Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Eine Stammzellenspende rettet ihm das Leben
Peter Mieze erkrankt 2017 an der schlimmsten Form von Leukämie. Nach drei Chemotherapien hilft ihm nur noch eine Transplantation. Ein Jahr danach feiert er mit einer Zeitungsanzeige, dass es ihm wieder besser geht
Diedorf Der 18. Oktober ist für Peter Mieze aus Diedorf ein besonderer Tag. Groß gefeiert hat er zwar nicht, dafür will er etwas verkünden, was ihm schon seit Monaten ein dringendes Bedürfnis ist. Zum vergangenen Wochenende schaltet er eine Zeitungsanzeige, damit alle Leser sehen können, was ihm auf dem Herzen liegt: „Hurra, ich lebe noch!“
Am 18. Oktober 2017 erhielt Peter Mieze eine Stammzellentransplantation, die ihm das Leben rettete. Ein Jahr später erzählt der 71-Jährige von seiner Krankheit. Mit seiner Ehefrau Inge sitzt er im Esszimmer seines Hauses in Diedorf. Während er spricht, hält er ununterbrochen die Anzeige in seinen Händen und streicht über das Zeitungspapier.
Die Geschichte beginnt mit einer Blutabnahme beim Hausarzt im Frühsommer 2017. Die Werte sind auffällig, der Arzt schickt Mieze zu einem Spezialisten. „Der meinte nur, wir warten jetzt erst mal die Untersuchungen ab.“Einige Wochen später bekommt Mieze dann die Diagnose: Leukämie, Blutkrebs, die schlimmste Form. Die Überlebenschancen stehen 50:50. „Ich habe sofort gegoogelt und gelesen, dass diese Form unbehandelt in wenigen Wochen zum Tod führt.“
Die Ärzte schicken Mieze ins Klinikum nach Augsburg. Dort bekommt er zwei Mal über mehrere Tage ein Mittel eingeflößt, ähnlich einer Chemotherapie. Immer wieder braucht Mieze Bluttransfusionen, das Mittel schlägt nicht an. „Die Ärzte haben mir gesagt: Nichts hilft, ich brauche eine Stammzellentransplantation.“
Eine aggressive Chemotherapie bereitet ihn auf den Eingriff vor. Jeden Tag testen die Ärzte das Blut, verabreichen Antibiotika, fahren das Immunsystem auf null. „Das waren schlimme Chemikalien, mir war übel und ich hatte zu viel Wasser in den Beinen.“In vier Wochen nahm der 1,94 Meter große Mann 20 Kilo ab. Doch das Schlimmste war für ihn: „Ich konnte mich nicht mehr frei bewegen, war ständig angebunden mit den ganzen Schläuchen. Drei Mal musste ich für einen Venenkatheter operiert werden, weil immer die Gefahr bestand, dass er sich entzündet.“
Im September überbringen die Ärzte die gute Nachricht: Sie haben drei Stammzellenspender gefunden, einer davon passt perfekt. Die Ärzte sind zuversichtlich, rechnen Mieze eine 80-prozentige Lebenschance ein. Der Eingriff selbst geht ganz schnell. „Es war wie eine Infusion. Fünf Leute standen um mein Bett, dann wurde mir plötzlich ganz heiß. Das war’s.“
Dann beginnt für die Familie das große Warten, ob der Körper die neuen Zellen annimmt und wieder gesundes Blut produziert. Nach zehn Tagen stellt sich heraus, dass alles gut aussieht. Wenige Tage später wird Peter Mieze in eine Rehaklinik überwiesen. „Mir ging es sehr schlecht. Ich war schwach, habe keinen Bissen runtergebracht – wie ein Pflegefall. 17 Tabletten musste ich morgens und abends schlucken.“Nach fünf Wochen Reha hat er noch kein Gramm zugenommen und erkrankt für zwei Monate an einer schweren Bronchitis. „Das war die größte Krise. Ich dachte, es geht nie wieder bergauf.“Erst im Frühjahr 2018 geht es aufwärts. Die Blutwerte verbessern sich und Peter Mieze nimmt zwölf Kilo zu. Äußerlich bleibt nur eine kahle Stelle an seiner rechten Schläfe, wo die Haare nach der Chemo ausgefallen sind. Doch er denkt oft zurück an die Zeit.
Deshalb schaltet er die Anzeige, um die gute Nachricht zu verbreiten und sich bei Ärzten und Pflegern, den Blutspendern und dem Stammzellenspender zu bedanken. Besonders seine Frau, der Sohn und die beiden Enkelkinder waren während der Krankheit die größte Stütze für ihn. „Doch ausdrücklich keinen Dank schicke ich an irgendwelche Götter oder Heilige. Ich bin Atheist, ich glaube an Heilung durch Medizin.“Das hat nicht jedem gefallen. Nachdem die Anzeige erscheint, bekommt Peter Mieze einen unbekannten Anruf: „Selbst du brauchst Jesus“, schimpft der Unbekannte. Eine Bekannte schickt ihm dafür einen Brief, wie sehr sie sich über seine Genesung freut.
Das erste Jahr hat Peter Mieze geschafft. Wenn er bis Oktober 2019 gesund bleibt, dann gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass der Krebs zurückkommt, sagen die Ärzte. „Erst dann darf ich meinen Stammzellenspender kennenlernen und kann mich bei ihm bedanken.“