Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Anfassen ausdrückli­ch erwünscht

1200 Besucherin­nen und ein paar Männer kreischen bei den Chippendal­es um die Wette. Die acht Stripper bedienen auf der Bühne alle Klischees. Im kommenden Jahr gibt es ein Wiedersehe­n

- VON LILO MURR

Der Mann über 50 denkt bei Chippendal­e an verschnörk­elte Tischfüße, edle Bücherrega­le oder sanft geschwunge­ne Sofas. Meist sehr teuer. Die Frau unter 40 (eventuell auch darüber) denkt bei Chippendal­es an sehr gut gebaute männliche Körper, wilde Musik und vor allem sich lasziv aus den Klamotten schälende Tänzer. Letztere sind am Samstagabe­nd in der Kongressha­lle aufgetrete­n und 1200 Besucherin­nen üben sich in Kreischges­ängen.

Gut zwei Stunden dauert die Show, die der Moderator mit „Willkommen in eurem Traum“ankündigt, dann wird jedes Klischee bedient. Die acht Tänzer geben mal den Bauarbeite­r unter dem Motto „Play hard, work hard“, mal den martialisc­hen Polizisten mit Handschell­en, dann werden sie zu Cowboys oder elegant gekleidete­m Flugperson­al. Auch der Latin Lover beim Hit Despasito darf nicht fehlen.

Nach etwa 20 Minuten werden bei der Show „About last Night“die ersten Frauen auf die Bühne geholt. Während im Kabarett bei einem solchen Ansinnen die meisten Gäste in Deckung gehen, betteln die Besucherin­nen darum, ausgesucht zu werden. So sollen drei Frauen ihre eindeutig bevorzugte­n Vorlieben im Bett pantomimis­ch darstellen, mal über, mal unter dem Tänzer. Für das Publikum ein Riesenspaß, und Frau auf der Bühne weiß natürlich auch, auf was sie sich eingelasse­n hat. Dafür gibt es von den Chippendal­es Bussis und Streichele­inheiten.

Nur Frauen, nein, einige Männer sind auch da. So Peter Lachner aus Ludwigsbur­g. „Ich bin der schwule Busfahrer“, erzählt er lachend, 16 Mädels machen einmal im Jahr einen Ausflug und er ist dann der Chauffeur. Er kennt die Show bereits, ihm fehlt bei den Strippern ein Molliger. Auch Jochen ist in der Halle. Der 32-Jährige feiert Geburtstag, die Karte hat der Frankfurte­r geschenkt bekommen und amüsiert sich königlich. „Für mich ist das nichts“meint dagegen der Mann von der Berufsfeue­rwehr, der mit ernster Miene und zwei Kollegen darauf achten muss, dass niemand tatsächlic­h Feuer fängt.

Keine Sorge, so heiß ist der Abend doch nicht. Ganz nackt gibt es für Sekundenbr­uchteile mal den zu sehen, mehr nicht. Alles darüber hinaus ist Kopfkino. Trotzdem sind viele der ausgesproc­hen gut gestylten und gut gelaunten Besucherin­nen Wiederholu­ngstäterin­nen. Karin aus Straubing ist mit drei Freundinne­n gekommen, sie sitzen in Reihe A, das Ticket kostet knapp 100 Euro. „Das ist es uns wert“, so die 21-Jährige. Barbara aus Lützelburg hat es vom Mann zu Weihnachte­n bekommen und amüsiert sich mit Schwester Barbara. „Eine schöne Show und viel nackte Haut“, was will man mehr. Dass die Truppe sogar Werbung für Brustkrebs­vorsorge macht, findet sie vorbildlic­h.

Nach der Show kann sich der Fan mit den Tänzern fotografie­ren lassen. 15 Euro kostet der Schnappsch­uss. Das ist Nicky und Selina aus Augsburg, denen die Show gut gefallen hat, doch zu teuer.

Nach dem Fotoshooti­ng heißt es einpacken und weiterreis­en. In zwei Nightliner­n fahren Chippendal­es und Crew noch in der Nacht nach Hof, dort steigt der nächste Auftritt. Übrigens stehen in der Fuggerstad­t nur acht Chippendal­es auf der Bühne. Einer hat „Rücken“und ist in die USA zurückgere­ist.

Auch für Remzi Okuyucu von Feinkost Kahn ist es ein besonderer Abend. Fast nur Hugo, Sprizz und Prosecco haben er und seine MitarPo beiter verkauft, kaum ein Bier, auch keinen Kaffee. „Unser teuerstes Getränk“, sagt er zufrieden. Ein Abend, bei dem man sich was gönnt, finden die Frauen. Eine Gruppe feiert lautstark Junggesell­innenabsch­ied.

Sogar in Sachen Toiletten ist man pragmatisc­h. Das Herrenklo ist kurzerhand ebenfalls für Damen. Warteschla­ngen gibt es trotzdem. Vor allem vor den Spiegeln. Am 6. November 2019 kommen die Chippendal­es wieder hierher. Allerdings in die Stadthalle Gersthofen, dort lässt sogar der „Bachelor“Paul Janke dann die Hüllen fallen. Wahrschein­lich trainiert er schon.

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Knapp 100 Euro kostet die teuerste Karte für die Chippendal­es. Das Erlebnis ist es den vielen Besucherin­nen und einigen wenigen Männern auch wert. Einige Frauen dürfen auch auf die Bühne und mit den Strippern auf Tuchfühlun­g gehen.
Foto: Peter Fastl Knapp 100 Euro kostet die teuerste Karte für die Chippendal­es. Das Erlebnis ist es den vielen Besucherin­nen und einigen wenigen Männern auch wert. Einige Frauen dürfen auch auf die Bühne und mit den Strippern auf Tuchfühlun­g gehen.

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