Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Oberschönenfeld widmet sich antiken Helden
Schwäbische Galerie zeigt Figuren der griechischen oder römischen Mythologie und ihrem Einfluss auf heute
Oberschönenfeld Ikarus, Ödipus, Medusa und Aphrodite begegnen dem Verbraucher unter anderem als Kühlerfiguren, Gartenstatuen oder Filmhelden. Oftmals stehen ihre Namen für etwas ganz anderes, als dies ursprünglich der Fall war: Restaurants, Designermöbel, Studienreisen, Festivals, Software, Tattoostudios und viele Dinge mehr sind nach Figuren der griechischen oder römischen Mythologie benannt.
Die aktuelle Sonderausstellung „Ikarus und Ödipus – Medusa und Aphrodite: Mythologie und Vermarktung“in der Schwäbischen Galerie des Museums Oberschönenfeld geht auf dieses Phänomen ein. Den Schwerpunkt bilden Werke aus der Sammlung des Museums. Sie zeigen, wie Künstler des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts die klassischen Themen in ihre ganz eigene Bildsprache übersetzt haben. Anhand von Werken des Malers Hanns Weidner und seiner Künstlerkollegen Margarete Schepelmann-Groz, Georg Bernhard und Erich Schmidt-Unterseher sowie Monika Schultes wird aber auch erklärt, woher diese Namen kommen und was ihre Geschichten bedeuten.
Hanns Weidner (1906 Augsburg-1981 München) war von der griechischen Mythologie fasziniert. Bereits in den 1940er-Jahren griff er bestimmte Themen auf, wie beispielsweise Odysseus. Den Höhepunkt seiner Arbeit in diesem Kontext bilden rund 20 Acrylbilder, die zwischen 1975 und 1981 entstanden: Kultstätten, Götter, Liebespaare und Helden, aber auch das Jenseits und die Unterwelt übersetzte der Augsburger Maler in Darstellungen, die von einer ganz eigenen Motivwahl und stilisierter Gegenständlichkeit geprägt sind.
„Viele der Arbeiten basieren auf Gedichten des römischen Dichters Publius Ovidius Naso (Ovid)“, sagt Mechthild Müller-Hennig, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Schwäbischen Galerie. Ovid beschreibt, wie Zeus sich in einen Goldregen verwandelte, um sich mit Danae zu vereinigen – oder in einen Stier, um sich der Europa zu nähern. Auch Daphne, die vor dem verliebten Gott Apoll flieht und sich in einen Lorbeerbaum verwandelt und viele Sagen mehr hat Ovid in seinen Versen beschrieben. Die meisten Motive der griechischen Mythologie, die Hanns Weidner aufgegriffen hat, sind bei Ovid beschrieben. „Er orientierte sich auch an Darstellungen dieser Stoffe durch andere Künstler“, so Mechthild MüllerHennig. Von großer Bedeutung waren zwei Reisen nach Griechenland. Nach der zweiten Reise im Jahr 1975, bis kurz vor seinem Tod Ende 1981, entstanden die Werke, die jetzt in Oberschönenfeld zu sehen sind. „Weidners Bilder seiner letzten Jahre sind nicht laut, nicht schreiend, sie sollen nachdenklich stimmen, zum Meditieren anregen, wie er es selbst ausdrückte“, sagt Mechthild Müller-Hennig. Dem entspricht auch, dass er keine kriegerischen Themen auswählt, die ja in der griechischen Sagenwelt eine große Rolle spielen.
Doch nicht nur die Arbeiten werden gezeigt: Zu jedem WeidnerBild gesellt sich ein Foto mit einer antiken Darstellung der jeweiligen Mythen. In einem Memory-Spiel können die Besucher die jeweilige mythische Gestalt dem entsprechenden Gemälde zuordnen.
Außerdem widmet sich die Schau der Vermarktung der Sagengestalten und ihrer Taten. Dies ging bereits in der Antike los. Im klassischen Griechenland zierten Figuren antiker Götter Schmuck- und Kosmetikkästchen, Salbgefäße, Öllämpchen, Spiegel oder Trinkgefäße und schließlich auch Münzen.
Und sie sind bis heute präsent, beispielsweise beim Paketdienst Hermes, bei den Pegasus Airlines, bei Tattoostudios im Namen und als Motive, in griechischen Restaurants und bei mit Götternamen benannten Speisen dort.
OÖffnungszeiten bis 6. Januar, jeweils Dienstag bis Sonntag von 10 bis
17 Uhr, Feiertage geöffnet. Für Gruppen auch nach Vereinbarung.