Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Plötzlich Bürgermeister
In Dinkelscherben sind bald alle drei Bürgermeister gleichzeitig im Urlaub. Aber wer entscheidet nun, wenn es einen Notfall gibt? Die Antwort ist überraschend
Dinkelscherben Auf so einen Fall war die Marktgemeinde Dinkelscherben nicht vorbereitet. Sowohl der Erste Bürgermeister Edgar Kalb als auch seine beiden Stellvertreter fahren demnächst gleichzeitig in den Urlaub. Doch es gibt Szenarien, bei denen zwingend ein Bürgermeister in der Gemeinde sein muss. Muss der Rathauschef nun seinen gebuchten Urlaub auf Fuerteventura wieder absagen?
Nein, Kalb kann nach der vergangenen Sitzung des Marktgemeinderats beruhigt in den Flieger steigen. Die Kommune hat nämlich noch einen weiteren Vertreter bestimmt. Peter Kraus (Freie Wähler), der einstige Gegenkandidat des aktuellen Bürgermeisters, wird ihn vom 5. bis 8. November vertreten. Kraus hat es also nach der verlorenen Stichwahl doch noch geschafft Bürgermeister zu werden – wenn auch nur für einige Tage. Doch er ist nicht unerfahren im Amt. Er vertrat bereits während der vergangenen Periode den erkrankten vorigen Rathauschef Peter Baumeister und war jahrelang Zweiter Bürgermeister in Dinkelscherben. „Peter Kraus ist fast schon Profi“, sagt Kalb.
Rechtlich gesehen wird Kraus nun übrigens nicht der Vierte Bürgermeister der Marktgemeinde. „Einen solchen Titel gibt es nicht“, erklärt Johannes Bayerl, Leiter der Kommunalaufsicht am Landratsamt. Stattdessen wird von einem „weiteren Vertreter des Ersten Bürgermeisters“gesprochen. Anders als die ersten beiden Vertreter müsse dieses Amt nicht geheim gewählt werden.
Theoretisch sei es sogar möglich, unendlich viele weitere Vertreter zu bestimmen. Dabei reiche die einfache Mehrheit bei Abstimmung per Handzeichen im Gemeinderat. Und der hat sich am Dienstag in Dinkelscherben einstimmig für Kraus entschieden.
Zwar sei der aktuelle Fall eine „absolute Ausnahme“, sagt Bayerl, dennoch sei es wichtig, dass stets ein Bürgermeister vor Ort in der Gemeinde sei. Entscheidend werde das, wenn im Notfall schnelle Entschlüsse getroffen werden müssten. Akute Maßnahmen nach einem Hochwasser zum Beispiel. Oder – wie kürzlich in Dinkelscherben geschehen – ein Abkochgebot wegen belastetem Trinkwasser. Nur ein Bürgermeister dürfe darüber entscheiden.
Was passiert, wenn es kurzzeitig keinen Vertreter des Rathauschefs gibt, habe man vor Jahren in Westendorf sehen können, sagt Bayerl. Das Verwaltungsgericht habe damals eine Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl für ungültig erklärt. Grund seien Formfehler der Parteien bei der Kandidatenaufstellung gewesen. Kurzzeitig habe es dort nach der Gerichtsentscheidung weder Rathauschef noch Gemeinderat gegeben, erinnert sich Bayerl. Doch auch für diesen Fall gibt es klare Regeln. Das Landratsamt habe damals einen sogenannten Staatsbeauftragten bestimmt, der die Geschäfte bis zu einer Neuwahl leitete. Dieser Vertreter werde von der Kommunalaufsicht bestimmt.
Der Dinkelscherber Bürgermeister Edgar Kalb versichert, in Zukunft besser darauf zu achten, dass es nicht noch einmal zu einer solchen Urlaubsüberschneidung komme. „Das ließ sich nicht verhindern.“Er hoffe, dass die Tage für Kraus nicht zu stressig würden. Eine Sitzung des Gemeinderats sei bereits verschoben worden. „Wenn nichts passiert, wird das eine ruhige Woche“, versichert Kalb.