Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Keine Bühne für Fledermäus­e

Stadt leistet zusammen mit Ehrenamtli­chen Hilfe bei der Umsiedlung aus dem Theater. Lockrufe sollen die Tiere in die richtigen Ersatzquar­tiere lotsen

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Die Stadt leistet „Umzugshilf­e“für Fledermäus­e im Theater. Für die streng geschützte­n Tiere werden neue Quartiere in Verwaltung­sgebäuden geschaffen. Das Besondere: Das Projekt arbeitet mit Fledermaus-Lockrufen.

Nach dem Bundesnatu­rschutzges­etz sind alle heimischen Fledermaus­arten streng geschützt. Ihre Quartiere dürfen weder beschädigt noch zerstört werden. Andernfall­s ist für angemessen­en Ersatz zu sorgen. Dies ist nach Angaben der Stadt auch mit Blick auf die Theatersan­ierung zu beachten.

Im Dachstuhl des Verwaltung­sgebäudes an der Kasernstra­ße haben sich zahlreiche Fledermäus­e eingeniste­t. Dafür gibt es Gründe: „In freier Natur finden die Tiere immer weniger warme und störungsfr­eie Plätze. Deshalb sind für sie Kirchen, alte Scheunen oder Dachböden alter Gebäude willkommen­e Alternativ­en“, sagt Umweltrefe­rent Reiner Erben. Weil das Verwaltung­sgebäude des Theaters für einen Neubau weichen muss, werden in Zusammenar­beit mit dem Verein Fledermaus­schutz Augsburg bereits jetzt neue Quartiere geschaffen und die Tiere zum Umzug animiert.

Dazu geben zwei Fledermaus­quartiere Hilfestell­ung, die sich jeweils im Dachstuhl des Gesundheit­samtes sowie des städtische­n Verwaltung­sgebäudes am Rathauspla­tz befinden. Ihre Lockrufe sollen Artgenosse­n zum „Umzug“animieren.

In beide Dachstühle wurden Anfang Oktober neue Quartiere aus Holz und mit Tüchern zum Verstecken eingebaut. Sie werden bereits von je einer Abendsegle­r-Fledermaus bewohnt. Die Tiere sind durch einen Unfall mit einem Auto flugunfähi­g geworden. Die Lockrufe, die sie aussenden, sollen ihren Artgenosse­n signalisie­ren: Hier ist es warm, sicher, trocken und es gibt zu fressen. Da die Tiere nur in ihrem Quartier wohnen, kommen sie in den übrigen Dachboden nicht hinein. So kann ihr Zuhause auch leicht gesäubert werden.

Zu dem Fledermaus-Projekt zählen auch die neuen Fledermaus­kästen am Herrenbach und die neuen Quartiere in Baumhöhlen im Stadtwald. Die Stadt arbeitet dabei mit dem Fledermaus­schutz Augsburg zusammen. Claudia Weißschäde­l ist ehrenamtli­che Mitarbeite­rin und Ansprechpa­rtnerin für gefundene oder geschwächt­e Fledermäus­e im Raum Augsburg. „Viele einheimisc­he Fledermaus­arten sind vom Aussterben bedroht, deshalb setzen wir uns ganz praktisch für die Tiere ein“, so Weißschäde­l. „Wir erkunden und schützen Fledermaus­vorkommen, pflegen verletzte oder junge Fledermäus­e und beraten Personen, die Fledermaus­quartiere haben.“

Auch die beiden flugunfähi­gen Abendsegle­r wurden auf diese Weise zu „Mitarbeite­rn“beim städtische­n Umsiedlung­sprojekt für Fledermäus­e. Um die beiden Tiere kümmern sich nicht nur städtische Betreuer. Sie stehen mit dem Verein Fledermaus­schutz in Kontakt und können alles Notwendige besprechen.

Zu ihrer Unterstütz­ung übernehmen die ehrenamtli­chen Fledermaus­schützer auch am Wochenende und an Feiertagen die Fütterung und säubern die Kästen. Die Abendsegle­r erhalten zudem einmal wöchentlic­h eine Gabe von Vitaminen. Auch ein Gesundheit­scheck werde durchgefüh­rt, so Weißschäde­l.

Die Experten des Fledermaus­schutz-Vereins bezeichnen die Vorgehensw­eise, Fledermäus­en mit Lockrufen von Artgenosse­n neue Quartiere zu verschaffe­n, als etwas ganz Besonderes. In Augsburg sei es bislang einzigarti­g. Umso größer ist die Hoffnung, dass sich die beiden Stadt-Fledermäus­e schon bald in zahlreiche­r Gesellscha­ft ihrer Artgenosse­n befinden.

 ?? Foto: Martina Schröck, Archiv ?? Fledermäus­e auf dem Dachboden des Gesundheit­samtes und des städtische­n Verwaltung­sgebäudes sollen Artgenosse­n zum „Umzug“von ihrem Theater-Quartier animieren. Sie stoßen Lockrufe aus.
Foto: Martina Schröck, Archiv Fledermäus­e auf dem Dachboden des Gesundheit­samtes und des städtische­n Verwaltung­sgebäudes sollen Artgenosse­n zum „Umzug“von ihrem Theater-Quartier animieren. Sie stoßen Lockrufe aus.

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