Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was ein Rettungspilot alles leisten muss
Wo ein Rettungshubschrauber am besten aufsetzt und welche Schwierigkeiten im Herbst in den Westlichen Wäldern drohen können, verrät Pilot Florian Müller
Piloten von Rettungshubschraubern müssen ihre Maschinen zentimetergenau landen – sei es nun auf einem freien Feld oder, wie jüngst nach dem schweren Verkehrsunfall, auf der Autobahn bei Zusmarshausen. Worauf es ankommt, weiß Pilot Florian Müller.
Zusmarshausen/Landkreis Augsburg Was für Laien aussieht wie Nervenkitzel in luftiger Höhe, ist für Piloten von Rettungshubschraubern tägliche Arbeit: Sie müssen ihre Maschinen zentimetergenau landen – sei es nun auf einem freien Feld oder wie jüngst nach dem schweren Verkehrsunfall auf der Autobahn bei Zusmarshausen. Worauf es ankommt, weiß Pilot Florian Müller, 39. Er ist der Regionalleiter Flugbetrieb bei der ADAC-Luftrettung, deren Rettungshubschrauber Christoph 40 auf dem Dach des Klinikums in Neusäß stationiert ist.
Wer entscheidet eigentlich, wo der Hubschrauber aufsetzen darf? Florian Müller: Allein der Pilot. Er fliegt zunächst über die Einsatzstelle und entscheidet dann, wo er landet. Natürlich gibt es eine Reihe von Gesichtspunkten. Zum Beispiel darf es zu keiner Gefährdung für Leib oder Leben kommen. Außerdem sollte die Gefahr der Sachbeschädigung so gering wie möglich sein. Im Sommer ist das allerdings schwierig, weil es immer wieder einen Sonnenschirm oder einen Blumenkübel umweht. Aber gegen Schäden ist die ADAC-Luftrettung versichert.
Was für eine Fläche braucht der Pilot für eine sichere Landung?
Müller: Die Fläche muss so groß sein, dass der Hubschrauber gefahrlos landen kann, ohne Gegenstände zu berühren. Die Fläche lässt sich von oben manchmal schwer abschätzen und eingrenzen. Erfahrung spielt da eine große Rolle. Sieht man aus der Luft die Stromkabel, die für eine Landung gefährlich werden könnten?
Müller: Große Hochspannungsleitungen erkennt man recht gut, kleinere Leitungen sieht man allerdings erst relativ spät. Dafür lassen sich die Masten gut erkennen. Sie sind ein Indiz, dass auch Kabel gespannt sind. Bei schlechten Wetterlagen ist es natürlich schwieriger. Zum Glück sitzen wir zu zweit im Cockpit – der Pilot und der Notfallsanitäter – vier Augen sehen mehr als zwei. Was es uns manchmal zu schaffen macht: Antennen von Hobbyfunkern. Die sieht man nämlich kaum.
Ist die Landung auf dem Klinikum schwierig? Mit 58 Metern Höhe ist die Luftrettungsplattform die höchste in ganz Deutschland.
Müller: Der Wind kann dort relativ schnell stärker werden als am Boden. Deshalb gibt es auch ein Limit: Wenn der Wind zu stark ist, dann sind weder Starts noch Landungen möglich. In diesen Fällen ist es dann gut, wenn es noch eine Ausweichfläche am Boden gibt.
Macht Ihnen auch das Wetter Schwierigkeiten? Im Herbst nimmt ja der Nebel zu.
Florian Müller: Wenn das Klinikum im Nebel steht, dann wird definitiv nicht gestartet. Wenn er in Tälern hängt, dann kann der Hubschrauber zwar starten. Aber nicht vor Ort landen. Im Zweifel muss man sich über die Rettungsleitstelle verständigen, um gemeinsam eine schnelle Lösung zu finden.
In welchem Bereich des Kreises ist es für Sie besonders reizvoll zu fliegen? Was macht landschaftlich am meisten her? Müller: Eigentlich alles rund um Augsburg. Und: Die Fliegerei allgemein hat ihre Reize. Das Wetter ist ja jeden Tag anders und entsprechend abwechslungsreich ist der Beruf. Was für uns besonders in den Herbstmonaten schwierig ist: Über den Westlichen Wäldern staut sich gerne die Nässe. Sie dunstet aus, und dann bildet sich Nebel. Der hält sich oft auch etwas zäher. Für Piloten bedeutet das dann schlechtere Bedingungen. Nach Süden am Lech entlang lässt sich dagegen oft gut fliegen.
Gibt es auch kritische Wettersituationen?
Müller: Als kritisch würde ich sie nicht bezeichnen. Eher als schwierig. Bei einer guten Flugplanung können schwierige Bedingungen besser eingeschätzt werden. Ein Beispiel sind Patiententransporte. Bei ihnen muss immer sichergestellt sein, dass die Patienten auch dort hingebracht werden können, wo sie die bestmögliche medizinische Versorgung erfahren.