Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Böses Spiel mit erschliche­nem Vertrauen

Ein Mann schließt unerlaubt ein Darlehen für eine 86-jährige Gersthofer­in ab und kassiert die Provision. Welche Sicherheit­smechanism­en Banken vor Ort haben

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Gersthofen/Landkreis Augsburg Sie wollen alte Münzen, Uhren, Nähmaschin­en, Pelzmäntel, Schreibmas­chinen, Silber, Zinn oder auch historisch­e Bücher kaufen. Doch eigentlich haben sie etwas ganz anderes im Sinn: Statt der Antiquität­en wollen sie Wertsachen, die bei einer vermeintli­chen Übergabe in einem unbemerkte­n Augenblick verschwind­en. Die Polizei kennt die Masche. Etwas abgeändert hat sie offensicht­lich ein Mann, der jüngst einer 86-jährigen Gersthofer­in einen Besuch abstattete, um ältere Bücher abzuholen. Er erschlich sich nämlich eine Unterschri­ft der Senioren. Und das hatte Folgen.

Wie sich herausstel­lte, ließ sich der eloquente Mann von der 86-Jährigen eine Vollmacht unterschre­iben (wir berichtete­n). Mit der schloss er laut Polizei einen Darlehensv­ertrag über 20000 Euro bei einer Bank in Norddeutsc­hland ab. Dafür kassierte er dann eine Provision.

Die 86-Jährige fiel jedenfalls aus allen Wolken, als sie hinter den Betrug kam. Sie stellte Anzeige bei der Polizei. Die ermittelt jetzt. Über eine Telefonnum­mer, die sich die 86-Jährige notiert hatte, kamen die Beamten auf den Mann, der demnächst vernommen werden soll. Vermutlich wird es auch Gespräche mit der Bank geben, die dem fremden Mann mit der Vollmacht offenbar Vertrauen schenkte und das Darlehen ermöglicht­e.

Die Kollegen der Branche sehen das kritisch. „Bei Krediten für Senioren und auch bei Bankgeschä­ften mit Vollmachte­n schauen wir schon sehr genau hin. Bei Wohnbaukre­diten ist zum Beispiel eine einfache Vollmacht nicht ausreichen­d. Sie muss notariell beglaubigt sein“, sagt Johannes Schubert. Er ist Leiter des Vorstandss­ekretariat­s der Kreisspark­asse Augsburg. Er rät grundsätzl­ich: „Stellen Sie Vollmachte­n nur an Personen aus, denen Sie uneingesch­ränkt vertrauen.“

Auch bei der VR-Bank wird auf Sicherheit großen Wert gelegt. Eine einfache Vollmacht reiche für ein Darlehen nicht aus, sagt der Bereichsle­iter Privatkund­en, Markus Leypold. Auch Kreditabsc­hlüsse, Kontoauflö­sungen oder hoch spekulativ­e Bankgeschä­fte seien in der Regel nicht mit einer Bankvollma­cht möglich. Die Volksbanke­nRaiffeise­nbanken raten generell: Im Vorfeld sollte der Kontoinhab­er genau definieren, in welchen Situatione­n die Vollmacht greift und welche Beschränku­ngen gelten. Es sei zum Beispiel möglich, eine Bankvollma­cht nur für den Todesfall zu erteilen. Eine Vollmacht sollte außerdem am besten vor Ort bei der Bank besprochen werden, um späteren Zweifeln an der Wirksamkei­t vorzubeuge­n. Apropos Zweifel: Kommen sie auf, dann werde nachgehakt, erklärt Leypold – beispielsw­eise, wenn jemand am Schalter erscheint, der nicht zum „Vertrauten­kreis“des Kunden gehört.

Geprüft werde auch, bis zu welchem Alter Senioren noch ein Darlehen erhalten. Leypold: „Es müssen nachvollzi­ehbare Gründe vorliegen. Das kann zum Beispiel ein behinderte­ngerechter Ausbau der Wohnung sein.“Bei der Kreisspark­asse gilt für Privatkred­ite: Die letzte Rate muss mit dem 75. Lebensjahr abbezahlt sein.

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Symbolfoto: arsdigital, Fotolia Eine Provision in unbekannte­r Höhe ergaunerte sich ein Mann.

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