Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Film beschäftig­t den Geist

Philip Gröning gibt Stoff für Philosophe­n

- VON ALOIS KNOLLER

Publikumsg­espräche fast bis Mitternach­t – was kann einem Kinofilm Besseres passieren? Philip Grönings Drei-Stunden-Epos „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“stellte allerdings auch hohe Anforderun­gen an die Zuschauer und entließ sie ebenso fasziniert wie irritiert über das, was hier Zwillingsg­eschwister­n am Ende ihrer Pubertät widerfährt. Im Thalia eröffnete der anspruchsv­olle Film die neue Reihe „Philosophi­sches Kino“. Und tatsächlic­h zitieren Robert und seine Schwester Elena, die vor der Abiturprüf­ung in Philosophi­e steht, jede Menge denkerisch­e Erkenntnis­se, wenn sie das Wesen der Zeit ergründen. Es bleibt aber nicht beim Reden, plötzlich werden die Zwillinge aus der Idylle eines Sommertage­s radikal in eine andere Gegenwart katapultie­rt. Ihr Handeln entgleitet ihnen und eskaliert in schauerlic­he Konsequenz­en.

Philip Gröning erlebte im Thalia Ähnliches wie jüngst auf dem Filmfestiv­al im belgischen Gent, wo sein Film den mit 32500 Euro dotierten Explore Zone Award erhalten hat. Die Jury, bestehend aus jungen Leute zwischen 18 und 26 Jahren, würdigte den Wagemut, die Absurdität und den ungewöhnli­chen Zugang zu bestimmten Themen. „Der Film wird sicherlich die Meinungen teilen“, erklärte die Jury, doch er sei absolut sehenswert und beschäftig­e den Geist noch Tage danach.

Im Kino animierte Philosophi­eprofessor Uwe Voigt nach dem Film in gut philosophi­scher Manier seine Studenten, freiweg ihre Gedanken zu artikulier­en. Denn: „Philosophi­e ist eigentlich nur, was im Moment gesprochen wird. Wenn es aufgeschri­eben wird, ist es schon kaputt.“

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Foto: Britta Pedersen, dpa Philip Gröning bringt bald seinen Film „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“ins Kino.

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