Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Kein Ehrenamt im Ankerzentrum?
Inninger Bürger machen Druck. Sie wollen Kontakt zu den derzeit 47 Flüchtlingen, die in der Alten Ziegelei untergebracht sind. Doch die Regierung von Schwaben setzt auf Regeln und Restriktion
Die Regierung von Schwaben sorgt im Süden Augsburgs für Unmut. Die Ehrenamtlichen des Inninger Helferkreises, aber auch die beiden dortigen Sportvereine und die Profis vom Augsburger Freiwilligenzentrum suchen den Kontakt zu den derzeit 47 Flüchtlingen in der Inninger Dependance des Donauwörther Ankerzentrums. Doch Anträge, mühsame Kommunikation mit der Regierung von Schwaben und die gefühlte Abschottung der Einrichtung erschweren die Arbeit.
Dabei sind die Ehrenamtlichen hier geübt in Sachen Unterstützung. Im Jahr 2016 von 50 Bürgern gegründet, schrumpfte er zwar auf zehn. Doch in den letzten zwei Jahren konnten sie drei syrische Familien unterstützen, die die Stadt in der umgebauten Exfiliale der Kreissparkasse unterbringt. Alle fanden eigene Wohnungen. Erst vor zwei Wochen trafen wieder zwölf Flüchtlinge neu aus Syrien ein. Helferin Josefine Knoll: „Wir haben für die Frauen einmal pro Woche Deutschunterricht und Hausaufgabenhilfe für die Kinder im Programm. Das klappt sehr gut.“Mit Blick auf den neuen Ableger des Ankerzentrums Donauwörth hat sie eher ein ungutes Gefühl. „Die Männer dort haben keinerlei Kontakte – das kann auf Dauer nicht gut gehen.“
Ähnliche Wortmeldungen gab es am Infoabend im Pfarrheim von St. Peter und Paul, zu dem Pfarrer Thomas Seibert für den Gögginger Arbeitskreis Asyl, die Caritas, deren Sozialarbeiter im südlichen Augsburg für die Betreuung der städtischen Unterkünfte zuständig sind, und Katja Hoffmann vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) eingeladen hatte. „Es kann doch nicht sein, ich, um zu erfahren, ob jemand dort mit in die Stadt oder zu einem Spaziergang will, erst Anträge stellen muss“, empört sich eine Dame unter den 40 Zuhörern. Michael Groll, Leiter des Helferkreises, findet ebenfalls, dass die Bedingungen sehr schwierig seien. „Spontan geht da nichts“, sagt er. Eine junge Frau könnte sich Aktivitäten mit Freunden und Flüchtlingen zwar vorstellen. „Aber mich schreckt es ab, wenn ich für Mitmenschlichkeit die Erlaubnis einer Behörde brauche“, erklärt sie.
Doch so ist es. Anders als bei der städtischen Unterkunft wird die Alte Ziegelei von der Regierung von Schwaben betrieben, und die verweist auf Regeln, Security und Hausordnung. Ehrenamtliche müssen sich anmelden. Die Regierung gibt diese Info an die Security weiter, die die Identität prüft und am Eingang Besucherausweise ausstellt. Auch Katja Hoffmann findet das nicht ideal. Sie wünscht sich, dass die Arbeit der Helfer endlich in Gang kommen kann. „Es muss jetzt was passieren“, sagt die Diplom-Pädagogin. Einmal pro Woche ist sie „drin“, bietet Asylsozialberatung an und hört die Klagen der Bewohner. „Außer den Essenszeiten gibt es für die 35 türkischen und 12 gambischen Männer dort nichts. Die reine Leere“, sagt sie.
Das Augsburger Freiwilligenzentrum hat Kontakt zur Regierung. Doch rund läuft das auch nicht, wie Wolfgang Taubert, Leiter Integrationsprojekte durch Sport, findet. Sechs Wochen hat er auf eine Reaktion auf sein Konzept gewartet. Dieses schlägt vor, Basketball-, Badminton-, Tischtennis- oder Kegelmöglichkeiten im Freien einzurichten und drinnen Schach, türkidass sches Rommé und Backgammon zur Verfügung zu stellen. Ende September erhielt er Nachricht. Der Brandschutz müsse geklärt sein, dann würden ein Basketballkorb und eine Tischtennisplatte aufgestellt, erklärte die Regierung. Zubehör könnten sich die Männer gegen Pfand ausleihen. Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt die Regierung, dass der Brandschutz weiterhin „geprüft“wird. „Ich wünsche mir, dass uns weniger Steine in den Weg gelegt würden“, erklärt Taubert. Die Bedenken der Behörde, die Inninger Unterkunft könnte nach der Eröffnung des neuen Ablegers des Ankerzentrums im Kobelweg eventuell geschlossen werden, lässt er nicht gelten. „Das ist ein Scheinargument. So ein Basketballkorb kann doch mit umziehen.“
Während im Donauwörther Ankerzentrum Deutschkurse des BBZ stattfinden, geht in Inningen seit zwei Monaten nichts voran, obwohl BBZ und Tür an Tür, aber auch Ehrenamtliche bereitstehen. Mal scheitert es an den Fahrtkosten, denn die Asylbewerber haben laut Hoffmann lediglich eine Streifenkarte pro Monat zur Verfügung. Dann wieder bremst die Regierung: Es lohne sich nicht, die Inninger Einrichtung werde sowieso wieder zu gemacht. Sandra Thofern vom BBZ hat jetzt allerdings das Einverständnis von ganz oben, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, bekommen, auch in den schwäbischen Außenstellen des Ankerzentrums Deutschkurse abhalten zu können. Nur fehlt die Zustimmung der Regierung für die Essräume. „Wenn wir die dann haben, könnten wir nach den Herbstferien loslegen“, erklärt sie.