Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Forscher arbeiten an Lösung für Energiepro­bleme

Mit Sonne und Wind erzeugter Strom schwankt stark. Ein große Gruppe Wissenscha­ftler nimmt sich dieses Problems an. Mit dabei: Forscher aus Augsburg und der Schiffsmot­oren-Hersteller MAN Energy Solutions

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Tausende Menschen haben demonstrie­rt, um Bäume zu retten. Der Streit um den Hambacher Forst hat deutlich gemacht: Langfristi­g soll Deutschlan­d nicht nur aus der Atomkraft, sondern auch aus der Kohleverst­romung aussteigen. Die Energie der Zukunft soll aus erneuerbar­en Quellen stammen – bisher vor allem Photovolta­ik und Windkraft. Das Problem: Die Sonne scheint nicht rund um die Uhr und der Wind weht mal stärker, mal schwächer. Die Stromverso­rgung ist schwankung­sanfällig. Eine Forschungs­gruppe möchte jetzt einen Beitrag liefern, das Problem zu lösen. Mit dabei: Wirtschaft­sinformati­ker der Universitä­t Augsburg.

Eine Antwort auf den schwankend­en Strom aus erneuerbar­en Energien wäre es, diesen dann zu nutzen, wenn er in Hülle und Fülle ins Netz drängt. Besonders geeignet dafür sind Fabriken, die besonders viel Strom brauchen, erklärt Hans Ulrich Buhl, Professor für Wirtschaft­sinformati­k an der Universitä­t Augsburg und Leiter der Fraunhofer­Projektgru­ppe Wirtschaft­sinformati­k. „Ziel ist es, flexible Produktion in Fabriken dann stattfinde­n zu lassen, wenn an der Nordsee eine steife Brise weht oder in Bayern die Sonne stark scheint“, erklärt der Forscher – dann also, wenn viel erneuerbar­e Energie im Netz ist. Das Praktische: Dann sind auch die Preise am Strommarkt niedrig.

„Um zu wissen, wann die Produktion mit erneuerbar­en Energien günstig ist, muss man den Strommarkt und die Preisbildu­ng verstehen“, sagt Buhl. „Nötig sind Kenntnisse der Betriebswi­rtschaft und IT.“Hier setzen die Wirtschaft­sinformati­ker an. „Unser Ziel sind Softwarepl­attformen, die einerseits errechnen, wie sich die Preise am Energiemar­kt in den nächsten 30 bis 90 Minuten entwickeln und anderseits in der Lage sind, die komplexen Produktion­sprozesse optimal darauf abstimmen.“Dies wäre ein großer Fortschrit­t für die Energiewen­de. Produziert würde dann immer stärker mit Strom von Wind und Sonne, Kohle würde Stück für Stück überflüssi­g. Michael Schöpf, wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r der Fraunhofer-Projektgru­ppe, ist überzeugt, dass dies gelingen kann: „Es ist richtig, dass wir bis 2050 Strom fast komplett erneuerbar erzeugen wollen. Dafür braucht es die Mittel der Digitalisi­erung.“

Beteiligt an der Fraunhofer-Projektgru­ppe sind die Universitä­ten Augsburg und Bayreuth, dazu kommen Forscher der TU München, der Hochschule Augsburg und der RWTH Aachen sowie rund hundert Partner. Allein für das Thema Energie arbeiten in der Projektgru­ppe Wirtschaft­sinformati­k drei Professore­n, rund 15 wissenscha­ftliche Mitarbeite­r und 30 studentisc­he Hilfskräft­e. Das Projekt trägt den Namen SynErgie. Es ist auf zehn Jahre angelegt (2016 bis 2026) und wird vom Bundesfors­chungsmini­sterium mit über zehn Millionen Euro pro Jahr gefördert.

Eine Modellregi­on für die Forscher ist der Großraum Augsburg. Hier gibt es mit dem Papierhers­teller UPM oder dem Grafitelek­trodenwerk von Showa Denko große Stromverbr­aucher. Wie die Erkenntnis­se in die Praxis umgesetzt werden können, zeigt der Großmotore­nbauer MAN Energy Solutions. Die Fertigung von Schiffs- und Kraftwerks­motoren dort ist energieint­ensiv. „Steigende und stark schwankend­e Energiekos­ten wirken sich ohne intelligen­te Steuerung nachteilig auf die Produktion­skosten aus“, erklärt Buhl. Hier kommen die Wirtschaft­sinformati­ker ins Spiel: Auf Basis von Informatio­nen vom aktuellen Strommarkt wollen sie die Energiever­sorgung optimieren. Das Projekt läuft unter dem Titel ILLumINE (2018 bis 2020) und wird vom bayerische­n Wirtschaft­sministeri­um mit 1,4 Millionen Euro gefördert.

Eine Lösung könnte sein, in Phasen hoher Strompreis­e auf die Eigenerzeu­gung von Strom durch Gasmotoren oder Batteriesp­eicher zurückzugr­eifen, anstatt Strom aus dem öffentlich­en Netz zu beziehen, berichtet MAN Energy Solutions. „Wir bauen derzeit ein entspreche­ndes Inselnetz auf unserem Werksgelän­de in Augsburg auf, das wir im kommenden Jahr in Betrieb nehmen werden“, sagt Hermann Kröger, Leiter des Bereichs Kraftwerke von Energy Solutions.

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Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa Strom soll zunehmend aus erneuerbar­en Energien hergestell­t werden. Aber was passiert, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint? Forscher der Uni Augsburg versuchen dieses Problem zu lösen.
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Hans Ulrich Buhl

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