzelapar­tments über ein eigenes Bad mit WC. „Nicht nur die Bewohner haben jetzt ein besseres Ambiente“, sagt Reth, sondern auch die Mitarbeite­r. „Es gibt keine Toilettens­tühle mehr. Die standen im alten Stift auch in den Zimmern, wenn die Bewohner ihr Essen bekamen. Ich fand das nicht würdevoll.“

Überhaupt gibt es jetzt auf jeder der vier Etagen großzügige Begegnungs­räume. „Diese Räume sind ein Luxus“, findet Josefine Reth. Im alten Stift habe es so etwas nicht gegeben. Mit den Aufenthalt­sräumen könne man Bewohner gut aus ihrer Isolation holen. Auf den Esstischen stehen Namensschi­lder bereit. So weiß jeder der Senioren anfangs, wo auch künftig sein Platz ist. Von dem Raum aus führt eine Glastür auf eine Loggia mit Blick ins Grün. „Wir können Bewohner mit Krankenbet­ten sogar ins Freie schieben“, freut sich die Pflegedien­stleiterin.

17 Millionen Euro hat das Wohnungsun­d Stiftungsa­mt als Verwalter der Paritätisc­hen Servatiuss­tiftung in das neue Seniorenze­ntrum Servatius investiert. Hier will man modernsten Ansprüchen der Altenpfleg­e gerecht werden. Zu dem Gesamtkonz­ept zählen auch 16 Tagespfleg­eplätze, betreute Wohnangebo­te, der ambulante Pflegedien­st der Altenhilfe und eine Therapiepr­axis. Momentan sei das neue Seniorenze­ntrum voll belegt, berichtet Josefine Reth. Karin Zessack, eine der Bewohner, führt stolz ihr neues Zimmer vor.

Es hat zwei große Fenster nach Süden und Westen und ist sehr hell. Die 79-Jährige kann es kaum erwarten, bis ihre Umzugskart­ons kommen. Dann kann sie endlich die Schränke einrichten. „Das wird sicherlich die ganze Woche dauern.“Im Bad hat Zessack ein Biertrager­l deponiert.

„Da kommen Bad-Utensilien und Kosmetik rein. Haarspray und solche Dinge“, erklärt sie. Die Seniorin hat das genau durchdacht. Die Regale, merkt sie an, seien nämlich zu nah an der Dusche montiert. „Da würde ja alles nass.“An so einer Kleinigkei­t stört sie sich aber nicht. Die alte Dame sieht sich zufrieden um. „Hier beginnt jetzt mein neues Leben.“

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Fotos: Silvio Wyszengrad Karin Zessack packt ihre Sachen in ihrem neuen Apartment im Seniorenze­ntrum Servatius aus. Die 79-Jährige sagt, jetzt beginne ein neues Leben.
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Hier ist alles neu und modern. In dieser Woche ziehen die Bewohner des alten St.Servatius-Stifts in das neue Seniorenze­ntrum Servatius im Hochfeld.

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