Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hochschule hat einen neuen Notruf
Nach mehreren Vorfällen in Augsburger Behörden wird auch am Campus die Sicherheitstechnik nachgerüstet. Warum Studenten manchmal aggressiv reagieren
Im September hat ein Besucher des Jobcenters Ausburg-Land einen Mitarbeiter der Behörde krankenhausreif geschlagen. Ein paar Monate vorher war ein nigerianisches Paar mit Baby im Augsburger Sozialamt ausgerastet und hatte Polizisten verletzt. Diese und ähnliche Fälle in der Region und in ganz Deutschland haben die Hochschule Augsburg veranlasst, ihre Sicherheitsvorkehrungen am Campus weiter zu verstärken. Für einige Mitarbeiter gibt es jetzt Notrufknöpfe. Auch sonst will die Hochschule ihre Sicherheitsvorkehrungen ausweiten.
Zuständiger Notfallmanager im Präsidium ist Thomas Mitchell. Er sagt, auch an der Hochschule habe es schon kritische Situationen für Mitarbeiter in Bereichen mit Publikumsverkehr gegeben. Etwa, wenn Studierende bei der Noteneinsicht feststellen, dass ihr Abschluss gefährdet ist, oder bei Exmatrikulationen gebe es Fälle, in denen sie aggressiv reagieren und in einer psychologischen Ausnahmesituation sein können. Zwar sei noch kein Mitarbeiter zu Schaden gekommen, so Mitchell. Vorsorglich sind nun aber an bestimmten Schreibtischen Notrufknöpfe installiert worden.
Die neuen Notrufknöpfe sind Teil eines umfassenden Sicherheitskonzepts an der Hochschule, das seit immer weiterentwickelt wird. Auslöser für erste umfassendere Vorkehrungen seien zunächst Schulmassaker von Amokschützen in den USA gewesen, so Mitchell, etwa an der Columbine High School 1999. „Aber auch in Deutschland sind Amokläufe in Schulen inzwischen ein Problem geworden“, sagt Mitchell. Als Beispiele nennt er die zahlreichen Opfer am GutenbergGymnasium in Erfurt und an der Albertville-Realschule in Winnenden. Deshalb habe man sich an der Hochschule Augsburg mit der Polizei zusammengesetzt, um über Vorsorgemaßnahmen zu beraten.
Der Notfallmanager sieht an der Hochschule einige Herausforderungen. „Anders als in Schulen haben wir keine festen Klassen, wo man sich kennt“, sagt er. Auf dem öffentlich zugänglichen Campus seien viele fremde Gesichter unterwegs. Selbst die vielen Dozenten kennen sich nicht alle untereinander. Dennoch soll der Campus offen bleiben, auch für Besucher.
Deshalb wurde in Sachen Sicherheit einiges getan: Für den Ernstfall ist die Hochschule nicht nur mit den üblichen Alarmknöpfen für die Feuerwehr ausgestattet. Der Campus an der Friedberger Straße wurde technisch so aufgerüstet, dass auf dem gesamten Gelände Durchsagen möglich sind, falls es Feueralarm oder Evakuierungsalarm gibt. Weil auf dem Gelände Studenten aus 62 Nationen unterwegs sind, erfolgen die Durchsagen mit Handlungsanweisungen in deutscher und englischer Sprache. Seit 2017 gibt es außerdem eine eigene Durchsage für Amokalarm mit dem entsprechenden Warnton. Hintergrund war ein Vorfall im April vergangenen Jahres, als ein Fehlalarm an der Hochschule einen Großeinsatz der Polizei auslöste.
Das sprichwörtliche „rote Telefon“gibt es nicht nur beim amerikanischen und russischen Präsidenten, sondern auch an der Hochschule Augsburg. Mitchell erklärt, dass diese interne Notrufnummer rund um die Uhr für Fälle aller Art erreichbar ist. Die zuständigen Mitarbeiter sorgen etwa dafür, dass der Rettungsdienst informiert wird und die richtige Zufahrt zu den CampusArealen an der Friedberger Straße und am Brunnenlech findet. Auch Ablaufpläne sind am Notruf-Telefon hinterlegt. Seit diesem Jahr ist die Nummer sogar nachts erreichbar. Dann ist sie beim Sicherheitsdienst aufgeschaltet, der ab den Abendstunden auf dem Campus unterwegs ist.
Normalweise passiert an der Hochschule zwar nicht sehr viel. Etwa dreimal bis viermal im Jahr wird Feueralarm ausgelöst. Mitchell zufolge sind es in der Regel Fehlalarme, weil die technischen Systeme sehr sensibel reagieren. Nur einmal habe es in den vergangenen JahJahren ren wegen eines Lecks in der Heizung einen Schwelbrand gegeben. Das betroffene Gebäude musste während der Vorlesungszeit evakuiert werden.
Einige Vorfälle, bei denen in den vergangenen Jahren die Sirenen ansprangen, sorgten im Nachhinein für Schmunzeln: Einmal hantierte ein Lehrbeauftragter beim Unterricht derart intensiv mit Kreide an einer Tafel, dass der aufgewirbelte Staub beim Abwischen den Rauchmelder auslöste. Ein anderes Mal duschte sich ein Koch in den Sanitärräumen unter der Mensa so ausgiebig, dass der heiße Wasserdampf einen Alarm auslöste. „Der Koch unter der Dusche war dann von Feuerwehrleuten umringt“, erzählt Mitchell schmunzelnd.
Er betont aber auch, wie ernst das Thema Sicherheit an der Hochschule genommen wird. „Unser Notfallmanagement wird ständig fortentwickelt.“Regelmäßig gebe es Schulungen und Unterweisungen für Mitarbeiter. In den kommenden Jahren werde man in Sachen Sicherheit auch noch einmal kräftig nachgerüstet. Mitchell zufolge ist eine sechsstellige Investition geplant. Die Hochschule will zusammen mit dem staatlichen Bauamt nun auch auf dem älteren Campus am Brunnenlech die Technik für Durchsagen und ähnliche Sicherheitsvorkehrungen auf den neuesten Stand bringen.