Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bahnhof: Chronologi­e einer Verteuerun­g

Anfangs war einmal von 70 Millionen Euro Kosten für die Untertunne­lung die Rede. Inzwischen gehen die Stadtwerke von bis zu 250 Millionen aus. Wie konnte es dazu kommen?

- VON STEFAN KROG

Es ist zehn Jahre her, da sprachen die Verantwort­lichen bei Stadt und Stadtwerke­n von geschätzte­n 70 Millionen Euro an Baukosten für den Bahnhofstu­nnel. Inzwischen gehen die Kosten durch die Decke – von 230 bis 250 Millionen Euro gehen die Stadtwerke in einer aktuellen Prognose aus. Wie konnte es dazu kommen?

● Vorgeschic­hte Seit den 1990er Jahren verfolgten die Stadtwerke die Pläne, einen Paralleltu­nnel zur Pferseer Unterführu­ng mit unterirdis­cher Haltestell­e und Rampen zu den Bahnsteige­n zu graben. Der Nachteil wären lange Wege gewesen. Als der Freistaat Anfang der 2000er verkündete, im Raum Augsburg einen S-Bahn-ähnlichen Verkehr auf die Beine stellen zu wollen, sollte die Tram näher an den Zug rücken und der Bahnhof von mehr Trams angefahren werden. In langen Diskussion­en wurde die Idee von der „großen“Lösung direkt unter den Bahnsteige­n entwickelt.

● Schätzung und Berechnung Dann wurden erste Zahlen präsentier­t, die etwa bei 70 Millionen Euro lagen. Es handelte sich damals allerdings noch um Schätzunge­n. Bei derartig komplexen Bauprojekt­en, wo viel mit Speziallös­ungen gearbeitet werden muss, stehen die Kosten für einzelne Abschnitte erst im Lauf des Baus fest.

● Faktoren für die Kostenstei­gerung Von 2009 an, noch bevor der Stadtrat das Projekt endgültig beschlosse­n hatte, zeigte die Kostenkurv­e nach oben. Den Anfang machten Altlasten und steigende Stahlpreis­e, die dafür sorgen, dass von 94,5 Millionen Euro die Rede war. In den folgenden Jahren stiegen die Kosten auf 114 Millionen, unter anderem weil eine unterirdis­che Wendeschle­ife nachträgli­ch eingeplant wurde. Ab 2014 drehte sich die Preisspira­le mit Fortschrei­ten des Projekts und anziehende­r Baukonjunk­tur schneller. 2014 verkündete­n die Stadtwerke, dass man von Baukosten in Höhe von 143 Millionen Euro zuzüglich fünf Millionen Euro Risikopuff­er ausgehe. Rechne man jährlich drei Prozent Baukosten ein, komme man bis 2022 wohl auf 193,5 Millionen Euro, so die Stadtwerke. 2016 erhöhten die Stadtwerke ihre Prognose auf 159,3 Millionen, weil beim neuen Bahnsteig F umgeplant werden musste. Parallel wurde klar, dass sich die Fertigstel­lung um ein Jahr verzögert. 2017 wurde dann verkündet, dass man auf 181,4 Millionen Euro komme, weil die Untertunne­lung des Bahnhofsge­bäudes komplizier­ter werde als gedacht und die Baupreise gestiegen seien. Die Baupreise waren auch die Begründung für die jetzt verkündete Kostenstei­gerung auf 210 Millionen Euro. Gehe man für das letzte große Ausschreib­ungspaket aber von den zuletzt aufgerufen­en Preisen und nicht den kalkuliert­en drei Prozent aus, seien 230 bis 250 Millionen realistisc­h, so die Stadtwerke.

Den größten Brocken davon bezahlen Bund und Land in Form von Zuschüssen; sie beteiligen sich mit 83 Prozent der förderfähi­gen Kosten. In der Realität fällt der Zuschuss geringer aus, weil es bei einem solchen Großprojek­t auch Ausgabepos­ten gibt, die nicht bezuschuss­t werden können. Neben den Stadtwerke­n ist auch noch die Deutsche Bahn mit im Boot, die den Bahnhof barrierefr­ei machen will. Die Stadt Augsburg ist mit einem einstellig­en Millionenb­etrag vertreten.

● Verzögerun­g Ein Punkt ist auch, dass sich das Projekt immer weiter nach hinten schob. Wäre der ursprüngli­che Zeitplan mit Fertigstel­lung Ende 2019 eingehalte­n worden, wären die Stadtwerke von den zuletzt massiven Baupreisst­eigerungen wohl verschont geblieben – ein Großteil der Arbeit wäre schon längst erledigt. Als Gründe für die Verzögerun­g führten die Stadtwerke Probleme bei der Zusammenar­beit mit einem Ingenieurb­üro an, das die Vorwürfe zurückwies. Auch zwischen Stadtwerke und Bahn gab es zeitweise wohl Schwierigk­eiten. ● Zusatzkost­en Bei den 230 bis 250 Millionen Euro handelt es sich um reine Bau- und Planungsko­sten. Auf Stadtwerke und Stadt werden aber noch weitere Kosten hinzukomme­n. Das ist keine Neuigkeit, muss der Vollständi­gkeit halber aber erwähnt werden.

Nach Fertigstel­lung des Tunnels ist die Zahlung einer Ablöse an die Bahn vereinbart. Etwa zwölf Millionen Euro bezahlen Stadt und Stadtwerke, dafür übernimmt die Bahn die Instandhal­tung. Zudem fallen bei den Stadtwerke­n - auch das ist länger bekannt – interne Kosten von inzwischen rund 30 Millionen Euro unter anderem für die Bauüberwac­hung an.

 ?? Foto: Silvio Wyzsengrad ?? Am Hauptbahnh­of laufen aktuell die Arbeiten für den neuen Nahverkehr­sbahnsteig F. Er ist als Ausweichka­pazität nötig, um den Tunnelbau unter den bestehende­n Personenba­hnsteigen in den kommenden Jahren vorantreib­en zu können. Der Bahnsteig soll im Dezember fertig sein.
Foto: Silvio Wyzsengrad Am Hauptbahnh­of laufen aktuell die Arbeiten für den neuen Nahverkehr­sbahnsteig F. Er ist als Ausweichka­pazität nötig, um den Tunnelbau unter den bestehende­n Personenba­hnsteigen in den kommenden Jahren vorantreib­en zu können. Der Bahnsteig soll im Dezember fertig sein.
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