Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie zwei Piloten einer Münchnerin das Leben retteten
Katharina Gröne wanderte monatelang durch die USA. Dann kam der Winter, eine tödliche Gefahr
Plötzlich sind da Fußspuren im Schnee. Fußspuren, wo eigentlich nur Wildnis sein sollte. Die beiden Hubschrauberpiloten erkennen die Abdrücke kaum, der Schneesturm um sie herum ist stark. Trotzdem entscheiden sie sich für eine Landung. Sie brauchen mehrere Versuche, um ihren Hubschrauber am Fuß des Vulkans Glacier Peak (US-Bundesstaat Washington) aufzusetzen. Dann schaffen sie es, folgen den Spuren – und retten einer Münchnerin das Leben.
Fünf Monate lang war die 34-jährige Katharina Gröne allein auf dem Fernwanderweg Pacific Crest Trail im Westen der USA unterwegs, bevor sie am Montag von den Rettungspiloten im Bezirk Snohomish County im Kaskadengebirge geborgen wurde. „Ich glaube, dass sie eine weitere Nacht in der Kälte vermutlich nicht überlebt hätte“, sagt der Rettungsflieger Bill Quistorf. Sie sei durchnässt gewesen, habe Anzeichen von Unterkühlung gezeigt. Sie habe aber auch einen starken Überlebenswillen. Gröne hatte sich am Mittwoch in einer Pressekonferenz bei ihren Rettern bedankt.
Die in München lebende Frau sprach über ihr Überlebensdrama in den Bergen. Ihr Schlafsack sei feucht geworden, sie habe kaum noch trockene Sachen und Proviant gehabt. Noch zwei Tage nach ihrer Rettung fühlten sich ihre Finger taub an. Gröne war auf ihrer Tour am Wochenende von einem frühen Wintereinbruch überrascht worden. An den letzten beiden Tagen sei sie im tiefen Schnee auf dem Weg nur noch wenige Kilometer vorangekommen. Per Handy konnte sie in der Wildnis niemanden um Hilfe rufen. Sie habe ihren Eltern und ihrem Bruder Textnachrichten geschickt und sich entschuldigt, „zu viel riskiert“zu haben. Sie habe gedacht, dass sie sterben würde.
Eine Woche zuvor war die Deutsche auf dem Wanderweg einer Amerikanerin begegnet, zusammen waren sie mehrere Stunden unterwegs. Nancy Abell, eine erfahrene Wanderin, hatte Gröne vor dem drohenden Wetterumschwung gewarnt. „Ich wollte sie davon abhalten, weiterzulaufen“, sagte die im US-Staat Washington lebende Frau. Doch Gröne setzte ihren Weg alleine fort. Nach dem Wintereinbruch alarmierte Abell am Montag die Behörden, dass die deutsche Wanderin möglicherweise in Gefahr sei. Damit setzte sie die Suchaktion in Gang. „Du hast mein Leben gerettet“, bedankte sich Gröne. Kommende Woche will sie nach München zurück.
Jedes Jahr machen sich etwa 3500 Menschen auf, um den Pacific Crest Trail an der US-Westküste zu wandern. Die Münchnerin war im Mai an der mexikanischen Grenze gestartet, nach mehr als 4000 Kilometern fehlten ihr noch gut 200 bis zum nördlichen Ende in Kanada.