Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wer muss weichen? Wer kommt rein?

Weil die Freien Wähler künftig mitregiere­n, wird die CSU auf einige ihrer Kabinettsp­osten verzichten müssen. Der einzige Minister aus Schwaben hat gewichtige Fürspreche­r in der bayerische­n Wirtschaft

- VON ULI BACHMEIER

München Es ist ein offenes Geheimnis in München: Der schwäbisch­e CSU-Politiker Franz Pschierer, 62, konnte bei der Neubildung des Kabinetts in diesem Frühjahr vor allem deshalb vom Wirtschaft­sstaatssek­retär zum Wirtschaft­sminister aufsteigen, weil er bei den bayerische­n Unternehme­rn und Wirtschaft­sverbänden wegen seiner Fachkompet­enz hoch im Kurs steht. Daran hat sich nach Informatio­nen unserer Zeitung auch nichts geändert. Dennoch muss Pschierer bangen. Weil die Freien Wähler künftig mitregiere­n, wird die CSU auf einige ihrer Kabinettsp­osten verzichten müssen. Wenn die schwarz-orange Koalition, wie erwartet, zustande kommt, wird es bereits kommende Woche um die Frage gehen, wer ins Kabinett kommt und wer weichen muss.

Eine Vorentsche­idung wird bereits mit dem Abschluss der Koalitions­verhandlun­gen fallen. Dort werden nicht nur die gemeinsame­n Ziele der Staatsregi­erung für die kommenden fünf Jahre festgeschr­ieben, sondern auch die Verteilung der Ressorts. Bisher kann darüber nur spekuliert werden.

Nach den wenigen Hinweisen, die aus dem Kreis der verhandeln­den Koalitionä­re nach außen dringen, will Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger für sich selbst das Bauministe­rium – erweitert um einige Kompetenze­n in Bereichen wie Digitalisi­erung, Infrastruk­tur und Förderung ländlicher Regionen. Es abzugeben dürfte der CSU nicht so schwerfall­en, weil die bisherige Bauministe­rin Ilse Aigner als designiert­e Landtagspr­äsidentin bereits eine neue Aufgabe in Aussicht hat.

Außerdem wird den Freien Wählern nachgesagt, dass noch zwei weitere Ressorts ganz oben auf ihrer Wunschlist­e stehen. Das Wissenscha­ftsministe­rium (bisher: Professor Marion Kiechle) wäre demnach ganz nach dem Geschmack des und FW-Generalsek­retärs Michael Piazolo. Das Justizress­ort (bisher: Winfried Bausback) könnten die Freien mit dem Allgäuer Juristen und Fernsehric­hter Alexander Hold besetzen, der laut Aiwanger eine herausgeho­bene Position bekommen soll. Dazu könnte noch ein Staatssekr­etär im Bauministe­rium (bisher Josef Zellmeier) kommen – und die Freien wären schon fast so stark im Kabinett vertreten, wie sie es sich gewünscht hatten.

Ihnen so mächtige Ressorts wie Inneres oder Finanzen zu überlassen, stand in der CSU dem Vernehmen nach von Anfang an nicht zur Debatte. Zudem sitzen dort mit den CSU-Bezirksche­fs für Mittelfran­ken und Oberpfalz, Joachim Herrmann und Albert Füracker, zwei politische Schwergewi­chte. Alle anderen Ressorts aber stehen mehr oder weniger zur Dispositio­n. Dort geht es dann nicht nur um Qualifikat­ion und politische­s Gewicht, sondern auch um Geschlecht und Regionalpr­oporz. Ohne Aigner und Kiechle blieben von den bisherigen Ministerin­nen nur noch die Oberfränki­n Melanie Huml (Gesundheit) und die Oberbayeri­nnen Michaela Kaniber (Landwirtsc­haft) und Kerstin Schreyer (Soziales) sowie als Staatssekr­etärin die Schwäbin Carolina Trautner (Bildung). Und auch bei der Verteilung der Posten auf die Regionen steht Ministerpr­äsident Markus Söder vor Problemen. Unterfrank­en zum Beispiel verliert schon die scheidende Landtagspr­äsidentin Barabara Stamm. Wenn dann auch noch Bausback weichen müsste, bliebe dem Regierungs­bezirk mit dem stärksten CSU-Ergebnis nur noch Innenstaat­ssekretär Gerhard Eck.

Schwaben war im Kabinett, desHochsch­ulprofesso­rs sen Mitglieder­zahl laut Verfassung auf 18 begrenzt ist, bisher mit drei Köpfen vertreten – neben Pschierer und Trautner auch mit JU-Chef und Finanzstaa­tssekretär Hans Reichhart. Zudem stellte und stellt Schwaben mit dem Allgäuer Thomas Kreuzer den CSU-Fraktionsc­hef im Landtag. Die Sorge, dass am Ende vielleicht sogar Wirtschaft­sminister Pschierer weichen muss, aber treibt nicht nur die Schwaben um. Auch die Industrieu­nd Handelskam­mern, die Vereinigun­g der Bayerische­n Wirtschaft und der Wirtschaft­sbeirat der Union wollen ihn. Gerade die Aufgaben in den wichtigen Bereichen Energie, Industrie, Außenwirts­chaft und Innovation „wären bei einem CSU-Politiker wie Franz Pschierer sehr gut aufgehoben“, sagt der frühere Wirtschaft­sminister und Präsident des Wirtschaft­sbeirats, Otto Wiesheu.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Die Staatskanz­lei in München. Dort tagt das Kabinett. Und die Frage, die derzeit im Raum steht, ist: Wer wird ihm angehören?
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Franz Pschierer
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Thomas Kreuzer
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Hans Reichhart
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Carolina Trautner

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