Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bahnhof: Chronologie einer Verteuerung
Anfangs war einmal von 70 Millionen Euro Kosten für die Untertunnelung die Rede. Inzwischen gehen die Stadtwerke von bis zu 250 Millionen aus. Wie konnte es dazu kommen?
Es ist zehn Jahre her, da sprachen die Verantwortlichen bei Stadt und Stadtwerken von geschätzten 70 Millionen Euro an Baukosten für den Bahnhofstunnel. Inzwischen gehen die Kosten durch die Decke – von 230 bis 250 Millionen Euro gehen die Stadtwerke in einer aktuellen Prognose aus. Wie konnte es dazu kommen?
● Vorgeschichte Seit den 1990er Jahren verfolgten die Stadtwerke die Pläne, einen Paralleltunnel zur Pferseer Unterführung mit unterirdischer Haltestelle und Rampen zu den Bahnsteigen zu graben. Der Nachteil wären lange Wege gewesen. Als der Freistaat Anfang der 2000er verkündete, im Raum Augsburg einen S-Bahn-ähnlichen Verkehr auf die Beine stellen zu wollen, sollte die Tram näher an den Zug rücken und der Bahnhof von mehr Trams angefahren werden. In langen Diskussionen wurde die Idee von der „großen“Lösung direkt unter den Bahnsteigen entwickelt.
● Schätzung und Berechnung Dann wurden erste Zahlen präsentiert, die etwa bei 70 Millionen Euro lagen. Es handelte sich damals allerdings noch um Schätzungen. Bei derartig komplexen Bauprojekten, wo viel mit Speziallösungen gearbeitet werden muss, stehen die Kosten für einzelne Abschnitte erst im Lauf des Baus fest.
● Faktoren für die Kostensteigerung Von 2009 an, noch bevor der Stadtrat das Projekt endgültig beschlossen hatte, zeigte die Kostenkurve nach oben. Den Anfang machten Altlasten und steigende Stahlpreise, die dafür sorgen, dass von 94,5 Millionen Euro die Rede war. In den folgenden Jahren stiegen die Kosten auf 114 Millionen, unter anderem weil eine unterirdische Wendeschleife nachträglich eingeplant wurde. Ab 2014 drehte sich die Preisspirale mit Fortschreiten des Projekts und anziehender Baukonjunktur schneller. 2014 verkündeten die Stadtwerke, dass man von Baukosten in Höhe von 143 Millionen Euro zuzüglich fünf Millionen Euro Risikopuffer ausgehe. Rechne man jährlich drei Prozent Baukosten ein, komme man bis 2022 wohl auf 193,5 Millionen Euro, so die Stadtwerke. 2016 erhöhten die Stadtwerke ihre Prognose auf 159,3 Millionen, weil beim neuen Bahnsteig F umgeplant werden musste. Parallel wurde klar, dass sich die Fertigstellung um ein Jahr verzögert. 2017 wurde dann verkündet, dass man auf 181,4 Millionen Euro komme, weil die Untertunnelung des Bahnhofsgebäudes komplizierter werde als gedacht und die Baupreise gestiegen seien. Die Baupreise waren auch die Begründung für die jetzt verkündete Kostensteigerung auf 210 Millionen Euro. Gehe man für das letzte große Ausschreibungspaket aber von den zuletzt aufgerufenen Preisen und nicht den kalkulierten drei Prozent aus, seien 230 bis 250 Millionen realistisch, so die Stadtwerke.
Den größten Brocken davon bezahlen Bund und Land in Form von Zuschüssen; sie beteiligen sich mit 83 Prozent der förderfähigen Kosten. In der Realität fällt der Zuschuss geringer aus, weil es bei einem solchen Großprojekt auch Ausgabeposten gibt, die nicht bezuschusst werden können. Neben den Stadtwerken ist auch noch die Deutsche Bahn mit im Boot, die den Bahnhof barrierefrei machen will. Die Stadt Augsburg ist mit einem einstelligen Millionenbetrag vertreten.
● Verzögerung Ein Punkt ist auch, dass sich das Projekt immer weiter nach hinten schob. Wäre der ursprüngliche Zeitplan mit Fertigstellung Ende 2019 eingehalten worden, wären die Stadtwerke von den zuletzt massiven Baupreissteigerungen wohl verschont geblieben – ein Großteil der Arbeit wäre schon längst erledigt. Als Gründe für die Verzögerung führten die Stadtwerke Probleme bei der Zusammenarbeit mit einem Ingenieurbüro an, das die Vorwürfe zurückwies. Auch zwischen Stadtwerke und Bahn gab es zeitweise wohl Schwierigkeiten. ● Zusatzkosten Bei den 230 bis 250 Millionen Euro handelt es sich um reine Bau- und Planungskosten. Auf Stadtwerke und Stadt werden aber noch weitere Kosten hinzukommen. Das ist keine Neuigkeit, muss der Vollständigkeit halber aber erwähnt werden.
Nach Fertigstellung des Tunnels ist die Zahlung einer Ablöse an die Bahn vereinbart. Etwa zwölf Millionen Euro bezahlen Stadt und Stadtwerke, dafür übernimmt die Bahn die Instandhaltung. Zudem fallen bei den Stadtwerken - auch das ist länger bekannt – interne Kosten von inzwischen rund 30 Millionen Euro unter anderem für die Bauüberwachung an.