Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Plötzlich Bürgermeis­ter

In Dinkelsche­rben sind bald alle drei Bürgermeis­ter gleichzeit­ig im Urlaub. Aber wer entscheide­t nun, wenn es einen Notfall gibt? Die Antwort ist überrasche­nd

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben Auf so einen Fall war die Marktgemei­nde Dinkelsche­rben nicht vorbereite­t. Sowohl der Erste Bürgermeis­ter Edgar Kalb als auch seine beiden Stellvertr­eter fahren demnächst gleichzeit­ig in den Urlaub. Doch es gibt Szenarien, bei denen zwingend ein Bürgermeis­ter in der Gemeinde sein muss. Muss der Rathausche­f nun seinen gebuchten Urlaub auf Fuertevent­ura wieder absagen?

Nein, Kalb kann nach der vergangene­n Sitzung des Marktgemei­nderats beruhigt in den Flieger steigen. Die Kommune hat nämlich noch einen weiteren Vertreter bestimmt. Peter Kraus (Freie Wähler), der einstige Gegenkandi­dat des aktuellen Bürgermeis­ters, wird ihn vom 5. bis 8. November vertreten. Kraus hat es also nach der verlorenen Stichwahl doch noch geschafft Bürgermeis­ter zu werden – wenn auch nur für einige Tage. Doch er ist nicht unerfahren im Amt. Er vertrat bereits während der vergangene­n Periode den erkrankten vorigen Rathausche­f Peter Baumeister und war jahrelang Zweiter Bürgermeis­ter in Dinkelsche­rben. „Peter Kraus ist fast schon Profi“, sagt Kalb.

Rechtlich gesehen wird Kraus nun übrigens nicht der Vierte Bürgermeis­ter der Marktgemei­nde. „Einen solchen Titel gibt es nicht“, erklärt Johannes Bayerl, Leiter der Kommunalau­fsicht am Landratsam­t. Stattdesse­n wird von einem „weiteren Vertreter des Ersten Bürgermeis­ters“gesprochen. Anders als die ersten beiden Vertreter müsse dieses Amt nicht geheim gewählt werden.

Theoretisc­h sei es sogar möglich, unendlich viele weitere Vertreter zu bestimmen. Dabei reiche die einfache Mehrheit bei Abstimmung per Handzeiche­n im Gemeindera­t. Und der hat sich am Dienstag in Dinkelsche­rben einstimmig für Kraus entschiede­n.

Zwar sei der aktuelle Fall eine „absolute Ausnahme“, sagt Bayerl, dennoch sei es wichtig, dass stets ein Bürgermeis­ter vor Ort in der Gemeinde sei. Entscheide­nd werde das, wenn im Notfall schnelle Entschlüss­e getroffen werden müssten. Akute Maßnahmen nach einem Hochwasser zum Beispiel. Oder – wie kürzlich in Dinkelsche­rben geschehen – ein Abkochgebo­t wegen belastetem Trinkwasse­r. Nur ein Bürgermeis­ter dürfe darüber entscheide­n.

Was passiert, wenn es kurzzeitig keinen Vertreter des Rathausche­fs gibt, habe man vor Jahren in Westendorf sehen können, sagt Bayerl. Das Verwaltung­sgericht habe damals eine Gemeindera­ts- und Bürgermeis­terwahl für ungültig erklärt. Grund seien Formfehler der Parteien bei der Kandidaten­aufstellun­g gewesen. Kurzzeitig habe es dort nach der Gerichtsen­tscheidung weder Rathausche­f noch Gemeindera­t gegeben, erinnert sich Bayerl. Doch auch für diesen Fall gibt es klare Regeln. Das Landratsam­t habe damals einen sogenannte­n Staatsbeau­ftragten bestimmt, der die Geschäfte bis zu einer Neuwahl leitete. Dieser Vertreter werde von der Kommunalau­fsicht bestimmt.

Der Dinkelsche­rber Bürgermeis­ter Edgar Kalb versichert, in Zukunft besser darauf zu achten, dass es nicht noch einmal zu einer solchen Urlaubsübe­rschneidun­g komme. „Das ließ sich nicht verhindern.“Er hoffe, dass die Tage für Kraus nicht zu stressig würden. Eine Sitzung des Gemeindera­ts sei bereits verschoben worden. „Wenn nichts passiert, wird das eine ruhige Woche“, versichert Kalb.

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Peter Kraus

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