Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die bemerkensw­erte Rede von Angela Merkel in Auszügen

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„Bundespoli­tisch können wir nach dieser Wahl in Hessen, nach der Landtagswa­hl in Bayern, nach den Verwerfung­en zwischen CDU und CSU im Sommer, nach der quälend langen Regierungs­bildung, nach dem vorausgega­ngenen Scheitern der Bemühungen, eine Regierung von CDU, CSU, FDP und Grünen zu bilden, nicht einfach zur Tagesordnu­ng übergehen. Ich bin überzeugt: Wir müssen innehalten. Ich jedenfalls tue das. Und ich wünsche mir, dass wir den gestrigen Wahltag als Zäsur nehmen, dass wir alles auf den Prüfstand stellen, was wir spätestens seit der Bundestags­wahl bis heute gesagt und getan haben. (...) Wenn die Menschen uns also ins Stammbuch schreiben, was sie von den Vorgängen mit der Regierungs­bildung auf der Bundeseben­e und von der Arbeit der Bundesregi­erung in den ersten sieben Monaten halten, dann ist das ein deutliches Signal, dass es so nicht weitergehe­n kann. Das Bild, das die Regierung abgibt, ist inakzeptab­el. Ihre in weiten Teilen sehr ordentlich­e Sacharbeit hatte bislang überhaupt keine Chance, wahrgenomm­en zu werden. Und das hat tiefere Ursachen als nur kommunikat­ive. Ich rede hier wirklich nicht allein, wie es so schön heißt, über ein Vermittlun­gsproblem. Ich rede über eine Arbeitskul­tur. Ich rede darüber, dass es eigentlich ein Treppenwit­z der Geschichte wäre, wenn man schon nach gut sechs Monaten den Stab über diese Bundesregi­erung brechen müsste, nur weil sie sich nicht in der Lage sieht, so zu arbeiten, dass es die Menschen nicht abstößt. Und darauf gilt es sich zu konzentrie­ren. (...) Für mich ist es heute an der Zeit, Ihnen folgende Entscheidu­ngen mitzuteile­n: Erstens: Auf dem nächsten Bundespart­eitag der CDU im Dezember in Hamburg werde ich nicht wieder für das Amt der Vorsitzend­en der CDU Deutschlan­ds kandidiere­n. Zweitens: Diese vierte Amtszeit ist meine letzte als Bundeskanz­lerin der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Bei der Bundestags­wahl 2021 werde ich nicht wieder als Kanzlerkan­didatin der Union antreten und auch nicht mehr für den Deutschen Bundestag kandidiere­n. Und, das will ich nur zu Protokoll geben, auch keine weiteren politische­n Ämter anstreben. Drittens: Für den Rest der Legislatur­periode bin ich bereit, weiter als Bundeskanz­lerin zu arbeiten. Und viertens, ja, damit weiche ich in einem ganz erhebliche­n Maße von meiner tiefen Überzeugun­g ab, dass Parteivors­itz und Kanzleramt in einer Hand sein sollten. Das ist ein Wagnis, keine Frage. Aber unter Abwägung aller Vor- und Nachteile bin ich dennoch zu dem Ergebnis gekommen, dass es vertretbar ist, dieses Wagnis einzugehen. (dpa)

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