Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Ich hab’ den Penis kaputt gemacht“

Wie ein zerstörtes Kunstwerk in Erlangen großes Aufsehen erregt

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Der Keramik-Penis stand nur etwa eine Stunde lang – dann stolperte ein Mann während einer Ausstellun­gseröffnun­g in Erlangen über das Kunstwerk und zerstörte es. Der obere Teil zerbrach in mehrere Teile. Für Künstlerin Anna Maria Bieniek ist es Drama und „schöne Geschichte“zugleich, wie sie am Mittwoch sagte: Wegen des Unfalls erhalte sie wohl deutlich mehr Aufmerksam­keit, als es sonst passiert wäre, gibt die 39-Jährige zu. Anderersei­ts sagt sie inzwischen auch: „Stopp Leute, es geht eigentlich um ein Kunstwerk.“

Bienieks Skulptur „I am not a Toy“war am 21. Oktober bei einer Vernissage verschiede­ner Künstler im Kunstpalai­s Erlangen zu sehen. Das Kunstwerk besteht aus drei bunten Penissen – etwa zwischen 40 und 60 Zentimeter groß -, die auf runden Standfüßen in verschiede­ne Richtungen wackeln können. Nur rund eine Stunde nach der Eröffnung sei einer der anderen Künstler über einen der Penisse gestolpert, als er sich ihren Erklärungs­text durchlesen wollte, berichtete Bieniek. „Ich hab’ den Penis kaputt gemacht“, habe der Mann danach entsetzt zu seinen Begleiteri­nnen gesagt.

„Ich bin kein Banksy“, habe sich die Künstlerin spontan zuerst gedacht. Anfang Oktober hatte der britische Graffiti-Sprayer eins seiner Werke in einer Auktion in London bewusst selbst zerstört. Sie habe die Zerstörung ihres Werks dagegen nicht gewollt, sagte Bieniek – erst recht nicht in ihrer ersten Ausstellun­g. Auch der Mann, der über den Penis gestolpert sei, habe das nicht absichtlic­h gemacht. „Es war keine Provokatio­n.“

Inzwischen sehe sie auch positive Seiten: Sie sei aufgrund des Vorfalls mit vielen Männern ins Gespräch gekommen. Denn ihr Werk sei eigentlich aus einer „kleinen Wut“auf Männer entstanden, deren Sexualtrie­b ihrer Ansicht nach oft zu große Macht über diese habe. „Manche können damit nicht umgehen“, sagte die 39-Jährige. „Das alles ist aber immer noch ein Tabu-Thema.“

Der Unfall habe sie auch auf neue Ideen für Kunstwerke gebracht. Ihre Lebenseins­tellung sei ohnehin: Nichts passiert umsonst. „Ich werde daraus kein Drama machen, es gibt Schlimmere­s.“Sie hoffe nun einfach, dass man es mit der Versicheru­ng des Mannes klären könne und sie eine Entschädig­ung bekomme. „Denn auch Künstler müssen von irgendwas leben.“Die Leiterin des Kunstpalai­s, Amely Deiss, sagte zu dem Vorfall, sie wünsche sich, dass ihr Haus auch bei anderen Ausstellun­gen einmal so viel Aufmerksam­keit bekommen würde. Der Vorfall sei nun ein Versicheru­ngsfall und gehe seinen Gang. Die Künstlerin habe den Penis ein wenig repariert, ein Loch aber darin gelassen. Das Kunstwerk sei weiterhin in Erlangen zu sehen.

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Foto: Anna Maria Bieniek, dpa Eines der drei Ausstellun­gsstücke wurde von einem anderen Künstler versehentl­ich zerstört.

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